Path:
Volume No. 26, 2. Dezember 1915

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue42.1915 (Public Domain)

218 
StabtO.=Berf. Sitßmg am 2. Degembec 1915. 
aud) unferer Stabt unb tmfereiß Baterlanbc fidjerfidj gttm 
Heile gcreidjcn. 
(Hebßafter luieberljolter Beifall.) 
StnMbevoi'bnetet Seil): Meine getreu, bie Dnrdß 
füljnnia bes lfciterftü|iungSWefen§ ßat ofjno Qiueifcl in bcr 
BragiS nußerorbcntltdj große Sdjwicrigfeitcn gehabt, ge 
länger unb je inclji: bie ftricgöfürjorgc für bie §intcrblic* 
betten auSgcübt Werben mußte, befto meßr ftellte fiel) Don 
Sag gn Jag ßcrauS, wie lücfeitßaft baS gaitäe Elefcji. iß. 
Söit ßaben im Saufe ber Beit gefeiert, lote biefeS Ekfeji 
immer loieber burd) neue Berorbnnugeu ergänzt loerbeu 
mußte, unb beute und) naßegn lü monatlicher MriegSbauer 
tonnen wir and) uod) jagen, baß uod) mnnd)e Süden Bor« 
Ijanbcn finb. • Söetm id) redß unterrichtet bin, fall in für 
geßet Beit and) nodj eine neue Verfügung ßccäliStömmen, 
weld)c bie Mütter berüdfidßigt. ES wäre baS ja and) fel;t 
erfrenlid); beim bisher finb bie Mütter nur in gang befolg 
bcrS gelagerten gölten unterftflßt worben. 
gd) jagte fdjon: bie Jatfadjcn geigen, baß in ber ^rayiS 
große Sd)luierigfcitcn Borßanbcn finb. ES iß oud) gong 
Derßänblid), wenn bie eingelueit Organe, bie mit ' bcr 
Durchführung biefer Beßimmungeu betraut finb, infolge 
bet außerordentlich galßrcidjett Attwcifiingen famn in ber 
Sage finb, alte bie Anordnungen im einzelnen ju behalten, 
unb fidj bann in ben etngelnen Mommiffionen gewiffc s Bmt- 
tifen f)erauSftellen, bie bann als Ekimbfätic in biefen Moire 
miffionen EWtung finben. 
(Unrul)e.) 
— gd) weiß nicht, mir fdjeint, als ob baS gntereffe au 
biefer Angelegenheit ncrljältniSmiäßig gering in biefer 
Bcrjammlnng iß. Die Anfmerffaiufeit iß bod) etwas feßr 
gering, wenn id) mir Dergegeuwärtige, baß wir hier über 
eine grage fßreeßen, bie naßegn eine fjalbe Million Menfdjai 
Don Berlin angelß. 
Meine Herren, wir Wollen alfo heute nur einiges 
jagen über bie Durchführung biefer Beftimmungen. Die 
Durchführung biefer Beßimmmtgen bcr Eiefclic folootß wie 
ber ©emeinbebefdßüffc wirb, wie mein Herr Borrcbttcr fefjon 
gefügt hat, Berfdßebeu gct)aubl)abt. SBir werben ja feine 
üollßänbige Einhcitlid)feit befonnnen; bagu liegen ja auch 
bie gälte gn oerfd)icben. Aber id) glaube, burd) eine öffent 
lidjc AnSfßrad)e wirb bod) erreicht werben tonnen, baß bie 
Ehmnbfäße, bie fiel) ba unb dort herauSgebilbet haben, unb 
bie mit ben gcfeßlid)en Beßimmmtgen nidß in Sintlang gn 
bringen finb, Dcrfcßwinbett. 
(Sehr wahr!). 
Da möchte id) bod) nnterßreiißcn, Was Herr .College (Staffel 
gefagt hat, baß eS .Weber mit beiß Efefeß nod); mit ben 
©emciubebefdjlüffen oereinbar iß, baß bie Unterftnlrnngen 
luat)lw.eife geteilt werben. 
(Sel)t wahr!) 
Herr Mollege Eaffel hat ginn Beweife für feine Anffaffung 
auf bnS Ekfcli ßingetuiefen, auf ben Minißerialertaß, welcher 
auSbriicllid) erflärt, baß bie llutctflnßnngeu nidß gn teilen 
finb. 38enn baS bcr gall iß unb mir unS weiter darauf 
berufen, baß nufer Eleineinbebefdjlnß gang ohne AnSfd)(uß 
lautet, baß wir ben und) bem ßteidjlgefeß imterßüßungsbe« 
bürftigen Berfßnm bie gleiche Summe ans (Memeinbemitteln 
gngaßlcit wollen, bann fonu fein Streit darüber fein, baß bie 
Uutcrßütvuugeu nicht teilbar finb, unb wir muffen nach Wie 
Bor mit aller Eutfd)iebenl)eit baranf hatten, baß biefe 
Beftitmmmgen beachtet werben. 
Meine Herren, einzelne Borfißenbc ber Mommiffionen 
haben gefagt, baß bie Jcilung bcr Untetßüjjiingen ihren 
®runb in einem beßimmten SBoßtwotlen habe, baS man 
erweifen wolle, gd) will nidß beßreiteu, baß baS bie 
Abfidß fein mag; bie SBirfnng aber iß umgefel)rt. gn 
SSiruicßfeit werben bie Unterßiijmngctt nur ba geteilt, wo 
anbece Einfünfte oorhanben finb, fei eS burd) Kuweit 
bungeu Bon Arbeitgebern, fei eS burd) einen befonberen 
ArbcitSOcrbienß; wenn bann geteilt wirb, bann ift baS 
fein SBoßltoolIen mehr, fonbern bann macht fiel) bie Stadl 
baS SSoßlwoüen oon Arbeitgebern gunuße für ihren Bedarf, 
(lebhafte Ifußimmung) 
unb baS halte id) gcrabegu für einen Mißbrand) beS SBoßl» 
wollend ber Arbeitgeber. DaS iß nidß ber 3wccf im ß 
nidß bie Abfidß ber einzelnen ßuwenbnngcn. 
Süchte Herren, bei Begittß beS MriegeS haben und 
große ArbcitgebcTOereiiiiguugen, g. B. ber Berbnnb ber 
Metaltinbußriellen Erflärnngcn gugeßen taffen: wir geben 
nuferen Arbeitern freiwillige gawenbnngen, aber nur nutet 
bet Bedingung, baß Staat unb EScineinbe ihren Betßßidj, 
tungen nadjfommen, 
(l)ört, hört!) 
wir wollen biefe ^uwenbnngen ben einzelnen Familien 
als etwas befonbereS geben, ober nidß etwa, damit bie 
Cßemeinbe fid) Oon ihren Bcrpflicßtungen befreit. Dicfc 
Abfid)t iß and) üon goßtreirijen anberen Arbeitgebern wicbeß 
holt auSgefprocßen lloorben, unb feljr Biele Arbeitgeber machen 
Oon Dorn herein gut SBebittgung, baß bie Quwenbungeit um 
gegeben werben, wenn Staat unb Eiemeinbe ihre gefejj. 
ließen ®erßfticlßnngen erfüllen. 
Meine Igcrren, bie Sache liegt bod) fo. Die einzelnen 
Mömmiffionen {ollen ßrüfen, ob bie Unterßülmngsbebiirß 
tigfeit oorhanben iß. Sinn iß gweifellos, baß bcr 'Begriff bet 
UnterßüßungSbcbürftigfeit nidß feß nmgrengt iß, unb baß 
man mit biefein Begriffe feljr Diel anfangen fgun; aber fo 
Weit eS fiel) um bie Unterßü|ung Don M’riegetfämilieii 
[janbelt, füllte oon oornherein flat fein, baß bie Unter 
ßühnngSbebürftigleit borliegt, wenn bas Einfommcn bcr 
3'omilie bisher burd) ben Arbeiteoerbienß beS Einge 
zogenen beßritten worben iß. SBenn bann uod) oon irgeub 
einer Seite ßuloenbungen gegeben werben, fo iß baS eine 
freiwillige Sadje, bie bei bem Begriff ber Bebürftigfeit 
meines ErndßenS feine Bolle fpiclcn fann. 
3m EJefeß felbet iß baS and) auSbrüdlid) anSgefßeocheu; 
in § 5 ftclß: 
llntcrßülmngen oon BriuatOcreinen nnb Bmbatßerfoneii 
bürten auf bie oorbegcidjucten Minbeftfäße nidß ange» 
red)net werben. 
Meine Sperren, bas iß Eiefeß, nnb an biefem Ejefeße biirfen 
and) einzelne Mommiffionen nidßS änbetn. 
Meine Sperren, iß alfo bie Dctlung ber Unterßüßmtg 
gar nidß etwa ein befonbereS SBolßiuoIlen, fonbern !gc-- 
fd)iel)t fie meiner Meimtnp nad) mcl)r, um bie Eenteinbe 
in einzelnen ßfällcn Oon ihrer Bcrßflidßung gn befreie«, 
fo muß and) betont werben, baß and) baS Einfommcn aitS 
ArbeitSOerbienß in gleichem Sinne bewertet werben muß, 
wie eS §err Motlege Eaffel getan hat. Der Arbeitsocrbienft 
einer 3-rau iß ja nidßS 0dfl[|ehertbeS. Er ergibt fiel) atß 
Heimarbeit, anS ^obritärbeit ober ans nnberer Befdßißb 
glötg. Soweit eS fiel; um Heimarbeit ßonbeft, bürfte 
befannt fein, baß ber Bcrbicnß nicht, allju hoef) fein tarnt 
3« ben letzten Monaten finb g. B. feljr Diele grauen in bcr 
Sonbfacfnäh'crci befri)äftigt gewefen; id) habe Diele Solp 
büdjer Don fofrfßhi grauen gefehen nnb gefnnben, baß ißt 
ArbeitSOerbienß ßnr! Wecßfette, baß er geitloeife eine tgößf 
üon 7, 8 bis 10, 12 M crrcidße, baß er bann loieber niij 
3 bis 4 M fünf, baß bann ßalbe SBocßen gar nichts oerbient 
würbe, weif geitloeife feine Arbeit oitSgegeben wirb. Die 
grauen ntüffen bann ßnnbeiilang unterwegs fein, ßnnbeii» 
taug warten; furg unb gut, biefes Einfommen auS bcr 
Heimarbeit iß nidß alfgn erljcbtid). 
Mit bem Einfommeit auS gabrifarbeit iß eS äf)itUd) 
mich baS wcdjfeft feßr ßnrf. Beßimmte Betriebe finb 
geitloeife feljr gut befdjäfligt, inßffen bann aber in fnrgcr 
Beit gn großen Entfnffimgen greifen unb foininen in einiget 
Beit loieber gn Aencinftellungen. Die eingelnen Mommiffi 
onen tnüffen ihre Unterftüßnngen monatlich befeßfießen, nnb 
eine fo unfichere Unterlage fann boefj für bie Bewilligung 
einer Unterßiilnntg nid)t maßgebenb fein. ES fonit fein 
baß eine grau, bie 8 ober 14 jage in Arbeit geßmtben hat 
in ber gweiten jpälfte beS Monats feine Beßßäfiigung 
nnb fein Einfo-ininen hat; wenn ein foldjeS Eiitfommcii 
in Betracht gegogen wirb, fann fie in bie allergrößte Botlngc 
fommen. Deswegen, iß ein fo nnfiäjereS Einfotttmcn fein 
Mnßßab für bie Berüdficßtigung. 
Bietleicßt ßaben bie Herren in ben feilten Beit bcoü 
aeßtet, wie bie granemirbeit auf allen Elebieten in bie Er 
ßßeinnng getreten iß; wir ßaben fie jej.it fogar in bcr 
frijweren Befcßäftigiing bes Bans ber Untergrniibbahn. 34 
habe grauen unter ber gviebricßßraße bei ber Scorbfübbnl)« 
arbeiten feßen; fie arbeiten förßerfieß une ein Mann nnb 
haben mit bem Sanbfd)ißßen nützliche Arbeit gelcißct. Die 
grauen hoben bie feßwere Arbeit im Scßweiße ißreS Aingr, 
ficfßS Oerricßtet nnb nur ben Holm oon 4ö für bie Siitnbc 
befommen, ber nod) ßerabgefelzt werben füllte. Es iß boefi 
flar, baß eine grau eine fo fdjwere Arbeit nur bann Oerricßletl 
fann, wenn fie fiel) fräftig näßrt; fonß brießt fie oorgcilifl 
gnfninmem Unter folcßen Umßänben fann ein Soßu Oon
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.