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Volume No. 8, 05.03.1914

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue41.1914 (Public Domain)

105 am 5. Närz 1914 . Es ist ja sehr bedauerlich, meine Herren, daß die Aus- sührungsbestimmungen es nicht zulassen, ohne weiteres diese Angestellten von der Verpfüchtung, zur Angestelltenversicherung zu zahlen, zu befreien . Wir haben es tun können bei den fest angestellten , also gewisfermaßen den beamteten Ange- stellten ; wir können es hier nicht/ weil die Aussührungs- bestimmungen vorschreiben , daß bei dieser Befreinng nnr aus einem "wichtigen Grunde" geküudigt werden darf . Daralf einzugehen, kann bei der großen Anzahl der Angestellteu, die zu dieser Kategorie gehören, nicht geraten werdei. Deshalb muß eben ein Ausweg gefunden werden, der in anderer Weise die Sache regelt . Es hat ja immer etwa s Mißliches an sich , wenn man ein Gesetz, das einmal ge- nacht worden ist, gewisseruaßen wieder ausschaltet . Aber unsere Angestellten , um die es sich hier handelt, hatten gar keine Veranlassung, ein derartiges Versicherungsgesetz zu ver- langen . Denn, meine Herren , sie haben ja schon seit über 10 Jahreu die Ruhegeldversorgung durch die Stadt, und es lag für sie kein Grund voe, nach diesem Gesetz zu rufen . Soviel ich weiß nnd beobachtet habe, ist aus den eisen unserer Angestellten auch nicht nach dem Gesetz gerufen worden . Man könnte auch sagen : wir können eiue solche Regelung nach dem Antrag Goldschmidt nicht vornehmen, weil es auf Handel und Industrie abfärben könnte . Aber das ist auch nicht zu befürchten . Die Verhältnisse licgen . hier tatsächlich ganz anders . Wie ich schon sagte, haben ja unsre Angestellten ihr Gehalt plus Aussicht auf die Ruhegeldversorgung als Entlohnung . Dies trifft doch in den meisten Fällen , wenn auch vielleicht in einigen Privatunteruehmungen vorher schon private Verficherungen vorhanden waren, für Handel und Indnstrie nicht zu , ud deshalb ist ein Vergleich nach dieser Richtung hin ganz unmöglich . Es ist aber trotzdem auch im Handel md in derindustrie an vielenstellen anerkannt worden , daß den Angestellten eine Beihilfe zu den Arbeitnehnler- beiträgen gegeben werden müsse in Form einer Znlage zum Gehalt . Herr Kollege Galland hat uns - gesagt, daß er nir- gends etwas derartiges hätte ermitteln können . Aber dann muß Herr Kollege Galland im Ausschnß uicht genau zuge- hört haben ; denn selbst im Ausschuß waren zwei Arbeit- geber , die erklärten , daß sie nach Inkrafttreten des Gesetzes durch Zulagen an ihre Angestellten die Arbeitnehmerbeiträge ausgeglichen hätten, was sehr anzuerkennen ist . Das war aber hier bei uns nicht zu erreichen , weil der Magistrat strikte erklärt hat, dem Ersetzen dieser Arbeitnehmerbeiträge unter Belassung des Genusses der Rente aus der Ver- sicherung niemals zustimmen zu können . Ich muß ja auch sagen, das hätte insofern etwas Unsinniges gehabt, als wir dann zwei Kategorien von Angestellten hatten , nämlich die in gehobener Stellung würden dann später das Ruhegeld bekommen haben ptus Rente, während die anderen , die nicht in gehobener Stellung sind, aber doch auch Angestellte sind, nur das Ruhegeld gehabt hätten . Diese Unebenheiten lassen sich nur vermeiden durch die Anuahme des Antrages Gold- schm. ist ja gewissermaßen auch nur, wie Herr Kollege Galland ebenfalls anerkannt hat , eine Verauslagung der Versichernngsprämie , die die Angestellten zu zahlen haben . Dadurch , daß das Ruhegehalt später um die Rente gekürzt wird, findet ei Ausgleich statt . Ich kann nir also keine bessere Regelung denken als durch die Annahnie des An- trages Goldschmidt . Meine Frennde werden einstimmig für den Antrag Goldschmidt stimmen. . . . Stadtverordneter Ritter : Meine Herren , mein Fraktionskollege Schneider hat schon darauf hingewiesen, daß wir ebenfalls für den Antrag Goldschmidt stimmen werden . Was mich veranlaßt hat , hier das Wort zu nehmen, ist die nach meiner Anffassuug starke Schwarzualerei des Kollegen Galland, die er dnrch seine Rede betrieben hat, indem er durch allerlei Mögiichkeiten hier den Eindruck zu erwecken versuchte, als ob die Stadtbehörde bei dem Modus, der durch den Vorschlag Goldschmidt zur Annahme kommen soll, n och Vorteile haben könnte . Dieser Auffassung können wir uns nicht anschließen, schon aus dem Grunde nicht, weil ja auch bei den übrigen Angestellten der Stadt Berlin, die im Range der Arbeiter stehen , ebenfalls die Hälfte der Beiträge bei Unterstützungskassen, im Falle sie nach 10 Jahren Anspruch auf ein Ruhegehalt haben, in Abzug kommen . Schou deshalb ist das nicht richtig, was Herr Kollege Galland hier vorge- , .tragenat - Herr Kollege Galland auch den Geschmack gehabt, w Stadtv.-vers . Sitznng nächsten Jahre eine allgemeiue Gehaltsaufbesserung statt- aden würde . Es handelt sich . also im wesentlicheu nur och darum , den. Agestellten die Möglichkeit zu geben , über s - laufende Etatsjahr von 1914 hinwegznkommen . Da - ben wir denn geglaubt, de Antrag stellen zu sotlen , den ie ja alle vor sich haben , der dahin lautet , daß die Ver- nnmlung den Magistrat ersuchen soll, den städt ischen An- ;stellten , die der Angestelltenversicherung unterliegeu , zur Be- itigung etwaiger Härten eine . Beihilfe iu dem Etatsjahre 14 zu gewähren . Der Vertreter des Magistrats hat bereits n Ausschnß die Möglichkeit der Durchsührung dieses Antrages Aussicht gestellt , -uud ich glaube , meine Herren , wenn Sie en Angestellten wirklich wohl wollen , wenn Sie ihnen die ente erhalteu wollen , die ihnen auf Grund des Gesetzes nsteht , die ihnen zu einer Zeit zufällt, wo sie am meisten er Rente bedürftig sind , dann müßten sie nnserer Aus- ;gung Folge geben . Es ist nach meiuer sesten Ueberzengung er einzig gangbare Weg. Dem Antrag Goldschmidt können ie Angestellten bei reiflicher Erwägung ihres Vorteils nie- als ihre Zustimmung geben, und daß der Magistrat einem )lchen Antrag niemals zustimmen wird, daran zweifle ich iuen Augenblick . . Stadtverordneter Schneider : Meine Herren, der ichtige Antrag ist eigentlich der unfrige . Da wir aber ein- heu, daß er von der Mehrheit nicht angenommen werden ird, so werden wir für den Antrag Goldschmidt votieren. Meine Herren , wenn Herr Kollege Galland jetzt mit em warmen Herzen für die - Angestellten kommt, so denke ch mir ihn wie den Wolf im Schafspelz . (Heiterkeit . ) denn, meine Herren, in der Ausschußsitzung wurde der An- rag, den wir gestellt haben, abgelehnt und der vom Herrn lollegen Goldschmidt und Genossen gestellte nur mit Stimmen- leichheit abgelehnt . Wir waren nur zwei , die für unsern lntrag stimmten. Wenn man sagt, daß man den Angestellten . ann , wenn sie die zehnjährige Pause hinter sich haben und n den Genuß des Ruhegehalts kommen , das wieder ab- iehen wird , was man ihnen bis , jetzt gewährt -- nein, Herr ollege Galland, so ist es nicht, sondern wir sind der Auf- afsung , wenn Sie unsern Antrag nicht aunehmen , daß dann och der Antrag Goldschmidt und Genossen viel besser ist als )er Antrag des Herrn Galland und Genofsen ; denn dieser esagt gar nichts ; er empfiehlt dem Magistrat diesen Wunsch nur ur Berücksichtigung , und was der Magistrat dann macht , das issen wir nicht. Vorläu fig hat sich der Ma istrat noch ar uicht geäußert , . wie er sich zu dem Antrage alland und enossen stellen würde . Also wenn man einen Antrag stellt, dann muß man sich auch vergewissern , daß man den Ange- ellten damit etwas bietet . Ich ersuche Sie also , für den ntrag Goldschmidt zu votieren. (Bravo ! ) Stadtverordncter Dr . Kuhlmann : Meine Herren, auch wir bedanern , daß der Antrag Goldschmidt nicht im Ausschuß die Mehrheit gefunden hat . Wie Herr Kollege Goldschmidt schon klar gelegt hat, war es nur eine Znfalls- majorität, die ihn zur Ablehnung brachte . Wir halten deu Antrag Goldschmidt immer noch für den besten Ausgleich in dieser Angelegenheit . Dagegen können wir uus für deu An- trag Galland gar nicht erwärmen. Das einzig Wertvolle an biesem Antrage Galland ist, daß ' uuch von dieser Seite an- erkannt und zugegeben wird, daß hier gewisse -Härten vor- liegen , die von unsern Angestellten - -nicht ertragen werderr - . . können . l(Sehr richtig!) . Insoweit begrüße ich den Antrag des Herrn Kollegen Galland sehr . Denn im Ausschusse stellten sich die Freunde des Herrn ollegen Galland auf einen strikt ablehnenden Standpunkt, selbst als der Herr Magistratsvertreter zum Schluß gewisser- maßen zugab, daß hier teilweise Verhältnisse v orliegen , die der Aichilfe bedürfen, und empfahl, es könnte ja im Etats- ausschuß die Summe für Unterstützungen noch erhöhr werden und könnten dann Unterstützungen an diejenigen Angestellten gehlt werden , die die Arbeitnehmerbeiträge nicht gut aufr bringen könnten . Wir haben jetzt also von allen Seiten die Anerkennung, daß hier etwas geschehen muß. Da ist es nach Ansicht meiner eunde das Beste, wir nehmen den Antrag Goldschmidt an ; denn er ist sowohl für die Stadt als auch für die Angestellten die einfachste und - beste Regelung dieser Angelegenheit .
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