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nn 2( Februar 1914'.
Eher, meine Herren, hätte der Herr nuuerer Ursache gr-
habt, diese seine Kritik an diese Adresse z : richten, die ich
eben näher bezeichnet habe.
.
(Sehr wahr ! )
Meine Herren, soweit es sich um die deren Unter-
nehmungen handelt , daß der Osthafen nicht sofort rentiert,
wer hat das bestritten? Der Osthafen ist gebaut worden
auf Anregung aus den Kreisen des Handels und der
Industrie, und gerade um den Handel und die Industrie
zn förderu, deswegen haben die städtischen Behörden dieses
große Unternehmen hergerichtet . Meine Herren, m it den
übrigen Uuternehmungen steht es nicht viel besser . Die
Markhalle ! Die Geschichte der Markthalle ist ja ziemlich
alt ; wir haben hier in dieser Versammlung wiederholt Pro-
jekte .beraten und haben sie abgelehnt ; also daß diese Markt- .
halle jetzt beschlossen worden ist, ist au sich nichts besonders
--
Neues nichts Plötzliches, meie Herreu . . Und dann der
Himveis auf unsere Bahnen ! Die Südlinien hätten nicht
erösfnet werden sollen, bevor der Lindentunnel nicht in
mserem Besitz gewesen wäre ! Ja, meine Herren , das
ist alles billige Redensart . Wie gesagt, mit unseren
eigenen Straßenbahnen liegt es ja ähnlich wie mit unseren
Hafeubauten . Die Geschichte mserer Straßenbahnen ist
genan so ein Dornenweg, wie es der des Westhafens ge-
wesen ist . --
(Sehr richtig ! )
Es ist mlr bedauerlich , daß gerade auf dem Gebiete des
st ädtischeu Verkehrswesens der Stadt Berlin - von gewisser
Seite große Schwierigkeiten gemacht werden, Schwierig-
keiten , die ja in letzter Linie nur ausschlageu znguusten der
allmächtigen Großen Berliner Straßenbahn .
(lebhafte Zustimmmg bei den Sozialdemokrateu . ) .
Also , meine Herren , eiueu solcheu Rat nachträglich zu
geben, ist sehr billig ; aber in den -Tatsachen findet er unseres
Erachtens nicht die geringste Begründung . Unser Herr Käm-
merer sollte schon als Kämmerer, als Finanzrat den Wunsch
haben, daß unsere städtischen Unternehmungen viel schneller,
viel schleuniger zur Ausführung ucd zur Fertigstellung
kommen . Das läge im Interesse einer gesunden Finanzpolitik :
je eher wir mit unseren Unternehmungen zu Rande kommen,
desto eher werden wir wieder Einnahmen aus ihnen zieheu .
Aber das Gegenteil scheint die Ansicht unseres Finanz-
ministers zu sein . Ich kann es deshalb kaum verstehen ,
daß der Herr Kämmerec, anstatt unsere eigenen liutei-
nehmungen zu beschleunigen, den Versuch unternimmt, die
Ausführung eher hintenanzuhalten .
(Rufe ; Nanu ?)
Nanu ? Meine Herre , , sonst wäre es nicht zn verstehen ,
daß der Herr Kämmerer im vorigen Jahre kurz nach Schluß
unserer Etatsberatungen hier an de Bauverwaltnng eine
Verfügnng hat ergehen lassen des Inhalts .
während des Rechnungsjahres 19l3 sich in den Aur
gaben , welche für Rechnung der Anleihe zu leisteu siud ,
nach Möglichkeit zu beschränken,
(hört, hört ! )
überhaupt ferner die Mahnung gerichtet hat, die Etassätze
für 1914 so knapp wie möglich auzusetzen .
Mcine Here : , ich will nur ans usere Untergrnudbahu
hinweisen . Wir haben gar kein Interesse daran , daß der
Bau nnserer Untergrnndbahu etwa wenig gesördert wird ;
wir haben im Gegenteil das Interesse daran, daß, so -
weit es möglich ist , so viel Mitte '. zur Verfügung ge-
stellt werden, um diesen Ban so schnell wie möglich zn
fördern .
(Shr wahr ! )
Je länger wir dara bauen, desto uehr Zinsen gehen
uns ja verloren . Ich meine, das ist doch eine Forderung,
die man ohne weiteres als berechtigt anerkenneu sollte .
Ilnd nuu, meiue Hereu, die Bemerkung über Lanke !
Als ich hörte, was der Herr mmerer über Lanke sagte,
war ich eigeutlich entsetzt ,
(Lachen ')
emsetzl über eine solche Kurzsichtigkeit !
(Erneutes Lachen .
Meine Heren , dieser Ankauf wurde von - dem Herrn
Kämmerer eigentlich - unter dem Gesichtswinkel des kleien
Kaufmanus betrachtet . Er rechnete gewissermaßen ans,
legte uns dar : das kostet so und so viel , aber wir bekommen
nichts ein .
(Sehr richtig ! )
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Stadtv.-vers. Sitzung
cht scheueu, wenn sie im Augenblick auch nicht lukrativ er-
eint, dann werden wir uns auch diese Blüte Berlins er-
lten . Das gibt mir auch die bestimmte Erwartung, daß
ch lange Zeit unsere Finanzen ein Bild des Gedeihen s
igen werden wie bei nur wenigen Städten. Und was die
ngriffe von außen gegen uns angeht, so wird es unsere
nfgabe sein, mit Energie diesen Kampf im Interesse unserer
ürgerschaft zu führen, und wie wir im vergangenen Jahre
vtz aller Ungunst der Parteien, trotz aller Ungunst, die uns
m staatlicher Seite bezeugt ist, einen Aufschwung haben
;hmen dürfen, so werden wir, glaube ich , auch in Zukunft
lanns sein, uns selbst zu helfen und nicht zu dulden, daß
e Entwickluug Berlins rgeudwie rückschrittlich wird , sondern
mer zu neuerem Glanze sich erhebt .
w
.
(Lebhafter Beifalt . )
Stadtverordneter Leid : Meine Herren , es ist eine
tbekannte Redensart aller Finanzmiuister, daß sie ihre
nsführungen zu würzen versuchen mit Mahnungen zur
parsamkeit, d . h . , wenn man diese Redensart als eine
)ürze einer Rede bezeichnen will . ist auch verstäudlich ,
ß jeder Finanzminister den Wunsch hat, mit recht großen
eberschüssen vor seine Zuhörer zu treten, mn sich sagen zu
ssen, was er für ein tüchtiger Finanzverwalter ist . Meine
erren, soweit es sich bei .' den Ausführungen, - die wir vor
Tagen von unserem Känunerer gehört haben, um diese
lahnung zur Sparsamkeit handelt, würde sich kaum ewas
gegen sagen lassen . Es ist eben schließlich eine Redensart,
.it de man sehr wenig anfangen kann . Maßgebend wird
immer das Bedürfnis bleiben, daß man von Fall zu
all zu prüfen hat, ob eine Ausgabe . notwendig oder über-
1
üss' öer Herr Kämmerer hat sich nicht lediglich af diese
ohlwollende Mahnung beschränkt, meine Herren, sondern
ist erheblich weitergegangen . Er hat hier gewisser-1
iaßen eine Kritik der Kommunalpolitik des vergaugenen
ahres geübt .
(Zuruf - Darf er ja ! )
Das nehme ich niemandem übel, meine Herren .
leine politischen Freunde haben sehr oft Gelegenheit nehmen
lüssen, die von der Mehrheit dieser Versammlung geübte
onummalpolitik unter die kritische Lupe zu nehmen, und
h werde es Ihnen auch heute nicht erspareu können, nach
: r Richtung hin noch einiges zu sagen, was Ihnen viel-
,icht weniger angenehm sein dürfte . Aber soweit es sich
m die Kritik bestimmter Beschlüsse handelte, die der Herr
'ämmerer hier vorgenommen hat, so muß ich sagen, daß
ese Kritik unberechtigt ist, daß meine Freunde gerade die
eschlüsse, um die es sich im vorliegenden Falle haudelt,
oll kommen billigen und vollkommen vertreten .
(Sehr wahr ! bei den Sozialdemokraten .
Meine Herren, der Herr Oberbürgermeister hat mit
ollem Recht dargetan, daß es sich bei der Mahnung des
errn Kämmerers , wir sollten doch nicht zu scharf ins
eug gehen, oder : wir verstehen das Geld reichlich auszugeben ,
der aber : wir haben im leten Jahre des Guten zu viel
etau; daß für diese Mahnung und für die kritischen Be-
erkungen , soweit ' das letzte Jahr in Frage kommt , kaum
iue sachliche Unterlage, kaum ein richtiger Anlaß vorhanden
ewesen isä
(Sehr richiig ! )
neiue Herren, es ist eine mumstößliche Tatsache, daß die
eschlüsse, die wir im vorigen Jahre gefaßt haben , und
ie sich anf bestimmte große Unternehmungen bezogen, in
ren Anfangsstadien schon lange Jahre zurückgelegeu haben/
md daß sie im vorigen Jahre eigentlich erst, wenn man so
agen will , perfekt gervorden sind . Es ist nicht zu leugneu,
aß beispielsweise die Frage des Westhafeus nahezu schon
in Jahrzehnt hinter sich hat, uud jeder weiß, daß die
öeschichte des Westhafens eine wahreleidensgeschichte ist , nnd
lvar ohne jede Schuld das mß ich selber anssprechen
icser Versammlung md der städtischen Behörden ; die Schnld
- egt anf ganz anderer Seite ; und wenn wir, meine Herreu,
tivas bedaueru, so ist es , daß wir diese Projekte nicht
hou viel früher haben. ansführen können,
(sehr wahr ! )
n einer Zeit, daß es möglich gewesen wäre, heute im
' esitz der sertigen Unteruehnnngen zu sein . Durch die
terzögerung, durch die Schwierigkeiten, die uns von Aui-
1
chtsbehörden gemacht worden sind, sind wir m sehr er-
ebtiche Mittel geschädiegt worden.
(Sehr richtig ! )