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Volume No. 36, 30.12.1914

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue41.1914 (Public Domain)

350 Stadtv.-vers. Sitzung haben. In- den Aufnahmebestimmungen sind nun die Be- dingungen - festgesetzt, unter denen die Kur stattfinden kann und soll ; es können Bedürftige jeden Alters und Geschlechts überwiesen werden . Es heißt da Bei der Uebernahme ist zu unterscheiden zwischen deu Fällen, in denen eine Ueberweisung notwendig oder nn r wünschenswert ist. Als notwendig ist die Aufnahme zu bezeichnen, wenn entweder durch die Aufnahme der Ausbruch einer zu befürchtenden Krancheit verhütet wer- den soll, oder wenu der Aufenthalt in einer Heim- oder Erholungsstätte zur völligen Wiedererlangung der Ge- sundheit oder der Erwerbsfähigkeit erforderlich ist , und zwar iu allen Fällen unter der Voraussetzung , daß die Knr in einer Heim- oder Erholuugsstätte nach dem Aus- spruch des zuständigen Arztes das einzige, einen wesent - - lichen Heilerfolg versprecheude und deshalb alleiu zwecl- maßige eurmittel ist . Als wilnschenswert ist die Auf- nahme zu bezeichlen, wem der Gesundheitszustand des Bedürftigen zwar keine umnittelbare 0)efahr der . Er. krankung bietet , jedoch die körperliche Beschaffenheit , der Ernährungszustand, der Mangel häuslicher Pflege u 'm erwarten lassen, daß der Aufenthalt in einer Heim- o er Erholungsstätte eine wesentliche Kräftigung des gesamten Organismus zur Folge habeu werde . Meine Herren, nach diesen Bestimmungen ist bisher ver- fahren worden . Die - A rmenverwaltung hat sich darans beschränkt, nur diejenigen Fälle zur Ausführung zu briugen, in - denen der Armenarzt die Notwendigkeit der Entsendung eines ' indes befürwortet hat . Es ist nur in ganz .seltenen Ausnahmefällen vorgekommeu, daß auch Kinder verschickt ivurden, wenn der Arzt den Fall als wünschenswert bezeichnet hatte. Für die notwendigen Fälle war uun in den letzten Jahren der ' Betrag von . 200 000 M eingesetzt , der im letzten Jahre auf 250 000 M erhöht wurde, um allen Anforderungen, die gestellt wurden, nach Möglichkeit gerecht zu werden . Nach dem Bericht der Armendirektion sind im Jahre 1913/14, also im letzten Geschäftsjahre, insgesamt 3505 Anträge gestellt worden ; von diesen sind 2216 ge- nehmigt worden, während in ll46 Fällen Ablehnung er- folgte. Es handelt sich weiter um 233 Fälle vom vorigeu Jahre : Anträge wurden gestellt von der skunfts- und Fürsorgistelle für- Lungenkranke 1379 Anträge, beimer- aus Borgsdors 530 Anträge ; von den Armenärzten amen 429 Anträge, von der Landesversicherungsanstalt, Tuberkulosestation , kameu 662 Anträge usw. Si e ersehen schon aus der Stellung dieser Anträge, daß es sich um schwerwiegende Fälle gehandelt hat , weil die überwiegende Anzahl der Anträge von den Lungenfürsorgestellen gestellt war. Abgelehnt wurben , weil der Armenarzt die Kur uicht für notwendig, sondern. nur für wünschenswert hielt, 205 Anträge , wegen Verzichts der Eltern 261 Anträge nstv. , insgesamt 1146 Fälle. Meine Herren, aus diesen Zahlen ersehen Sie, wel Umfang die ur in unsern Pflegestellen iusgesamt genommen hat. Als geheilt - das spricht hierbei sehr wesentlich mit - wurden iusgesant entlassen 128, als gebessert 1258 Kinder, als nngeheilt 318 und vorzeitig ent- lasfen 90, insgesamt 1794 Fälle, welche von unsen Armen- ärzten kontrolliert find. Meine Herren, die Ausgaben für diese Kureu betrugen an unseren Heimstätten allein 70 232, an anderen Anstalten 177000M, ins esamt 247398 M so daß die 250000 / , welche . uns zur P ersügung stehen, ast ganz verbraucht wou den sin d. Meine Herreu , über die Ersolge der Kuren im allge- nieinen in den Heilstätten hat Herr Sanitätsrat Dr . Stern eine Aufstellung gemacht, iudem er eine Znsannnenstellung derjenigen Heimstätten , welche namentlich in Fra e kauen , gab. Unter anderm liegt auch ein Bericht der . . eimstätte Blankenfelde vor k hier äußert sich Herr Dr . Wendt, der Vertreter, daß die Erfol e stets befriedigend waren ; die nder verließen die An talt meist beschwerdefrei - und ' ge- kräftigt, wenn auch die lokaleu Erscheinungen der Drüsen, des Herzens nicht in allen Fällen geschwunden waren . Hier handelt - es sich im wesentlichen um Kinder mit Lungeu- spitzenkatarrh ' 56 - Fälle; Skrophulose 54, Blutarmut 1 7 , diverse Fälle 40 . Aehnlich äußern sich Kolberg und na- mentlich Borgsdorf, auch Hohenlychen, wo eine große An- zahl von ndern war. Hier gibt Herr Dr . Paasche einen besonderen Bericht . Heilstättenverein Lenzheim sagt in dem - Bericht Außer durchschnittlicher Gewichtszunahne von 4 bis 6 Pfund ge- steigerte Eßlust und Lebensfreudigkeit. w Aehnlsch... :spricht sich anch noch Dr . Paasche, der Vor- - am 30. Dezenber 1914, sitzende des armenärztlichen Vereins , aus , der vou - seiten d Armendlrektion .achgefordert wurde, ein Gutachten icher d1 Erfvlge in Hohenlychen abzugeben er sagt u . a: . Meine Herren, es ist also anßer Frage, daß das für - dic Zwecke ausgegebene Geld gut angelegt st . Im Interes unserer Kinder nnd im Interesse nnsrrer Stadt sird w verpslichtet, auf dem beschrittenen Wege weiter zn wa delu ; hier gibt es kein Rückwärts, hier gibt eo nnr e Vorwärts . Meine Herren , ich will uur noch hinweisen anf d Berichte uuserer Schulärzte , darin kennzeichnet sich d ganze Eleud nnserer Großstadtkinder. Es sind iu . Jah 101A11 . mehr nls 3lw0 Btinder zurüctgestellt worden , weil s infolge von rankheiten , im wesentlicheu ungeuü eud Kräftezustandes , Blntarmu, Nachiti, Skrophnlose, ,.nbe kulose, Herzleideu usw. für die Schule nicht in Betrac . kamen ; die Zahl der unter Anssicht des Schularztes g nommenen tinder ist erheblich . Meine Herren, nach alledem hätten wir erwarten solle ' daß der Magistrat alles daransetzen würde , um dieses Elen welches nun mal die (isroßstadt für unsere R inder mit si bringt , nach Möglichkeit zu beseitigen . Aber was haben w jetzt bei Ausbruch des Krieges geseheu ? Die erste Mas nahme , die der Magistrat getroffen hat, war, daß er ei Anzahl von Heimstätten schließen ließ, so daß eine En seudun in diese Heimstätteu überhaupt nicht erfolgen konnt Diese .lngelegeuheit wurde dann im Etatausschuß der A mendirektion znr Sprache gebracht , weil eine ganze Auzal 1der Direktionsmitglieder, soweit sie Kreisvorsteher sind , l den letzten Monateu absolnt keinen einzigen Fall mehr zu Unterschrift vorgelegt bekamen. Auf die Frage, woher da käme, daß keine Entsendung mehr stattfinde , daß kein Uuterschriften mehr eingefordert würden, erklärre der Mc gistratsvertreter, Herr Stadtrat Doflein, daß der Magistrc . angeordnet habe, daß alle Wohltätigkeitseinrichtuugen a das denkbar ntöglichste beschränkt werden müßten , und zwa einzig und allein aus Sparsamkeitsrüichten . Nun ma ja die Sparsamkeit überall gut angewandt sein ; aber w es sich um das Leben- nnd die Gesundheit von ,vielen Tan senden von Kindern handelt, köunen wir diese Sparsam keitsmaßnahmen unter keinen Umständen mitmachen . Di Armendirektion erklärte dann auch in einem augenommene Antrage , daß sie den Magistrat bäte, die getroffenen Maß nahmen zurückzunehmen und zu 'gestatten , daß die Kinde wieder unter den früheren Bedingungen verschickt werde - könnten . Diese bescheidene Bitte der Armendirektion hn der Magistrat geglaubt ablehnen zu uüssen , nnd uns nnrd mitgeteilt, daß es bei dem .Beschlusse des Magistratsc sei ; Bewenden habe . Dies ist der Zustand, vie er zur Zeit ist . Fragri wi schließlich nach dem finanziellen Effekt , den diese Spar samkeit auf Kosten von Leben und Gesundheit mserer ) inde mit sich bringen würde, so handelt es sich im ganzeu - un rund 70 000 M , die bis znm 1 . April erspart werden wenu nur die Kinder verschickt werdeu , die an offene Tuberkulose leiden , Für alle übrigeu Kinder ist die Ber schickung mtersagt ; nur bei deuen, die an offener Tuberkulos leiden , bei denen also die mgenkrankheit direkt ausge brochen ist , findet die Entsendung auch weiter statt . Aber, meiue Herren , auch solche Fälle sind mir bishe- nicht vorgelegt worden , vou 1 . August an , tro (n\em icl einen Armenkreis in der ärmsten Gegend, im Norden vo Berliu , habe, ist mir uur ein einziger Fall zur Ilnterzeich. nung vorgelegt worden , Das zeigt , daß die Maßnahue mit aller Schärfe vom Magistrat und vom L- iter der Ar mendirektion durchgeführt werdeu . Meine Herren , ich möchtc Sie im Interesse uuserr armen Bevölkerung , der armen Kinder, welche leidend siud bitten , "mserm Antrage Ihre Zustimmung zu geben . I der schweren Zeit, wo Hunderttausende ihr Leben auf dcn Schlachtfelde hiugebeu müssen , sind wir verpflichtet , allec daran zu setzen , um das Leben und die Gesundheit nusere hiesigeu Kinder, unserer hiesigen Ingend nach Möglichkei zu schützen , nmd das bezweckt unser Antrag . Ich bitte Sie ihn anzunehmen. Stadtverordueter Sachs : Meine Herreu, unser Fraltion steht deu Antrag Barlowski und Genossen dn ch aus sympathisch gegenüber ich kann Namens meine Frak- tion vieles von dem nnterschreiben, was der Herr lollege Hintze gesagt hat . Wir glauben aber doch nicht, diesen Antrag ohne weiteres annehnen zu können , wir / alten es für nötig, daß de Magistra uns in einem Ausschnss .
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