Path:
Volume No. 30, 15.10.1914

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue41.1914 (Public Domain)

292 Stadtv.-vers. Sitzung gliedern zur Vorberatung zu überweisen . Der Antrag ist von den Mitgliederu Cassel, Bitterhof, Landsberg , Iden und Loeser gestellt . Oberbürgcrmeister Werumth : Meiue Hcrreu , es scheint , mir dankeuswert, daß die Aussicht besteht , sowohl den Antrag der Herren Barkowski und Genossen wie die Vorlage dcs Magistrats über die Mieteinigungsämter ge- meinsam im Ausschusse zu beraten . Dort wird sich Gelegenheit ergeben , auf die besonderen Fragen einzugehcn , welche der Herr Vorredner hier au- geregt hat: Nur eins möchte ich dazu sagen . Meine Herren , man kann über einzelne Auslegungen verschiedener Mei- nung sein. Aber daß die Stadt Berliu sich mit voller Kraft und Hingebnng für ihre Kriegerfamilien einlegt, das . kann und darf nns niemand bestreiten . (Sehr richtig ! ) Wir bringen für die Kriegsfürsorge aurh prozentnal mehr Opfer, als vou irgend einer andern Seite gebracht werden . (Sehr richtig ! ) J ) In dem Ausschusse wird sich , auch Gelegenheit bieten , die Verhandlungen Ihnen darzulegen, welche im Schoße des Magistrats , und vom Magistrat aus nach außen hin schon seit langem über die Mietfrage gepflogen werden . Denn der Magistrat hat rechtzeitig erkaunt , wie tief diese . . Frage in die - gesamte Kriegsfürsorge eiugreift, und er hat dieser Erkenntnis eutsprechend gehandelt . Die erste Frucht dieser Erörterungen ist die neue Anordnung , welche die Fürsorge für die Familien der ins Feld Gezogenen gerade . nach der Seite der Mietunterstützung wesentlich ansdehnt . Danach sollen Frauen ohue Kiuder, Frauen mit einem und mit zwei Kiudern über die Reichsbeihilfe und über den hundertprozentigen Gemeidezuschlag hinaus Mietunterstützung erhalteu . Nach unserer sorgfältigen Sta- tistik haben wir zur Zeit -64 000 Kriegerfamilien zu unter- stützen im Laufe der Zejt werden es gewiß noch mehr werden - ; 48 000 hiervon , also volle drei Viertel , werden der Wohltat der nenen Anordnung teilhaftig . Diese be- . deutet eine Besserstellung der betreffeuden . Fauilien mn einen Jahresbetrag vou 5 Millionen Mark ; sie beutet gleichzeitig , daß derselbe Betrag zuzüglich kleiner Abzüge aus dem Gemeindezuschuß bei Familien mit zwei und mehr Kindern mmittelbar den Vermieteru, den Hausbesitzern zufl' ießt . Meine - Herren, die Anordnung des Magistrats ist erst seit einigen Tageu in Kraft . Weun , wie es ganz natür-- lich nnd unvermeidlich ist , in dem nunmehr zu überwinden- den Uebergangszustande einige Zweifel und Schwierigkeiten entstehen ich spreche hier ausdrücklich nur von der neuen Anordnung , nicht von der Handhabung der Familienmter- stützung im allgemeinen , welche sich dank der hingebenden Arbeit aller Beteiligten meines Erachtens sehr gut eingelebt hat -- , wenn bei den uenen Vorschriften noch einige Schwie- rigkeiten erwachsen , so hoffe ich , daß daraus uicht Schatten auf die Beurteilung der gesamten Mietfrage falsen werden . Ich bin überzeugt, daß wir schon bei den Ausschußberatungen einen erheblichen Fortschritt in der Ausführung der neueu Vorschrift Ihnen werden berichten können . Der Magistrat ist unablässig bemüht und wird bemüht bleiben, die neuer Bestimmungen so zu handhaben und anch so fortznentwickeln , wie es das unabweisliche Interesse sowohl des Mieters . wie des Vermieters erheischt . Auch über deu Kreis der Fürsorge für die Kriegs- familien hinaus ist eine Fortbildung der Mietfürsorge nötig . Eben -zu diesem Zwecke schlägt auch der Magistrat vor, Mieteinigungsämter einzurichten . Je schneller Sie die dazn bestimmte Vorlage abfertigen , um so eher werden Sie ms auch zu weiterene wirksamem Vorgehen befähigen ; zu solchem Vorgehen bedarf es - uubedingt praktischer Er- fahrungen , und diese können nur auf dem Wege der eigenen Praxis durch die Mieteinigungsämter gewonnen werdeu . Zur Zeit fehlt es - daran . ' Es fehlt - uns sogar . an einem irgeudwie geeigueten und ausreichenden Anhalt über den Umfaug der Mietausfälle. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn der Bund der Berliner Grundbesitzervereine die von ihm in Aussicht gestellten umfassenden und eimoandsfreien Erhebungen möglichst bald zu Ende führen ud uns mit- teilen wollte. Und zwar so , daß aus dieser Erhebung sich auch ein Vergleich ermöglicht mit den Verhältnissen und den Mietausfällen , wie sie vor Ausbruch des Krieges vorhanden waren . Meine Herren, bei allen Erwägnnge wenn . sie von om 15 . Oktober 1914 . l noch so hilfsbereitem Willen getragen sind , darf .doch nir außer Acht gelassen werden , wie ungeheure Werte in .d Berliner Hausbesitze ucd demgemäß in den Mieterträ sich konzentrieren . Nach kaun anfechtbaren Ermittelung beträgt der Wert des Hasbesitzes nnserer - engeren Gemein an 10 Milliarden Mark, der Wert für Großberlin bis 16 Milliarden und der für sämtliche preußische -Gemeind , über 50l)0 Einwohner znsammengenommen 42 Milliard Mark. Demgemäß stellt Berlin von dem gesamten städ schen Hausbesitz fast ein Viertel und Großberlin mc als ein Drittel an Wert . Der Mietertrag für Berl allein aus Wohunngen nud Gerverberäumen znsammen die öffentlichen Gebände sind dabei anßer Acht gelass beläuft sich auf 465 Millionen Mark . Meine Herr diese Ziffern allein genügen , um zu zeigen , wie die A sprüche an die Gemeinden sich ins Grenzenlose steigr könnten ; wenn man uusere bisherigen sicheren Ausgann punkte verlassen wollte . Eine Gewährleistung auch n für einen namhaften Teil der Werte, die ich genam habe, würde die Grundfesten unserer Finanzcn erschütte und die kommunale Leistmgsfähigkeit weit , weit übersteigr Es ist hier wenigstens für mich , meiue Herren, un heute vielleicht nicht der Platz , mn in eine Auseinandn setzung über -die Verteilung der Aufgaben und Lasten zwischl Staat und Gemeinde einzutreten . Immerhin darf ma doch auch nicht unberücksichtigt kassen , daß der Vermiet in eiie ungünstigere Lage um deswillen gekommen is weil die Staatsgrtvalt während der Kriegszeit dem Mietc namentlich soweit der . Ernährer ins Feld gezogen ist , eiue besonderen Schutz gewährt . (Sehr richtig !) Es ist zu hoffen , . daß auf staatlicher Seite dicse Umstäni und die finanziellen Verhältnisse der Gemeinden billi ! Würdigung finden werden. . Aber Sie, meine Herren , bitte ich inständlg , mit 'de Magistrat darin zusammen zu steheu, daß wir auch in d Mietfrage volle Opferwilligkeit nach Maßgabe unser Leistungsfähigkeit erweisen . Bisher , ist es uns gelungen , der K riegsfürsorge beides miteinander zu vereinigen . Dc muß und das wird uns auch ferner und auch hier gelingc (Lebhafter 'Beifall . Vorsteherstellvertreter Caffel : Meine Herren, i habe mich selbst zum Worte gemeldct . Ich sah nicht vo aus , daß der Herr Vorsteher heute verhindert sein würd hierzubleiben . Ich bitte, daß, während ich spreche, He Kollege Gericke den Vorsitz übernimmt. Ich höre dageg keinen Widerspruch . Stadtverordneter Casscl : Meine Herreu , 'mei Freunde haben den Autrag der Herren Stadthagen u Genosfen nmd die Magistratsvorlage eingehend beraten . W waren darauf nicht gefaßt und konnten nicht darauf gefa sein , daß, da es sich in den beiden Vorlagen, sowohl in de Atrage , den - Herr Stadthagen vertrat, als auch in d Magistratsvorlage nur um die Wohnungsfrage und d Mietsunterstützung handelt , auch die Frage der Unte stützung an sich hier einer derartigen Kritik unterzoge würde, wie sie der Herr Kollege Stadthagen vorgebrac hat . Ich will nicht näher darauf eingehen ; ' ich will den gegenüber nur ganz kurz betonen , daß wir ja, wenn He Kollege Stadthagen immer darauf hinweist , die im Reich - gesetz enthaltenen Gesetze seien nur Mindestsätze , durch nnse von der Gemeinde gegebenen Znschlag von 100 pct . zunäcl doch diese Mindestsätze sehr erheblich überschritten habe uämlich um 1 (w pct. Es kommt ferner dazu , daß al Unterstützungskanmissionen eine ziemlich beträchtlic Summe aus den eingegagenen Gaben der Mildtätigkei die der Stadtgemeinde zugeflossen sind , zu (Extrauute stützungen erhalten haben , und daß, wenn einzelne Kon missionen die Mittel überschritten haben , andere Kon missionen so reich : ich - dotiert gervesen siid , daß sie länge Zeit mit den Unterstützungen ausgekommen siud , und ' d hierin eine Ausgleichuug stattfücden soll . Ich muß fern betonen , daß, wie der Kollege Stadthagen gehört hab wird , der Unterstützungsausschuß sich auf alle Weise bemü hat , Unstimmigkeiten, Härten und Ungleichheiten zu beseitige daß er in unermüdlicher Arbeit immer wieder die betreffe den Dinge beraten und Votsiellungen beim Magistrat e hoben hat , und daß wir die Hoffnung hegen müssen, dc die Ungleichheiten , die auf der Verschiedenheit der sichten beruhen, nach kurzer. Zeit -ucd ' vielleicht schon heu
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.