Stadtv .-vers. Sitzung
die Anspruch ,auf die Reichsunterstützung und deu städ-
tischen Zuschlag haben, ist die Höhe der Zuschußunter-
stützung dem alleinigen Ermessen der Unterstützungskom-
nussionen mit der Maßgabe überlassen, daß die Gesamt-
summe 3/4 des Lohnes der Einberufenen nicht über-
darf .steigen
Diese Zuschußunterstützungen sind in den Kassenbüchern
besonders keuntlich zu machen ; die Gelder hierfür sind nicht
den im Wege der Wohltätigkeit eingegangenen Summen
zu entnehmen , sondern werden den Unterstützungskom-
missionen von der Stadtgerneinde erstattet .
3 . Auf die in den - Vororten wohnenden Familien-
angehörigen städtischer Arbeiter finden die vorstehenden
Bestinnnungen über die Zuschußunterstützungen mit der
Maßgabe Anwendug , daß die Geschäfte der Unter-
stützungskommissionen durch eine im Finanzburean ein-
zurichtende Zentralstelle versehen werden .
Diesem Antrage nnrde . von den verschiedensten Seiten
zugestinmt .
Zu C Nummer 2 möchte ich -noch bemerken , daß das
Wort Bedürfnis nicht identisch ist mit Bedürstigkeit im Sinne
des Reichsgesetzbuches ; obn selteneu Ausnahmen abgeseheu
in denen es sich um . einen erheblichen Verdienst der Ehe-
frau handelt wird vielmehr regelmäßig ein Bedürfnis zur
Genehmigung der Zuschußunterstützung .vorliegen .
Der Antrag III wurde nunmehr zurückgezogen, der An-
1rag IV daraufhin einstimmig angenonnnen , ebenso der ganze
Abschnitt C .
Die weiteren , nar allgeineine Bestimmungeu enthal-
lenden Abschnitte D und E wurden ohne Debatte ange-
,
U0mueu .
Der Ausschuß empfiehlt Ihnen die Annahme der Ma-
gistratsvorlage mit den eben vorgebrachten Aenderungen.
Deu Wortlant brauche ich wohl nicht mehr vorzulesen ; er be-
findet sich ja in Ihren Händen .
Stadtrat Fischbeck : Meine Herren, nach dem Gange
der Verhandlungen in dem Ausschuß darf angenommen
werden, daß die Versammlung deu Beschlüssen des Ausschusses
ohne Aenderung beitreten wird . Um die Fürsorge für die
städischen Arbeiter möglichst zu beschleunigen , hat der Magistrat
jetzt schon Stellung zu den Beschlüssen des Ausschusses ge-
nommen ; ich kann mitteilen , daß er diesen Beschlüssen bei-
gereten ist .
Es sind n un von dem Herrn Berichterstatter nach zwei
Seiten hin Fragen aufgeworfen, einmal in der Richtung,
was unter der Bedürfnisfrage zu verstehen sei, vou deren
Ergänzung die Gewährung der Extraunterstützung an die
Arbeiter abhängig gemacht werden soll Der Magistrat hat
in seiner Ausführungsanweisung zu diesen Beschlüssen, die
uns heute beschäftigen, ausdrücklich gesagt, daß unter dem
Begriff Bedü rf nis im Sinne der heutigen Beschlüsse nicht
etwa dasjenige zu verstehen sei , was in dem Gesetz über die
Unterstützung der Kriegsteilnehmer uter Bedürftigkeit
gemeint ist . Wenn also eine Arbeiterfrau nicht zufällig über
ganz besondere ' eigene Einkünfte verfügt , was ja sehr selten
vorkommen wird , so wird nach der Ausführungsamveisung
des Magistrats einfach ein Bedürfnis anzunehmen sein .
(Hört, hört ! )
Dan ist die zweite Frage aufgeworfen worden , wie es
uit einer etwaigen Beschwerde gegen die Beschlüsse der Unter-
stützungskomuissiouen stehe, denen die Ausführung unserer
Beschlüsse übertrage werden soll . Meine Herren, so weit
in den Zuweudungen, die den Arbeitern gegeben werden, die
Reichsunterstütznug mit dem automatisch zu gewährendeu
6uschlag von 100 pct . .in Frage kommt, gbt es gegen die
Beschlüsse der Kommissionen eine Beschwerde nich ; das
würde dem Reichsgesetz widersprechen, ' das den Kommissionen
die definitive ' Entscheidung zumißt . Aber soweit die darüber
hinausgehendeu Beihilfen in Betracht kommen, die wir unsern
städtischen Arbeiterfam ilien geben wollen , ist es )el dst-
verständlich, daß die Konuuissionen nur als ein Organ des
Magistrats fungieren, und daß infolgedessen auch gegen die
diesbezüglichen Beschlüsse eine Beschwerde an den Magistrat
zulässig ist .
Stadtverordneter Wnrm : Ich freue mich, daß durch
die Erklärung des Magistrats Zweifel , die bei meinen Freunden
über eine etwaige Auslegung der Begriffe Bedürfnis und Be-
dürstigkeit entstanden sind, behoben werden , nd daß dem-
gemäß darauf zu rechnen ist , daß regelmäßig bei Festsetzung
.
de Znschnßunterstützung für die städtischen : Arbeite, wenn
273)
m 3. September 1914,
.
nichl ein erheblicher eigner Verdienst der Ehefrau vorhanden
ist, ein Bedürfnis der Familie für die Zuschußunterstützung
anzuerkennen ist, so daß die Familie einschließlich der Kriegs-
unterstützung des Reiches und des städtischen Zuschlags von
100 pct, 50 pct . des bisherigen Lohnes des Einberufenen
..
als Mindestsatz bekomwen .wird- '
Stadlverordneter Cassel : Meine Herren, . auch ich
sinde die Auslegung , die der Herr Referent und der Herr
Stadtrat Fischbeck der betreffenden Bestimmung gegeben haben,
für vollkommen richtig ; auch ich möchte betonen, daß diese
Auslegung des Magistrats zweifellos deu Beschlüssen und
den Absichten des .Ausschusses und auch den Beschlüssen dieser
Versammlung zugrunde zu legen ist .
--
Ich möchte nur noch eine kleine Bemerkung machen , die
ja wohl auch hierher gehört. Der . Herr Stadtrat Fischbeck hat
mit vollem Recht dara uf hingeviesen , daß gegen die Be-
schlüsse der Unterstützungskommissionen , soweit . sie Reichs-
unterstützungen und städtischen Zuschuß zu gewähren haben,
eine Beschwerde nicht vorhanden ist . . Das ist richtig ; gleich-
zeitlg möchte ich aber den Magistrat bitten , den Ausschuß für
die Unterstützungen, der hier gewählt ist , dahin zu unter-
stützen , daß, wenn einmal eine Kommission Beschlüsse faßt,
die offenbar nicht dem Gesetz, dem Willen der städtischen
Behörden u nd dem Gemeindebeschluß entsprechen , auch nicht
der Praxis -entsprechen , die in der überwiegendsten Anzahl
der Kommissionen gepflegt wird, der Magistrat, weun er auch
keine Beschwerdeinstanz ist, doch seinen Einfluß bei den
Kommissionen dahin geltend macht, daß die Praxis einheitlich
und richtig ist .'
(lebhafter Beifall . ) .
(Die Versammlung beschließt nach dem Antrage des
Magistrats , wie folgt :
.
Die Versammlung erklärt sich mit folgenden Bestimmungen
einverstanden :
A . Grundsätze über die Regelung des Diensteinkommens
der zum Kriegsdienst einberufenen Beamten.
1 . Die Kommunalbeamtea , die mit Beamteneigenschaft
an den Volksschulen und an den höheren Schulen ange-
stellten Lehrer, sowie die mit Beamteneigenschaft angestelllen
Fach- und Fortbildungsschullehrer erhalten im Falle ihrer
Einberufung zum Militärdienst ihr Gehalt gemäß § 66
Absatz 2 und . Absatz 5 des Reichsmilitärgesetzes weiter
gezahlt . Das Gleiche gilt ' gemäß den Ausführungs-
destimmungen vom 17 . li 1888 Nr. III un8 I ziffer 2
' (Ministveialblatt für die innere Verwaltung 1888 Seite 121)
auch für diejenigen vorerwähnten Beamten, die mit Ge-
nehmigung des Magistrats, die in jedem - Falle vorher ein-
geholt werden nniß , als 'in ihrer Zivilstellung abkömmlich
freiwillig eintreten .
2 . Hinsichtlich der Anrechnung der Offiziers- und Militär-
beamtenbesoldung auf das Zivilviensteinkommen sollen die
für die Reichs- und Staatsbeamten geltenden Vorschriften
entsprechende Anwendung finden .
3. Soweit den unter 1 . bezeichneten Personen die Er-
laubnis zum ' Eintritt als freiwilliger Krankenpfleger erteilt
ist , sind sie hinsichtlich der Weitergewährung des Gehalts
- ebenso zu behandeln wie die in das Heer eintretenden Be-
.
amten.
li . Grundsätze über die Weitergewährung eines Teiles
der bisherigen Bezüge an die in den Kriegsdienst ein-
.
berufenen Angestellten .
1 . Als Angestellte , auf welche die nachfoigenden Be-
stimmungen Amvendung finden/ sind diejenigen Personen
zu erachten , die in der Urlanbsorduung vou 8 . Ma 1914
aufgeführt sind . Bezüglich der Angestellten der Güter und
der landwirtschaftlichen Verwaltung findet diest:r Grundsatz
analoge Anwendung. Die im Wege des Privatdienstver-
trages happtamtlich mit mindestens 12 Wochenstunden be-
schäftigten Lehrpersonen können ebenfo wie die Angestellen
behandelt ' werden .
2 . Den verheirateten Angestellten , die infolge der
Mobiluachung in das Heer oder den Landsturu zum
Militärdienst einberufen werden oder die als in ihrer
Zivilstellung abkömmlich mit Genehmigung des Magistrats ,
die in jedem Falle vorher eingeholt werden muß , freiwillig
gewährt werden : 'eintreten, können
a) wenn sie am 1 . August l914 mindestens 1 Monat,
aber nicht länger als 2 Jahre iu städtischen Dieust
beschäftigt waren , 1/ der bisherigen Bezüge .
.