Sitzung am 30. Dezember 1913.
Stadtv.-Vers.
Schmidt herbeigeführt hätten, und daß sich bei diesen 33er«
suchen die Druckfestigkeiten wesentlich geringer ergeben
hätten als diejenigen, die von uns vorgeschrieben waren.
Meine Herren, ich habe doch den Verdacht, daß das gar nicht
der Kies tunt, welchen uns die Märkischen Sandwerke
zur Baustelle geliefert haben. Denn .Herr Schmidt erklärte
den Kies, der ihm znr Untersuchung geliefert ist, selbst
als mittleren Sand; er gibt an, daß die Rückstände, also die
Körner, über 2 min Größe, nur 18,2 pCt. betragen, während
das Materialprüsungsamt festgestellt hat, das; bei einem
Siebe von 9 Masche» auf einen Quadratzentimeter noch
55 pCt. und bei einem solchen von 90 Maschen 58 pCt.
Rückstand waren. Also dieses Material ist gar nicht
vergleichbar, und wen» in diesem Attest gesagt ist, daß
ein Fuhrmann es von der Kieler Straße geholt hat,
(Heiterkeit)
so ist jedenfalls nicht der Beweis erbracht, daß das ein
Kies ist, der bei uns zur Berwendung kam. Es handelt
sich um keinen Waggon, Herr Dr. Hahn, sondern um eine
Kahnladnug. Tie Märkischen Saudwerke liefern auch Kies
für Estrich und zum Putzen; in den oberen Lagen der
Kieslagen an der Löcknitz findet sich ein ganz feiner Kies,
den sie ebenfalls verkaufen, der aber nicht als Betonkies
von uns verwendet wird. Es ist vielleicht möglich, daß da
eine Verwechselung vorliegt.
(Heiterkeit.)
Jedenfalls stimmen dfe Resultate in keiner Weise überein.
Meine Herren, nach diesen vorzüglichen Ergebnissen des
Königlichen Materialprüfungsamts hat nun Herr Baurat
Nitzsche probeweise den Kies zur Verwendung zugelassen.
Als ich davon Kenntnis bekam, forderte ich zunächst ein
eingehendes Gutachten von der Bauleitung und war gleich
der Ansicht, daß die Sache von solcher Wichtigkeit iväre,
daß die Baudeputatiou darüber Beschluß fassen müsse.
Vorher hatte ich nun die Ehre, den Besuch der Kies
interessenten unter Führung ihres Rechtsbeistandes am
30. Oktober zu erhalten. Die Herren erklärten mir, daß
der Löcknitzkics minderwertig sei, daß ein öffentliches Inter
esse vorliege, weil die Stadt durch diesen Kies außerordent
lich geschädigt werde. Ich erwiderte den Herren, daß eine
genaue Untersuchung stattfinden würbe, die ja außerdem
zur Zeit schon eingeleitet sei, und daß das bisherige Ergebnis
gewesen sei, daß die von dem Prüfuugsamt gemachten
Versuche sehr gut ausgefallen seien, daß aber noch weitere
Feststellungen gemacht werden sollte» und alsdann die Bau
deputation einen Beschluß fassen werde. Die Herren wur
den von mir mit dem besten Dank für ihre Bemühungen
verabschiedet. Bei dieser Gelegenheit verriet nun einer der
Herren die eigentliche Absicht der Kiesinteressenten, und die
ging dahin, daß sie in ihrem Privatinteresse ganz außer
ordentlich durch das neu entdeckte Kieslager geschädigt wür
den, pnd daß sie deshalb auss äußerste dafür kämpfen
würden, daß dieser Löcknitzkics nicht zugelassen werde. Ich
sagte den Herren, daß wir gar keinen Einfluß hätten, welche
Firmen Siemens 6c ,Halste und Berger zu der Kieslieferuug
zuziehen; wir hätten nur mit diesen beiden Unternehmern
zu tun und hätten lediglich zu prüfen, ob der gelieferte
Kies gut sei und den Bedingungen entspreche.
Meine Herren, daß die Kiesinteressenten durch die
lebhafte Agitation, die sie eingeleitet haben, energisch ihre
Privatinteressen verfolgen, dürste vielleicht durch folgendes
illustriert werden. Im Rovember vorigen Jahres hatte sich
eine Vereinigung der Kiesinteressenten gebildet, die in erster
Reihe der Handelskammer gegenüber Normen feststellen
sollte für die Begriffe Bergkies, Flußkies und Baggerkies,
damit bei gerichtlichen Verfahren bestimmte Grundsätze fest
gestellt werden könnten. Nebenbei war als ein zweiter
Zweck auch die Vertretung der Interessen der Kiesinter-
essenten festgesetzt. Am 4. Februar hatte — nach An
gabe der Märkischen Sandwerke — der Vorstand in der
Versammlung der Kiesinteressenten einen Antrag einge
bracht, wonach beschlossen werden sollte, daß für die ver
schiedensten Sorten von Kies ein Mindestpreis festgesetzt \
werde, unter dem kein Mitglied weiterhin verkaufen sollte.
Dieser Antrag tvurde im Prinzip gegen den Widerspruch
der Märkischen Sandwerke beschlossen, und es wurde gleich
zeitig festgelegt, daß neue Offerten über den 12. Februar
hinaus nicht mehr abgegeben werden dürfen. Meine Herren,
das Datum ist interessant, weil 10 Tage später die Vergebung
unseres zweiten Loses stattfand;
(hört, hört!)
da sollten also höhere Preise festgelegt werden, und es sollte
jeder eine Abgabe an den Verein zahlen, der die Lieferung
bekam. Hierauf erklärten nun die Märkischen Sandwerke am
6. Februar ihren Austritt; er wurde von der Bereinigung
nicht akzeptiert, im Gegenteil, die Vereinigung schloß sie durch
Beschluß vom 14. Februar ans. Ueber diesen Gegenstand
herrscht zur Zeit ein Prozeß, auf den ich nicht näher eingehen
will. Dieser Beschluß der Vereinigung vom 4. Februar ist
nun infolge des Austritts der Märkischen Sandwerke wieder
rückgängig gemacht und aufgehoben worden. Aber da es sich
dabei um eine Erhöhung der Kiespreise handelte, so sieht es
nicht danach aus, als wenn dieser Beschluß gefaßt wäre, mit
öffentliche Interessen zu vertreten.
(Heiterkeit.)
Die Tiefbaudeputation hat nun in ihrer Sitzung vom
26. November zunächst den Fall eingehend geprüft und be
schlossen, den Baggerkies von der Löcknitz wegen seiner guten
Beschaffenheit als Betonkies für den Bau der Untergrundbahn
zuzulassen. Sie hat aber ferner beschlossen, das nur unter
der Bedingung zu tun, wenn ein Nachlaß im Preise von
50 3) pro Kubikmeter Beton erfolge. Der bauleitende Beamte
hatte wegen eines Nachlasses des Preises bereits ver
handelt, und die Unternehmer waren darauf nicht ein
gegangen. Wir beschlossen nun, von unserem Vertrag Ge
brauch zu machen und zu sagen: für den Fall, daß ihr diesen
Nachlaß nicht gewährt, seid ihr verpflichtet, uns wieder den
vorgeschriebenen Flußkies zu liefern. Die Unternehmer sind
dann darauf eingegangen. Sie erklärten auch, daß die Mär
kischen Sandwerke ihnen einen billigeren Preis gar nicht stellen
könnten, weil die ersten Anlagekosten sehr hoch gewesen seien.
Bekanntlich hatte vor den Märkischen Sandwerlen schon eine
Firma den Löcknitzkics aufgeschlossen, die aber nicht vorwärts
kam, weil ihr die nötigen Geldmittel fehlten.
Seit dieser Zeit ist nun bei der Nordsüdbahn der
Löcknitzkics verwendet worden, und damit ist Wohl die erste
Frage der Interpellation beantwortet.
Die zweite Frage, ob die Stadt irgend einen Nachteil
dabei gehabt hat, kann ich verneinen. Denn wir haben meiner
Ansicht nach bei gleich gutem Material noch Vorteil dadurch
gehabt, daß die beiden Firmen noch im ganzen zusammen
rund 37 000 cbm Beton herzustellen hatten und durch den
Preisnachlaß von 50 demnach eine Ersparnis von
18 500 M entsteht. Eine weitere Ersparnis tritt aber durch
den Umstand ein, daß dieserXLöcknitzkies vermöge seiner dich
teren Lagerung und verschiedenartigen Körnung weniger
Stampfverluste zur Folge hat, so daß wir pro Kubikmeter Beton
weniger Zement brauchen. Da wir den Zement liefern, so
haben wir eine Ersparnis, die je nach dem Mischungsver
hältnis von dem Bauamt auf 0,*o bis 0,so H pro Kubik
meter berechnet ist. Damit glaube ich auch die zweite Frage
beantwortet zu habe».
Ich möchte nur noch hervorheben, daß ich mich auch
anderwärts zu orientieren versucht habe, bei einer Gesellschaft,
die besonders hochwertige Materialien verwenden muß, weil
sie in dünnen Wandungen Beton ausführt, der hoher Druck-
und Zugbeanspruchung ausgesetzt wird. Das ist die Aktien
gesellschaft für Beton- und Monierbau. Sie hat mir auf
meine Anfrage folgendes mitgeteilt:
In Verfolg der Anfrage bestätigen wir hiermit, daß wir
für eine größere Anzahl Bauten unter anderen — die Kreis
wasserwerke Erkner, den Tiefkeller der Königlichen Universität
Berlin, die Massivdeckcn für die Technische Hochschule
Charlottenburg, die Massivdecken für die Baugewerkschule
Neukölln, das Eisenbetondach des „Nordstern" Schöneberg
usw. — den Löcknitzbaggerkies der Märkischen Sandwerke
in Berlin verwendet haben.
Die Beschaffenheit des Materials entspricht allen An
forderungen, die an einen guten Betonkies gestellt werden
können, und die Vorräte, welche z. B. auf dem Neubau der
Baugewerkschule lagern, lassen erkennen, daß der Löcknitz«
kies in bezug auf die Zusammensetzung dem früher von
uns gebrauchten Neiße« und Oderkies als gleichwertig zu
erachten ist.
(Hört, hört!)
Meine Herren, ich habe in Gemeinschaft der Herren
Stadtverordneten Bäsell und Leid das Kieslager an der
Löcknitz angesehen und kann nur sagen, daß sich dort ein
Material vorfindet, zu dem sich der Berliner Baumarkt
gratulieren kann. Ich kann nur wünschen, daß solche Lager
noch mehr aufgedeckt werden, weil dadurch die Preise wesent
lich herabgesetzt würden. Bei der weiteren Ausschreibung von
Losen für die Nordsüdbahn werden wir die Worte, daß nur