Der Ehrenbeamte steht im Singular intb die Stadtverord
neten im Plural; das ist doch nicht korrekt.
Nun heißt es weiter:
bei Ausübung seines Amtes einen Unfall . . .
Soll es sich bloß um einen unverschuldeten Unfall handeln,
oder soll auch ein durch den Beamten verschuldeter Unfall
ihm das Recht geben, Schadenersatz zu verlangen? Nach
den Bestimmungen der Unfallgesetze und zahlreicher Ge-
sellschaftsstntnten darf man annehme», daß der Ersatz sowohl
bei einem unverschuldeten als bei einem verschuldeten Unfall
zu gewähren sein wird. Das mag wohl mich schon durch
den Ausdruck „erleidet" gemeint sein. Eü ist aber auch
möglich, daß ei» Unfall von dem Beamten vorsätzlich herbei
geführt wird, nm einen Schadenersatz geltend zu machen.
In diesem Falle wird man natürlich jede Gewährung ab
zulehnen haben. Das gleiche wirb bei grober Fahrlässigkeit
geschehen müssen.
Meine Herren, es heißt weiter:
so Ivird der Magistrat ermächtigt, ihm . . .
„ihm" heißt dem Ehrcnbeamten persönlich. Daraus ist her
zuleiten, daß nur ihm allein und nicht auch seiner Witwe
oder seinen Kindern als solchen für den Fall, daß der Beamte
infolge des Unfalls verstirbt, Ersatz oder Unterhaltsansprüche
zugebilligt werden können. Ich will das ausdrücklich
konstatieren. Die Witwe oder die Kinder könnten nur als
Rechtsnachfolger des verstorbenen Ehemannes oder Vaters
wegen des diesem persönlich entstandenen Schadens in Be
tracht komme».
Was ist ferner als Schaden anzusehen? Man kann
sagen: ein Unfall wird in der Regel eine Körperverletzung
oder eine Sachbeschädigung im Gefolge haben. Aber bei
Gelegenheit eines Unfalls kann auch leicht ein Schaden durch
Diebstahl entstehen. Ob auch ein Ersatz wegen eines Dieb
stahls gewährt werden soll, geht aus der Vorlage nicht
hervor. Ich habe mich vorher mit dem Herrn Dezernenten
ins Benehmen gesetzt, und er hat mir erklärt, daß in der
Tat nicht nur der Schaden infolge Körperverletzung oder
Sachbeschädigung, sondern auch der Fall eines Diebstahls
gemeint sei. Nehmen wir an: infolge einer Explosion,
die im Gaswerke entstanden ist, oder infolge eines schweren
Sturzes wird der Ehrenbeamte bewußtlos und während der
Bewußtlosigkeit werden ihm Uhr und Kette, Portemonnaie
oder Portefeuille mit erheblichem Geldinhalt gestohlen. Ist
das ein Schaden, der durch den Unfall unmittelbar herbei
geführt ist? Im Grunde genommen doch nicht. Die Un
fallstatuten ersetzen einen solchen Schaden wohl ausnahmslos
nicht. Aber wenn von uns ein mittelbarer Schaden über
haupt soll ersetzt werden dürfen, z. B. auch durch Ein
nahmeausfall bei gewinnbringender Beschäftigung, so ist
dagegen nichts einzuwenden.
Daß jeder Fall, bei dem die Schadcnsleistung 2000 J6
übersteigt, in seinem ganzen Umfange der Stadtverordneten
versammlung unterbreitet werden muß, ist selbstverständlich
und braucht nicht näher erörtert zu werden.
Das Hauptbedenken, das ich habe, ist dies: es heißt
in der Vorlage:
ihm auf Antrag nach billigem Ermessen einen entstan
denen Schaden bis zur Höhe von 2000 M zu ersetzen.
„Nach billigem Ermessen". Man könnte vielleicht glauben,
aus diesen Worten gehe hervor, daß ein Rechtsanspruch
ausgeschlossen sein soll, daß es in das freie Belieben des
Magistrats oder der städtischen Behörden gestellt sein soll,
ob im Eiuzelfall ein Schaden zu ersetzen ist oder nicht. Die
Worte „nach billigem Ermessen" genügen mir hierfür nicht;
sie könnten sehr wohl dahin ausgelegt werden, daß bei der
Beurteilung des Falles, insbesondere der Höhe des An
spruchs, billiges Ermessen walten soll. Das schließt meines
Erachtens einen Rechtsanspruch noch nicht aus. Gedacht
ist sicherlich in der Vorlage dieser Ausschluß; allein das
Gedachte hat nicht unzweifelhaft Ausdruck gefunden. Das
ist unbedingt notwendig für den, der mit der praktische»
Rechtsprechung und deren Gefahren vertraut ist. Der Richter
nimmt nicht auf das bloß Gedachte Rücksicht, sondern nur
auf das unzweideutig zum Ausdruck Gelangte, und be
sonders bei Schadensansprüchen wird er naturgemäß geneigt
sein, sich des Verletzten anzunehmen. Die näheren Um
stände würden es auch leicht machen, zu einem klagbaren
Rechtsanspruch zu gelangen. Zunächst der Grund der Ent
stehung der Vorlage: der Ersatz für eine Unfallversicherung.
Ferner die Vollmacht für den Magistrat, die doch in der
Regel ein Rechtsverhältnis voraussetzt. Endlich die Vorlage
selbst, die einmal an sich in ihrer Existenz leicht als ein
verbindlicher Privatrechtstitcl, als Ersatz eines Mangels
im Gesetze gedeutet werden kann, und die Begründung btft
Vorlage, die geradezu auf eine Rechtslast hinweist. Den,«
im dritten Absätze heißt cs ausdrücklich: ft 1
Trotzdem halten wir es entsprechend der bisher geübte,,V
Praxis der Gemeindebehörden für billig, die Gefahre,,M
ans die der einzelne ehrenamtlich Tätige unmittelba»
durch seinen Berns erleidet, den stärkeren Schul»»
t e r n d e r Gesa in theil a u f z u erlegen, der sei»«
Arbeit gewidmet ist. ft]
Ich halte es deshalb zur Verhütung von Nachteilen inifti
Prozeßwege für notwendig, daß die lediglich moralisch«
Verpflichtung, die die Gemeinde übernehmen will, ist ganz»
unzweideutiger Weise zum Ausdruck gelangt. Bei der Be-ftc
urteilnng auch von rechtlichen Schadensansprüchen spiel!»
das „billige Ermessen" stets eine wichtige Rolle, da ei,,»
strikter Beweis nur selten erbracht werden kann und billiges»
Ermessen die Lücke im Beweis >zn ergänzen hat. In diese,,,»
Sinne könnten auch leicht die Worte der Vorlage „billiges»!
Ermessen" ausgelegt werden, wenn dieser Auslegung nicht»
durch eine klare Ausdrucksweise vorgebeugt wird. I
Ich habe es für notwendig gehalten, diese Gesichts-»
punkte zu betonen, damit nicht aus der allgemeinen Fass»»];»!
der Vollmacht Mißverständnisse und Verschiedenheiten iiil
der Anwendung entstehen, die leicht als Willkürlichkeit»
oder Bevorzugung im Einzelsall aufgefaßt werden könnte,,.»
ES liegt im Interesse aller Teile, daß man sich über den«
Umfang der Vollmacht klar ist. Ich bitte den Herrn Ver-»i,
tretet des Magistrats, eine Erklärung abzugeben, ob meineI
Ausführungen den Intentionen der Vorlage entspreche»»
oder nicht. | (
Oberbürgermeister Vermuth: Meine Herren, dielt
Bemängelungen des Herrn Vorredners sind nach meiner I
Auffassung mehr stilistischer Natur. Alles, was er als seine»
Meinung vorgetragen hat, begegnet sachlich durchaus dein»,
Einverständnis des Magistrats und ist vom Magistrat auch»
in demselben Sinne gemeint worden. I,
Wir haben — das darf ich gleich von vornherein be-M
merken — keinerlei Bedenken geltend zu machen, wenn etwa fc
in der Versammlung die Meinung bestehen sollte, daß die«
durch den Herrn Vorredner vorgeschlagene Fassung das, was I
der Magistrat beabsichtigt, deutlicher zum Ausdruck bringt.»
Jedenfalls kommt es nach unserer Auffassung auch nach bei» I
Antrag des Herrn Vorredners ebenso deutlich zum Ausdruck |j
wie in der Vorlage des Magistrats. I
Was zunächst die Frage angeht, ob ein Rechtsanspruch»
entsteht, so ist der Magistrat davon ausgegangen, daß eine»
Art von moralischer Pflicht besteht; unsere Ehreubeamteii, F
die sich in hingebender Weise dem Wohle der Allgemeinheit F
widmen, davor zu behüten, daß sie unverschuldet auch noch I
in Schaden geraten. Unverschuldet in dem Sinne, wie es I
das Gesetz auch sonst meint; denn wenn der Unfall etwa, 1
wie es im Gesetz zu heißen pflegt, vorsätzlich oder auch durch »
ganz gröbliches Verschulden herbeigeführt wurde, dann würde |t
vermutlich ein Schadenersatz nicht eintreten. Hierfür ist der |t
Magistrat in der Lage, die nötigen Voraussetzungen sich |i
selbst zu verschaffen; denn nach der Vorlage soll der Schaden I
nach billigem Ermessen ersetzt werden. Darin liegt alles, ft
auch die Möglichkeit, einen Schaden, dessen Ersatz' unbillig I
sein würde, unbillig im Sinne der Stadtkasse, von der Hand ftt
zu weisen. Wenn es der Herr Vorredner für nötig hält, ob- ft]
wohl in der Begründung ausdrücklich angegeben ist, daß eine I
Ersatzpflicht nicht besteht, in dem Tenor Ihres Beschlusses I
zu bringen, daß ein Rechtsanspruch nicht geschaffen werbe I
soll, so hasten wir von unserem Standpunkt aus keine I
Bedenken. ft,
Ebenso erscheint »ns die Fassung des letzten Satzes: ft
Ueberfteigt die Ersatzleistung diesen Betrag, so ist eine Be- ft
schlnßfassuug der Gemeindebehörde» erforderlich — »»bedenk- ft
sich; es ist von uns natürlich auch so gemeint worden, d. H. ft
in dem Sinne, daß wir nicht etwa von einem festgestellte,, ft,
Schaden von 4000 M unsererseits 2000 M bewilligen fti
können und den Rest dem Gemeindebeschlnß überlassen, ft
Das versteht sich von selbst. Wenn Sie glauben, daß es durch ft
den Antrag besser ausgedrückt ist, stelle ich anhnm, ihm z» ft
entsprechen.
Ich glaube, wir sind in der Sache völlig einig, und da I
ich gegen die Fassungen der von dem Herrn Vorredner be- »
antragten Aenderungen ebensowenig einzuwenden habe, wie »
ich es offen gestanden auch jetzt noch gegen die Fassung des M
Magistrats habe, so stelle ich ganz anheim, zu beschließe», »
wie Sie es für richtig halten.