Faden kannte im Ausschuß nicht weitergesponnen werben.
Ta die Herren Magistratsvertreter nämlich darauf hin-
wiesen, das; bereits ein Vertrag ohne Mietsentschädigung {
zwischen dem Verein und der Stadt betreffs Errichtung
einer Erfrischnngshalle am Görlitzer Bahnhöfe bestände,
der seinerzeit von der Stadtverordnetenversammlung ge
nehmigt wäre; man könne doch nicht zweierlei Verträge
wegen der verschiedenen Hallen abschließen.
Meine Herren, dann wurde ein dritter Grund der Ab
lehnung, und zwar ein für unsere Versammlung und unsere
Bevölkerung sehr triftiger Grund, nämlich die Platzfrage,
erörtert. Sie werden sich entsinnen, daß, als die Vorlage
an unsere Versammlung kam, die nicht sehr sorgfältige Vor
bereitung der Vorlage 'betreffs der Platzfrage mit die Ver
anlassung war, das; diese an einen Ausschuß verwiesen,
wurde. Es war nicht ersichtlich, wo diese Schutzinsel, auf
der die Erfrischungshalle erbaut werben sollte, denn eigent
lich wäre. Im Ausschüsse wurde von den Magistratsver
tretern an Hand eines Planes gezeigt, das; jene wunder*
schöne, mit Blumen und Sträuchern bepflanzte Rasenfläche,
also ein richtiges Gärtchen, das ganz >vv anders liegt als
vor dem Bahnhof, nämlich an der Ecke der Neustadtischen
Mirchftrnfsc und Georgenstraße, direkt vor den beiden Hotels
Elite und Continental, diese Erfrischungshalle aufnehmen
sollte. Es wurde im Ausschuß daraus hingewiesen, das;
eilte solche. Erfrischungshalle durchaus kein so kleines Ge
bäude wäre. Für das Haus vor dem Görlitzer Bahnhof
wird eine Grundfläche von 80 qm angegeben; es ist aber
ein ziemlich hohes Gebäude mit weit vorspringenden Dächern.
Es hat einen richtigen Küchenwirtschaftsbetrieb, so das; eilt
solches Haus einen schlechten Eindruck macht, eilte soge
nannte Verschandelung des ganzen Platzes herbeiführen
würde. Es wurde im Ausschüsse gesagt, es bestände auf
dem kleinen Rasenplatz bereits ein Zeitungskiosk, der jetzt
schon ein unschönes Stadtbild geschaffen habe.
Die Magistratsvertreter erklären, daß der Platz 1000 qm
groß sei. Das konnte im Ausschuß den Abend nicht nach
geprüft werden. Ich habe es aber als Referent für meine
Pflicht gehalten, dies zu tun, und gefunden, daß dem Herrn
Magistratsvertreter ein kleines Versehen passiert ist. Nicht
1000, sondern höchstens 720 qm ist der Platz groß. Nun
glaube ich doch, daß wir einen Platz in der dortigen Gegend,
der infolge seiner hübschen, wunderschönen Lage durch Licht
und Luft alle dort Anwohnenden sowie Passanten erfreut,
nicht wieder mit einem Gebäude bepflanzen sollten. Es
hat in Berlin Zeiten gegeben, wo die Stadtgemeinde dabei
ivar ich erinnere nur an den Neuen Markt —, alle alten
Schrägen, Schlächterverkaufsstellen usw. fortzunehmen. Und
nun beginnen wir, unsere Rasenflächen mit derartigen Ge
bäuden wieder zu belegen. Selbst wenn sie wohltätigen
Zwecken dienen, muß man doch fragen: bringen sie. nicht
mehr Schaden als Vorteil? Es kommt aber noch eins hinzu.
Die Verbreiterung und Vergrößerung des Friedrichstraßeu-
bahnhofes ist in ziemlich nahe Ferne gerückt. Es wird nicht
mehr lange dauern, dann muß diese Erfrischungshalle, wenn
sie kaum dort errichtet worden ist, wieder verschwinde».
Daß diese Halle auf den übrig bleibenden Teil des Rasen
platzes noch weiter hingesetzt werden könnte, ist rein un
möglich : sie würde dieses Schmnckplützchen vollständig zer
stören. Es ist im Ausschuß gesagt worden, es koste diese
Halle dem Verein 0000 bis 8000 -U, seine Finanzen seien
wenig bedeutend, und da wäre es wohl im Interesse des
Vereins selbst, wenn wir die Vorlage ablehnen würden;
wir würden ihm dadurch nur einen Vorteil gewähren; denn
es wäre ja nur eilte Galgenfrist, die dieser Erfrischungs-
Halle gewährt würde. Die Mehrheit des Ausschusses war
der Meinung, das; Plätze vor Bahnhöfen für solche Halle»
wohl zweckmäßig sind, aber daß nicht jeder Platz vor einem
Bahnhof, am allerwenigsten dieser hier, dafür geeignet wäre,
ans ihm die Halle zu errichten. Ich möchte. Sie daher im
Namen der Ansschnßmehrheit bitten, die Magistratsvorlage
abzulehnen.
Ztadtrat Berndt: Meine Herren, ich bitte Sie, die
soeben gehörten Ausführungen nicht ausschließlich für Ihre
Entscheidung maßgebend sein zu lassen, sondern auch noch
anderen Erwägungen Ihr Ohr zu leihen. Wie Sie aus
dem soeben gehörten Vortrage entnehmen, vollzieht -sich
die. Tätigkeit des Vereins auf gemeinnütziger Grundlage;
es handelt sich um ein gemeinnütziges Unternehmen, dessen
Zweck die Förderung der Volkswohlfahrt und der Volks
gesundheit ist. Nicht gewinnsüchtige Absichten, meine Herren,
leiten den Verein; ein Blick in die Statuten lehrt, daß er,
*
weitn er Gewinne macht, verpflichtet ist, sie in dem Sinne
seiner Bestrebungen und seiner Zwecke anzulegen und zu
verwenden. Ich glaube, ich kaun mir jedes Wort der Be
gründung dafür sparen, daß solche gemeinnützigen Bestre
bungen jedem sympathisch sind und die tatkräftige und nach«
I haltige Unterstützung und Förderung eines jeden, insbe-
j sondere aber einer Behörde und von Korporationen Per«
| dienen.
(Sehr richtig!)
Die Stadtverordnetenversammlung von Berlin, meine
Herren, ist deshalb auch allen diesen und ähnlichen Be
strebungen gegenüber seither stets willig und energisch und
fördernd entgegengekommen. In diesem speziellen Falle,
der uns hier beschäftigt, hat sie dem Verein gegenüber ihr
Entgegenkommen durch die Praxis und durch die Tat be
wiesen; sie hat bereits im November oder Dezember 1910
, dem Verein zu dem gleichen Zweck ein entsprechendes Ge
lände auf dem Spreewaldplatz unter äußerst liberalen Be
dingungen zur Verfügung gestellt, und sie betätigt ihr In
teresse für die Bestrebungen des Vereins auch dadurch, daß
sie, wie Sie aus dem Munde des Herrn Berichterstatters
gehört haben, dem Verein eilten jährlichen Zuschuß von
1000 M zukommen läßt. Die Bedingungen, unter denen
seinerzeit die Hergabe des Geländes ans dem Spreewald
platz erfolgte, gingen insbesondere dahin, daß die Gemein
nützigkeit des Unternehmens unter allen Umständen dauernd
gewährleistet bleiben sollte. Zu diesem Zweck hat der Verein
alljährlich Geschäftsbericht und Bilanz und sonstige Mittel
der Stadtverordnetenversammlung und der Stadt zu liefern,
die es ermöglichen, zu prüfen, ob dieser Grundsatz inne
gehalten wird. Die Prüfung geschieht eingehend, und bis
jetzt ist festgestellt, daß der Verein diesem Grundsatz durch
aus treu geblieben ist.
Meine Herren, wie Sie seither diesen Bestrebungen
Rechnung getragen haben, so, glaube ich, werden Sie es
auch in Zukunft tun, und ich habe die Zuversicht, daß Sie,
Ihrem seitherigen Verfahren getreu, auch heute handeln und
deswegen über den Antrag des Ausschusses hinweg das
Gesuch annehmen werden.
(Bravo!)
Für die Ablehnung des Ausschusses ist ausschließlich
und allein die Erwägung maßgebend gewesen, daß der
Platz nicht geeignet sei. Meine Herren, es ist selbstverständ
lich, daß auch wir im Magistrat uns in aller Ausführlich*
I feit gerade mit dieser Platzfrage beschäftigt haben, ebenso
wie. es vorher schon die Parkdeputation und die Tiefbau
deputation getan haben. Wir glaubten, daß keinerlei Be
denken bestehen sollten. Wir haben uns drei Fragen vor
gelegt: erstens, entspricht die Aufstellung an der erbetenen
Stelle einem Bedürfnis? zweitens, wirkt die Aufstellung
dort verkehrshindernd? oder drittens endlich, sind andere
Gründe, insbesondere in ästhetischer Beziehung, vorhanden,
die die Aufstellung nicht wünschenswert machen oder gar
verbieten, wird dort eine Verschandelung oder Verunzie
rung oder auch nur Beeinträchtigung des Stadt- und Platz
bildes durch die Aufstellung eintreten?
Was zunächst die Frage des Bedürfnisses anlangt, so
ist Ihnen ja allen bekannt, wie es auf beut Platze zugeht.
Es stehen eine Unmenge von Droschken dort; ant Bahnhof
Friedrichstraße ist der Endpunkt mehrerer Omnibuslinien;
auch der Passantenverkehr ist überaus rege. Die Nachbar
schaft des Bahnhofes tut das übrige. Ich glaube, diese
Gründe dürften ohne weiteres geeignet sein, die Bedürfnis-
frage im bejahenden Sinne zu entscheiden.
Weitn man die Bestrebungen des Vereins sich erfüllen
lassen will, wenn man. zu diesem Zweck die Genehmigung
zu solchem Häuschen erteilen will, so darf man selbstver
ständlich die Häuschen nicht in ruhige, abgelegene und be
schauliche Straßen und Ortsteile stellen, sondern selbst
verständlich doch nur dorthin, wo der Verkehr zusammen
flutet, allerdings immer wieder unter der einen Voraus
setzung, daß dadurch kein neues Verkehrshindernis geschaffen
wird, und dieses letztere, glauben wir, ist nicht der Fall,
ein Verkehrshindernis liegt nicht vor. Der Platz ist — es
ist ein Irrtum des Herrn Berichterstatters, der vielleicht
insofern erklärlich ist, als der Platz nicht der Stadt allein
gehört, sondern gemeinschaftliches Eigentum des Eisenbahn-
fiskus und der Stadt ist — der Platz ist nach den Berichten
der Tiefbauverwaltung 20x50 m groß, hat also eine ziem
lich respektable Größe, 1000 qm. Das Häuschen soll 4 m
breit und 7 m lang werden, also insgesamt eilte Fläche