Stadtv'.-Vers.
Mein durch seine Freunde erreicht fei. Ich habe vielleicht
Mrrn Kollegen Hermann mißverstanden; er deutet mir eben
Sich Kopfschütteln an, daß er das so nicht gemeint hat.
S Meine Herren, ich habe diese Tatsache angeführt, um
Irade in dieser Beziehung unserm früheren Oberbürger-
Jeister Dr. Kirschner den Dank abzustatten für die Sorge,
Eiihc und Beharrlichkeit, die er im Verein mit anderen
«gewandt hat, um dieses Werk ins Leben zu setzen, ein
Werk, dem so viele Hindernisse von allen möglichen Seiten
«reitet worden sind.
Eins muß ich aber hierbei hinzufügen: wenn Herr
lollege Heimann den Vergleich, den wir mit der Großen
»trahenbahn geschlossen haben, sehr abfällig beurteilt hat,
I bin ich von jeher einer von denjenigen gewesen, der
1 der vordersten Reihe in dem Kampf gegen die Große
«traßenbahngesellschast gestanden hat. Wir mußten aber den
Vergleich schließen, weil nns eine Uebernahme des von der
Gesellschaft betriebenen Unternehmens gar nicht möglich war,
li dazu die Zustimmung der Vorortgemeinden gehörte, die
liemals zu erreichen gewesen wäre; von anderen .Hindernissen
ftill ich schweigen. Meine Herren, ich kann es daher nur
18 ein rühmenswertes Werk erwähnen, daß unser Stadtrat
Ir. Mosse bei dem Abschluß dieser Vergleichsverhandlungen
I viel Mühe und Sorgfalt angewendet hat, um so günstige
Bedingungen durchzusetzen, wie sie für uns nur irgendwie
möglich waren.
(Sehr richtigst)
rr hat unter andern, auch durchgesetzt, daß sich zwischen den
lerschiedencn Linien unserer Straßenbahnen, die wir in den
lerschiedenen Teilen der Stadt haben, teils in unserem
heilen Namen, teils unter der Firma einer Aktiengesellschaft,
leren Aktien wir besitzen, eine Verbindung wird erzielen
mssen. Meine Herren, dieser Vergleich ist durch die große
Geschicklichkeit, Geschäftsgewandtheit und Rechtskenntnis des
Perm Dr. Mosse erzielt worden und ist unterstützt worden
litrch die Bemühungen, welche Kirschner, Fischbeck und ich
ln preußischen Landtage angewendet habe», um die Bedin-
ungen des Gesetzes so zu gestalten, daß diesen Vergleich ab
schließen möglich war. Es ist nun bekannt, daß Kirschners
Bestreben auf den Betrieb dieser Straßenbahnen immer ging,
wenn aber Herr Kollege Heimann diesen Vergleich so schmäht,
b will ich doch die Tatsache hervorheben, daß Kirschner durch
in von ihm abgegebenes Separatvotum, da er bei der da-
laligen Beschlußfassung beurlaubt war, später erklärt hat,
aß er bei der damaligen Lage der Verhältnisse diesen Ver
strich als durchaus vorteilhaft ansehen müsse und auch dafür
»stimmt hätte. Sie sehen also, wie objektiv Kirschner diese
piiige beurteilte.
Meine Herren, wir können über unsere Finanzlage nicht
wermütig sein; wir können sie nur als solide und gut be-
leichnen. Wir hoffen, daß wir bei der Grundsteuer und
Einkommensteuer' mit den bisherigen Erhebungen auskommen
sticrden. Es ist -merkwürdig, daß gerade aus diesem Um
stand uns nun sehr viel Neid, Uebelwollen und Mißbehagen
ston anderer Seite entgegengetragen wird.
(Sehr richtig!)
Den» gerade daß wir mit diesem Steuersatz auskommen,
wird als Argument benutzt, um uns allerlei unbillige Lasten
stufzuerlegen, die wir nicht zu tragen brauchten. Meine
Herren, das ist doch sonderbar. Was nützt denn das Gefühl
stes Neides? Man sollte doch froh sein, daß man eine
nesidenz- und Hauptstadt hat, in der es möglich ist, so vielen
Anregungen der Kultur, des sozialen Lebens zu genügen und
stoch durch gute Finanzverwaltung mit einem mäßigen Be
irage von Steuern auszukommen. Im übrigen hat mir
neulich eine sehr kompetente Persönlichkeit, der Vorsitzende
Her Vera'nlaguugskommissiou von Berlin, gleichzeitig mit der
Erlaubnis, dies hier anzuführen, erklärt, daß davon, daß wir
»it 100 pEt. auskommen, ltuül bloß unsere Bürgerschaft,
andern auch der Staat eine,immensen Vorteil hat. Noch
>er Ansicht dieses Herrn ist die Einschätzung der Bürger
Berlins eine im allgemeinen zutreffende und richtige, und es
verden dem Staat Millionen dadurch mehr gewonnen, daß
ine Ueberlastung mit Kommunalsteuerzuschlägen nicht statt-
indet. Denn es liegt in der Menschennatur, daß, wenn die
sesamthöhe der Steuern infolge eines geringen Zuschlages
ich in mäßigen Grenzen hält, die Darlegungen der Zensiten
>eit Stempel größerer Klarheit, Richtigkeit und Aufrichtigkeit
ragen, als wenn eine übermäßige Belastung mit Steuern
wrhanden wäre. Daher ist der Herr der Meinung, daß,
venn in Berlin das Einkommen für den Staat richtig ge
raffen ivird, das zum Teil gerade daran liegt, daß eine
Sitzung am 4. März 1913. 129
übermäßige Belastung mit kommunalen Steuerzuschlägen in
Berlin nicht herrscht.'
Meine Herren, wir wollen hoffen, daß wir einer gedeih
lichen Entwicklung unserer Gemeinde auch in Zukunft ent
gegengehen. Ich glaube, das wird der Fall sein, wenn wir
auf die Bedürfnisse der Neuzeit einerseits achten, andererseits
aber auch durch eine vernünftige Regelung unserer Finanzen in
die Lage kommen, so wie bisher allen neuen wesentlichen An
forderungen zu genügen, ohne durch eine zu große Anspannung
unsere gewerbstätige Bevölkerung mit einem Steuerdruck zu
belegen, den sie nicht ertragen kann, wenn sie sich einen ge
wissen Komfort des Lebens leisten und für die Zukunft etwas
zurücklegen will. Ich hoffe, daß unsere vereinte Tätigkeit
dazu führen ivird, dieses Ziel zu erreichen. Ich hoffe, daß
trotz aller unserer Neider, trotz aller unserer Bekrittler, trotz
aller böswilligen Vorwürfe, die mau uns macht, doch auf
lange Zeit hinaus unser Berlin an dem Himmel deutscher
Städte seinen Glanz auch für ferne Zukunft bewahren wird.
(Lebhafter Beifall.)
Oberbürgermeister Wermutb: Meine Herren, ich
spreche, insonderheit namens des Herrn Kämmerers, den
aufrichtigsten Tank aus für die Anerkennung, welche dem
Etatsentwurf zuteil geworden ist. Wenn sich auf der andern
Seite damit Kritik verbunden hat, so ist der Magistrat nicht
empfindlich dagegen. Im Gegenteil, es ist gut, daß hervor
gehoben wird, wie unsere Finanzverhältnisse noch immer
der Verbesserung fähig sind. Uneingeschränktes Lob kann
eine gute Finanzverwaltung durchaus nicht vertragen.
(Heiterkeit.)
Aber soviel ist sicher: wir haben es mit einem Etat zu tun,
der, ohne auffällige Erscheinungen zu zeigen, jhoch die
Bahnen einer gesunden Finanzpolitik mit ruhiger Sicherheit
wandelt.
Es ist nicht ganz leicht, die großen Zahlen so zurecht
zulegen, um das zu beweisen. Solche Endziffern muß man
immer erst ruhigen Sinnes und kritischen Auges eine ganze
Weile ansehen, bis sie sich in ihre Bestandteile auflösen und ihre
Gefährlichkeit verlieren. Und unser Etat gibt da ein kleines
Hemmnis. Ich würde sehr wünschen, daß es gelingen möchte,
das Extraordinarium in künftigen Jahren noch etwas über
sichtlicher zu gestalten als bisher.
(Sehr richtig!)
Diese Vermischung von dem, was man in anderen Etats
einmalige Ausgaben des ordentlichen Etats nennt, mit den
Anleihesätzen ist störend. Der Herr Kämmerer selbst hat des
wegen schon die Freundlichkeit gehabt, nns die Arbeit zu er
leichtern, indem er in seinen erläuternden Ziffern die Anleihe
posten zum erstenmal besonders zusammengestellt hat. Viel
leicht gelingt es, auch im Etat selbst darin noch eine größere
Deutlichkeit herbeizuführen.
Nun kann es ja im ersten Augenblick betroffen machen,
daß wir einen Fortschritt von 43 Millionen im Jahre 1913
gegen 1912 haben. Aber, wie gesagt, bei näherem Anblick
verliert diese Ziffer an Gefährlichkeit. Man muß zunächst
die 15 Millionen Mehreinnahmen und 10 Millionen Mehr
ausgaben für die Gaswerke ausscheiden; von ihnen sind nur
5 resp. 6 Millionen effektive Vermehrung, während der
Posten von mehr als 10 Millionen ein reiner durchlaufender
Posten ist, der sich in Abschnitt B des Etats der Gaswerke
findet und aus formalen Rücksichten noch immer weitergeführt
wird. Diese 10 bis 11 Millionen fallen im Grunde ganz fort.
Wirkliche Vermehrung enthalten die wichtigen Posten, die
aber, wirtschaftlich betrachtet, schon in früheren Jahren ent
standen sind: die Rate für die Nordsüdbahn mit 17,8 Millio
nen und dann der Posten für das Aufmarschgelände und den
Exerzierplatz an der einsamen Pappel zusammen mit etwa
0 Millionen Mark mehr, als im Vorjahre für gleiche Zwecke
ausgegeben wurde. Rechnet man diese Posten zusammen und
stellt natürlich auch eine Anzahl Posten in Gegenrechnung,
die dem Etat von 1913 zugute kommen, z. B. den Wegfall
der Rate für die vierte Irrenanstalt in Buch, den Wegfall
von Neubauten für die Wasserwerke, den Erlös aus einer
Markthalle und dergleichen mehr, dann ergibt sich ein voll
ständig normaler Fortschritt an Einnahme und Ausgabe.
Auch die Anleihe ist im allgemeinen als nicht ungünstig
zu bezeichnen. Sie hat zwar ein Mehr von l2 Millionen Mark
gegen das Vorjahr; sie beträgt dieses Jahr 46,t Millionen
gegen 34,2 Millionen int Vorjahre. Aber auch hier spielen
wieder die Rordsüdbahn mit fast 18 Millionen und die vorher
erwähnten Gelände ihre Rolle. Wenn man die Unterschei
dung zwischen werbenden und Nichtwerbeuden Anleiheschulden
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