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Volume No. 4, 1. Februar 1912

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue39.1912 (Public Domain)

darum bitten, das; hie Interpellation erst in 14 Tagen beant 
wortet wirb. 
(Zustimmung.) 
Wir treten in hie Tagesordnung ein. Herr Arick führt die 
Rednerliste. 
Erster Gegenstand der Tagesordnung: 
Berichterstattung des Ausschusses zur Vorbereitung 
a) -er Neuwahl der ständigen Ausschüsse der Versammlung, 
l») der Abordnung der Mitglieder der Versammlung in die 
BerwaltungSdedutationeu und Kuratorien. 
«) der Zuteilung der Stadtbezirke an die Mitglieder behufs 
der Erledigung der Wahlsachen rc. 
d) der Besetzung freigewordener Stellen in einigen Aus 
schüssen und gemischten Deputationen aus dem Jahrelvll. 
— Vorlage 74. 
Berichterstatter Stadtverordneter Liebenow: Der eingesetzte 
Ausschuß ist bei der Besetzung der Deputationen zunächst von dem 
Grundsatz ausgegangen, das; diejenigen Kollegen, welche bereits in 
den Verwaltungsdeputationen waren und darin zu bleiben wünschen, 
möglichst darin bleiben sollen. 
Sodann ist im Ausschuß angeregt worden, die Zahl der Mit 
glieder der einzelnen Verwaltungsdeputationeu .möglichst nach der 
Stärke der Fraktionen zu besetzen. Da sich dies nicht in allen Fällen 
machen ließ, so soll in der Folge bei Neubesetzungen von Deputa 
tionen Rücksicht darauf genommen werden. 
Nach diesen Grundsätzen ist das Tableau, welches Sie erhalten 
haben, zustande gekommen, und ich bitte Sie, es so zu genehmigen. 
Nachträglich haben sich aber noch einzelne Aenderungen durch 
Einigung von Kollegen untereinander vollzogen. Bei Nr. B 27, Kura 
torium für hypothekarische Beleihung aus Stiftungsfonds, hatte der 
Ausschuß Herrn Gohlicke gewählt; nach einer Aussprache wird aber 
gewünscht, daß Herr George in dieser Deputation bleibe und Herr 
Gohlicke wieder ausscheide. 
Etwas ähnliches ist der Fall bei Nr. 30, dem Kuratorium für 
das Jubelstipendium iu der Luisenschule. Hier wird an Stelle des 
Herrn Leis Herr Hahn vorgeschlagen. Bei Nr. 62, der gemischten 
Deputation zur Verteilung von 6400 M an Studierende der Univer 
sität, ist Herr Frick gewählt worden; er wünscht aber zurückzutreten 
zu Gunsten des Herrn Dr. Knauer. 
Ferner wird mir noch soeben eine Aenderung überreicht zu 
Nr. 33, der Deputation für die städtischen Krankenanstalten. Herr 
Dr. Kuhlmann wünscht auszuscheiden, und Herr Dr. Landau wünscht 
einzutreten. 
Ich bitte Sie, die Anträge des Ausschusses mit allen diesen Aen 
derungen zu genehmigen. 
(Die Versammlung beschließt demgemäß.) 
Bei der Verteilung der Stadtbezirke werden noch folgende Aende 
rungen gewünscht: Herr Dr. Levy I, der bisher den Stadtbezirk 13 
hatte, wünscht ihn an Herrn Kollegen Leis abzutreten, welcher in 
demselben wohnt und dort sehr bekannt ist. Tann möchten die 
Herren Drescher und Bäsell die Stadtbezirke 263 und 265 gegen die 
Bezirke 268 und 269 umtauschen. Herr Tolksdorf möchte den 
Stadtbezirk 106 übernehmen, den bisher Herr Iden hatte. Dieser 
wünscht, ihn nicht abzutreten, und infolgedessen kann diese Aenderung 
nicht genehmigt werde». 
Daun teilt Herr Grunwald mit, daß die ihm zugewiesenen Stadt 
bezirke 246 A und D Herrn Fischer übertragen werden möchten, welcher 
damit einverstanden ist. 
Ten Bezirk 285 wünscht Herr Geriete abzugeben, und Herr 
Bötticher wird ihn übernehmen. 
Ich bitte Sie, auch diese Aenderungen zu genehmigen. 
Stadtverordneter Tolksdorf: Ich hätte sonst nichts gegen die 
Verteilung der Bezirke einzuwenden; aber ich sehe nicht ein, warum 
ein Kollege sieben Bezirke und ein anderer viel weniger haben muß. 
Ich habe gewünscht, den «Bezirk 106 hinzuzunehmen, weil dadurch 
ein geschlossenes Karree entsteht, und ich meine, diesen Wunsch könnten 
Sie wohl genehmigen. 
Stadtverordneter Iden; Der Stadtbezirk 106 ist ein alter 
Bezirk, den ich schon lange habe, und ich möchte diesen Stadt 
bezirk, wo alle meine Bekannten wohnen, wo ich groß geworden 
bin, unter keinen Umständen abgeben. Herr Tolksdorf ist ja immer 
zufrieden gewesen, und wenn er sieh vorher mit mir in Verbindung 
gesetzt hätte, so hätte ich ihm vielleicht ieinen anderen Bezirk ab 
gegeben, aber unter keinen Umständen den Bezirk 106. 
(Heiterkeit.) 
Vorsteher Michelet: Die letzten Worte des Kollegen Iden können 
wir wohl so nicht akzeptieren; denn das letzte Wort hat ja immer 
die Versammlung. Insofern aber ist der Wunsch des Kollegen Iden 
gerechtfertigt, weil wir nach dem Prinzip verfahren sind, daß jemand, 
der einen Bezirk lange Jahre gehabt hat, nicht gezwungen wird, 
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ihn abzutreten. Es haben sich ja bei manchen Bezirken einzelne 
Wünsche geltend gemacht; ich glaube aber, die können wir nicht im 
Plenum austragen, sondern wollen es den Herren überlassen, unter 
einander in der Zwischenzeit zu tauschen. 
(Zustimmung.) 
(Die Versammlung beschließt nach den Anträgen des Ausschusses 
und des Berichterstatters.) 
Zweiter Gegenstand der Tagesordnung: 
Berichterstattung über die Vorlage, betreffend den Abschluß 
eines Vertrages mit der Allgemcinen Elektrizitätsgesellschaft 
wegen des Baues einer Schnellbahn Gesundbrunnen—Ripdorf. 
— Vorlagen 15 und 75. 
Hierzu ist ein Antrag von den Herren Dr. Arons und Genossen 
eingegangen: 
Die Versammlung wolle beschließen, unter Ablehnung der Vor 
läge 75 den Magistrat um eine Vorlage zu ersuchen, nach welcher 
eine Schnellbahnverbindung zwischen Gesundbrunnen und Rixdors 
in eigener Regie der Stadt gemeinde' Berlin sowohl für den Ban 
wie für den Betrieb geschaffen wird. 
Berichterstatter Stadtverordneter Sonncnfeld: Durch Be 
schluß vom 18. Januar d. Js. ist der Streit über die Frage, ob die 
ganze Strecke als Untergrundbahn gebaut werden soll, oder ob der 
Norden eine. Hochhahn erhalten möge, beendet worden durch die 
Stellungnahme dahin, daß au der Linienführung nichts geändert 
tvird, paß vielmehr der Norden Berlins die Hochbahn, der andere 
Teil die Untergrundbahn erhält. Diese Frage hat daher den Aus 
schuß nicht weiter zu beschäftigen gehabt. Die «Aufgabe des Aus 
schusses bestand lediglich darin, den Vertrag zu prüfen nach den recht 
lichen Sicherheiten, die er der Stadtgemeinde Berlin gewährt, nach 
den materiellen Vorteilen, die er den Benutzern bietet, und wir 
haben uns im Ausschuß sehr schnell dahin verständigt, daß zu 
nächst einige Schönheitsfehler zu beseitigen wären, die darin bestanden, 
daß falsche Paragraphen zitiert waren. 
Wir haben uns auch zum Nachteil der Stadt Berlin dahin 
einigen müssen, daß wir nicht für 42 Millionen, sondern für 42 V-- 
Millionen zu hasten haben. Aber das war eine notwendige Konse 
quenz; es hat sich hier lediglich um einen Rechenfehler gehandelt, 
der sich vielleicht auf einen Druckfehler zurückführen läßt. 
Eine wichtigere Bestimmung bestand darin, daß die AEG befugt 
sein soll, für alle Lieferungen, die sie der neu zu gründenden Aktien 
gesellschaft machen ivird, einen Aufschlag von einem Viertel der 
Selbstkosten, also von 25 pCt., sich zuzuführen. Im Ausschuß meinte 
mau, daß dieser Gewinn zu hoch sei, und zwar einmal, weil nach 
Lage der Branche gar nicht regelmäßig ein Verdienst von 25 pEt. 
erzielt werde, weil es hinreiche, wenn man der AEG einen Verdienst 
von .20 pCt. zusichere, und es ist zweitens die Herabsetzung des 
Verdienstes der AEG gefordert worden, weil auch die Stadt Berlin 
im § 7 eine Reihe von Leistungen für .diese künftige Aktiengesell 
schaft übernommen und sich verpflichtet hat, ihre eigenen Leistungen 
mit sehr viel geringerem Verdienst abzugeben, der bis 5 pCt. her 
untergeht. Wenn sich die Stadt Berlin mit 5 pCt. Aufschlag be 
gnügen muß, der nicht einmal reiner Verdienst ist, sondern Regie 
kosten mit enthält, dann schien es uns angemessen zu sein, von der 
AEG zu verlangen, daß sie nicht über >20 pCt. hinausgehen darf. 
Es bedeutet das freilich eine Minderung des Gewinnes der AEG, 
aber eine so gerechtfertigte, daß der Ausschuß einstimmig der Meinung 
war, daß die AEG unbedingt auf einen Mehrgewinn über 20 pCt, ■ 
hinaus verzichten müsse. Wir haben das umsomehr von der AEG 
gefordert, als wir im Ausschuß alle anderen (Anträge ablehnten, 
die eine höhere Belastung der AEG oder der zu begründenden Aktien 
gesellschaft beabsichtigten. Es war der Wunsch ausgesprochen worden, 
das; der Zehnpfenuigtarif nicht bloß gelten solle für vier Stationen, 
sondern für fünf Stationen. Es war ferner gewünscht worden, daß 
eine größere Tarifgemeinschaft mit anderen Konkurrenzbahnen herbei 
geführt werden sollte. Wir haben in beiden Beziehungen davon 
Abstand genommen, weil wir geglaubt haben, hierdurch ein Scheitern 
der Vorlage herbeizuführen aus Gründen, die wir dann vom Stand 
Punkt der AEG als ungerechtfertigte nicht betrachten können. Um 
somehr aber mußten wir darauf bestehen, daß die AEG sich hier 
mit 20 pCt. begnüge. 
'Es ist im Ausschuß weiter gefordert worden, daß der verbilligte 
Tarif für die Morgenstunden vor 7 Uhr ausgedehnt werde bis zu 
7r/a oder 8 Uhr. Wir haben davon Abstand genommen, weil uns 
seitens des Magistrats mitgeteilt wurde, daß in dieser Richtung 
noch Verhandlungen stattfinden sollten, deren Ergebnis wir in der 
heutigen Sitzung wohl erfahren werden. 
Eine nach meinem Dafürhalten bedeutungsvolle Bestimmung ist 
von dem Ausschuß dem Vertrage eingefügt worden, daß nämlich 
die Arbeiter für die Bauausführung nach den Sätzen eines allge 
mein anerkannten Tarifvertrages bezahlt werden müssen. Damit die 
Frage nicht streitig werden könne, welcher Tarifvertrag als allgemein 
anerkannt zu gelten hat, ist von uns die Bestimmung angenommen 
worden, daß ausschließlich der Magistrat darüber zu entscheiden habe.
	        
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