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Volume No. 12, 28. März 1912

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue39.1912 (Public Domain)

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sind. Man kann allerdings nicht wissen, in welcher Zeit sich ein 
solches Unternehmen so entwickeln wird, das; inan es für fertig halten 
muß. Die kolossalen Summen, die in dieses Unternehmen hineingesteckt 
werden müssen, wenn es zu einer guten Entwicklung kommen soll, 
wie Herr Hagenbeck sie sich denkt, fordern wahrscheinlich ein lang- 
sames Fortschreiten des Werkes. Ich glaube also allerdings, das; 
man schon für die Fertigstellung eine gewisse Frist geben muß, iinb 
daß danach die obige Frist nicht lang ist. Wenn der Unternehmer sich 
geirrt hat in seiner finanziellen Berechnung und schon während dieser 
Zeit aus der Sache wieder herauskommen will, dann haben wir 
gesagt: wir wollen eine Gewinnbeteiligung haben. Es soll damit 
bor der Oefsentlichkeit konstatiert werden: mir geben das Geld nur 
solange her, wie der öffentliche Gesichtspunkt dabei nicht vernach 
lässigt wird, sonst ist cs Spekulatioussnche. Wenn die Herren im 
Ausschuß 20 Jahre statt 15 vorschlagen, so wird das eine Sache 
sein, über die man sprechen kann. Es wäre aber ein falscher Gesichts 
punkt, wenn man der Sache gleich von vornherein den Vorwurf der 
Terrainspekulation entgegenstellte. In der Seele eines andern kann 
niemand lesen; aber der Name Hägenbeck, der mit ganz andern 
Werten und Begriffen verbunden ist als mit denen der Terrain 
spekulation, sollte uns veranlassen, einem Manne, der ein ähnliches 
Unternehmen anderswo besitzt und auch bei uns versuchen will, nicht 
entgegenzuhalten: aha, wieder ein Terrainspekulant! Für mich 
bietet der Name Hagenbeck an sich eine Art Garantie. Ein Mann, 
der sich seit früher Zeit dieser besonderen Art des Unternehmertums 
gewidmet hat, scheint mir über den Verdacht erhaben, das; er in Berlin 
nur eine Terrainspekulation machen wolle. 
Dann ist gesagt worden, daß durch dieses Unternehmen der Zoo 
logische Garten gefährdet werden könne. Darauf kann ich nur mit 
dem Herrn Vorredner antworten: Berlin ist groß genug, um zwei 
solche Unternehmungen zu vertragen, zumal zwei mit so verschiedenen 
Zwecken. Wenn so große Unternehmungen irgendwo ins Werk gesetzt 
werben, muß eine Weltstadt die Möglichkeit zulassen, das; das in ihren 
Mauern geschieht. Wir sollten uns auch deswegen nicht widersetzen, 
weil unsrer Weltstadt dadurch ein Zuwachs an interessanten Sehens 
würdigkeiten geboten ivird, der auch Fremde anlocken wird. Das 
Innere Berlins entwickelt sich immer mehr und mehr zu einer City, 
also müssen wir dafür sorgen, daß wenigstens die großen Ver 
gnügungsstätten nicht ans Berlin hinausgehen, sondern in Berlin 
bleiben. 
Ich schließe damit: auch ein Weg dazu, das Terrain der Jungfern 
heide an Berlin zu bringen, ist dieses Unternehmen; das steht ja auch 
am Anfang unsrer Vorlage; denn ohne die Eingemeindung dieses 
Terrains wären wir ans das Projekt nicht näher eingegangen. Ich 
bitte Sie also, gehen Sie mit Wohlwollen an die Sache, lassen Sie 
uns im Ausschuß versuchen, sie zu verbessern, aber treten Sie nicht 
auf den Standpunkt des ersten Herrn Redners, der darin nichts als 
eine verkappte Terrainspekülation gesehen hat! 
(Bravo!) 
Stadtverordneter Hildcbrand: Meine Herren, meine Freunde 
haben beschlossen, die Vorlage ohne Ausschuß anzunehmen; aber 
wir werden uns dem Antrag auf Ausschuß nicht widersetzen. 
Es ist von verschiedenen Rednern gesagt worden, welche An 
ziehungskraft dieser Tierpark ausüben werde. Wir glauben auch, 
das; der Tierpark auf den Fremdenverkehr einen großen Einfluß 
üben wird. Wir, die wir die Ausstellung von 1800 in Treptow ge 
sehen haben, haben bedauert, daß die Ausstellung nicht endgültig 
in Berlin geblieben ist. Jetzt ivird uns die Gelegenheit geboten, 
einen Ausstellungspark in Berlin zu gründen, und da meinen meine 
Freunde, mir sollen dieser Vorlage zustimmen, weil die Sache finanziell 
für die Stadt keinen Schaden bringen kann. Der Herr Bürgermeister 
hat schon gesagt, welche Kapitalien von dem Unternehmer investiert 
werden sollen. Das ganze Unternehmen ivird, ivenn es fertig ist, 
zirka 8»/ 2 Millionen kosten. Wir stehen mit der ersten Hypothek hinter 
2 500 000 M und hinter der Stadt steht noch ein Privatkapital von 
40/2 Millionen. Es liegen also absolut keine finanziellen Bedenken 
vor. Meine Freunde werden sich aber nicht gegen den Ausschuß 
sträuben. Ueber alles weitere werden wir uns im Ausschuß unter 
halten können, und ich bitte Sic um Annahme des Antrages aus 
Ausschuß. 
(Die Versammlung beschließt die Einsetzung eines Ausschusses.) 
Vorsteher Michelet: Meine Herren, es ivird mir eben mit- 
geteilt, das; Herr Sachs aus dem Ausschuß aus,zutreten wünscht, 
der die Neuwahl eines Stadtrats vorbereiten soll, und daß an seine 
Stelle Herr Galland zu treten wünscht. 
(Die Versammlung beschließt demgemäß.) 
Vierter Gegenstand der Tagesordnung: 
Vorlage — zur Kenntnisnahme —. betreffend die aufzu 
nehmende Anleihe. — Vorlage 296. 
(Die Versammlung nimmt Kenntnis.) 
Fünfter Gegenstand der Tagesordnung: 
Vorlage — zur Kenntnisnahme —, betreffend die zum Jahres 
abschlüsse über die Markthallcnverwaltnng für das Rech 
nungsjahr 1909 gestellte Anfrage. — Vorlage 297. 
Ich stelle den Antrag, diese Vorlage dem Rechnungsausschuß 
zur Vorberatung zu überweisen. 
(Die Versammlung beschließt demgemäß.) 
Sechster Gegenstand der Tagesordnung: 
Vorlage zur Beschlußfassung —, betreffend die Genehmi 
gung zweier Verträge über den Verkauf von Grundstücken 
der fiskalisch-städtischen Vergwcrksfozietät Rüdersdorf. — 
Vorlage 298. 
(Die Versammlung beschließt nach dem Antrage des Magistrats, 
wie folgt: 
Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß die der 
Magistratsvorlage vom 19. März d. Js. beigefügten, zwischen der 
Königlichen Berginspektivn Rüdersdorf in Kalkbergc als Vertreterin 
der fiskalisch-städtischen Bergwerkssozietät daselbst und der Kreditbank 
Kalkberge e. G. 1». b. H. in Kalkberge sowie dem Bauerngutsbesitzer 
Franz Matthes zu Rüdersdorf abgeschlossenen Kaufverträge vom 
10. und 13. Januar 1912 genehmigt worden. 
Der ans die Stadt Berlin entsallende x / 0 Anteil des Kaufgeldes 
soll beim Grundstückserwerbungsfonds vereinnahmt werden.) 
Siebenter Gegenstand der Tagesordnung: 
Vorlage — zur Beschlußfassung —, betreffend den Ankauf 
des sogenannten 3. Eierhäuschens in Treptow. — Vorlage 299. 
(Die Versammlung beschließt nach dem Antrage des Magistrats, 
wie folgt: 
^Die Versammlung erklärt sich mit dem Ankauf des auf dem vor 
gelegten Plane rot angelegten Grundstücks, des sogenannten 3. Eier- 
hüuschen in Treptow, zum Preise von 180 000 M und unter den in 
der Magistratsvorlage vom 21. März 1912 näher bezeichneten Be 
dingungen einverstanden und bewilligt das Kaufgeld und die Kosten 
des Kaufgeschäfts aus dem Grundstückserwerbungsfonds.) 
Achter Gegenstand der Tagesordnung: 
Vorlage — zur Beschlußfassung —, betreffend Erhöhung der 
vertragsmäßig zu leistenden Vergütungen für die in städtischen 
Anstalten beschäftigten Biktoriaschwestern. — Vorlage 300. 
Hierzu stellen die Herren Kollegen Körte und Genossen folgen 
den Antrag: 
Wir beantragen, dem Biktoriahaus für Krankenpflege für 
Schwestern und Oberschwestern den vollen, nach dem für städtische 
Schwestern gezahlten Gehältern sich ergebenden Durchschnittssatz 
neben dem erhöhten Kostgelde zu gewähren. 
Stadtverordneter Dr. Wehl: Meine Herren, gegen diese Vor 
lage haben meine Freunde nichts wesentliches einzuwenden; denn 
wir stehen selbstverständlich auf dem Standpunkte, daß das Pflege 
personal, mögen es nun Pfleger, Wärterinnen oder, wie hier, 
Schwestern sein, für ihre Tätigkeit so bezahlt werden sollen, wie cS 
der so überaus verantwortlichen, aufopferungsvollen und ent 
sagungsreichen Tätigkeit am Krankenbette nur zukommt. Allein 
ich muß doch sagen, daß mir die Maßnahme des Magistrats, im 
Gegensatz zur Krankenhausdeputation, auf den Kops der Schwester» 
40 M in Abzug zu bringen, sehr kleinlich erscheint, und ich be 
grüße den Antrag der Herren Kollegen Körte und Genossen, die das 
wieder gut machen wolle». Wenn wir uns früher darüber unter 
hielten, in welcher Höhe die Bezüge der Viktoriaschwestern normiert 
werden solle», dann ist meines Wissens nie davon die Rede gewesen, 
das; wir vor langen Jahren einmal größere Summen dem Viktoria 
Hans zur Verfügung gestellt haben, niid daß nunmehr die Schwestern 
sich eine Kürzung ihrer Bezüge gefallen lassen sollen, weil dein 
Mntterhause vor Nunmehr 21 Jahren ein Gelände an der Lands 
berger Allee, Ecke Matthiasstraße, kostenlos überwiesen und zugleich 
eine Bausumme von 130000 M, zur Verfügung gestellt wurde. 
Schließlich haben diese armen Mädchen unmittelbar keinen Vorteil 
davon; wie gesagt es ist jedenfalls kleinlich. Meine Freunde werden 
also dem Antrag des Herrn Kollegen Körte ihre Zustimmung geben, 
und ich möchte den Magistrat bitten, wenn ein Beschluß in diesem 
Sinne zustande kommt, diesem Beschluß seine Zustimmung nicht 
vorzuenthalten. Allerdings haben wir ja sonst häufig erlebt, das; 
unser Magistrat in kleinen Dingen sehr groß ist; aber ich glaube, 
hier, wo es sich um unsre Krankenschwestern handelt, ist es nicht 
angebracht, in eine solche Kürzung einzuwilligen, die doch im ganzen 
nur wenige tausend Mark ausmacht. 
Aber, meine Herren, ich habe in dieser Frage das Wort eigent 
lich nur deswegen genommen, weil ich in der Magistratsvorlage 
ein wesentliches Moment vermisse, das bei der Erörterung dieser 
Frage in der Krankenhausdeputation zur Sprache gekommen ist, 
und ich bin ganz verwundert, daß in der Vorlage mit keinem Worte
	        
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