18, sondern 19 m breit werden. Die Schlußfolgerung liegt doch auf
der Hand, daß diese Verbreiterung den Bedürfnissen entsprechen wird,
nachdem die beiden Engpässe von 12 m beseitigt sind.
(Sehr richtig!)
Herr Kollege Schulz spricht immer von einer großzügigen Ver
kehrspolitik. Läßt sich denn die großzügige Verkehrspolitik nur mit
dem Metermaß messen?
(Ja!)
— Nein! Da muß noch gar manches andere hinzukommen. Wenn
der Herr Kollege Schulz das Metermaß an die Leipziger Straße an
legt und dann die Prenzlauer Straße damit vergleicht, so sind das
doch ganz verschiedene Dinge.
(Widerspruch.)
— Sie haben die Leipziger Straße genannt. Wir müssen doch berück
sichtigen, daß die Leipziger Straße gar keine Parallelstraßen hat, um
den Verkehr zu verteilen,
(lebhafter Widerspruch)
und es wird hier immer außer Acht gelassen, daß eine Parallelstraße
der weit weniger belebten Prenzlauer Straße die auf 24 m zu ver
breiternde Neue Königstraße ist. Diese Neue Königstraße nimmt den
stärksten Verkehr von Weißensee auf, wird ihn in alle Zukunft vor-
pgsweise aufnehmen. Der Hauptverkehr nach der Peripherie ist ja
er mit Weißensee und wird es immer bleiben, und der Verkehr nach
Pankow und weiter geht nicht ausschließlich durch die Prenzlauer
Straße, er wird auch durch die Weidinger- und Kaiser Wilhelmstraße
abgelenkt.
Meine Herren, ich kann schließen: wer die Zukunft der Prenzlauer
Straße im Auge hat, wer der Prenzlauer Straße wohl will, der
suche das zu verwirklichen, was momentan zu verwirklichen ist. Der
Magistrat wird unserm Beschlusse von 24 m nicht beitreten; also
müssen wir, wenn wir die Zustände in der Prenzlauer Straße bessern
wollen, das beschließen, was zu erreichen ist: 19 m. Die 1 1 / 2 Millionen
unnötiger Mehrkosten können wir für dringendere Aufgaben besser
verwenden.
(Beifall und Widerspruch.)
Stadtverordneter Werner: Meine Herren, die Mehrzahl
meiner in der heutigen Fraktionssitzung anwesenden Freunde hat
beschlossen, sich dem Magistratsantrag anzuschließen.
Als Bewohner Berlins kennen wir den Alexanderplatz mit allen
Zufahrtsstraßen. Ein Grund, der mir zunächst gegen die übermäßige
Verbreiterung der Prenzlauer Straße zu sprechen scheint, ist der:
als im das Scheunenviertel niederlegten, hatten wir die Absicht,
den Verkehr von der Prenzlauer Straße nach der Kaiser
Wilhelmstraße abzulenken, und wir haben mit vielen Kosten diese
und die Weydingerstraße angelegt. Nun ist dieses Projekt noch nicht
durchgeführt; da wollen wir den Verkehr wieder unterbinden, den
starken Verkehr nach dem Alexanderplatz noch verstärken und die
Absicht, ihn nach der Kaiser Wilhelmstraße abzulenken, vereiteln.
Das kann doch Ihr Wille nicht sein!. Wir haben das Geld für einen
bestimmten Zweck ausgegeben und sollen jetzt ngues Geld ausgeben,
um diesen Zweck zu vereiteln.
Dann ist von den Interessenten gesprochen worden. Es kommt
doch darauf an, wie man den Interessenten die Sache vorträgt. Die
Interessenten denken immer, uns hingen noch wie in den Jahren
1895 bis 1900 die Tausendmarkscheine aus den Taschen. Wenn
wir bedenken, daß wir im Jahre 1904 350 Millionen Anleihe gehabt
haben, und daß wir nach Begebung der jetzigen Anleihe 800 Millionen
Schulden haben werden, so muß man fragen: wo soll diese Pro
gression hinführen? Ich habe mir erlaubt, im Anleihcausschuß
auszuführen, daß, wenn wir die Anleihe, die wir heute beschlossen
haben, ausgegeben haben, die Einkommensteuer, sofern wir das
Bedürfnis der heutigen Anleihe gleichmäßig auf Grund-, Einkommen»
und Gewerbesteuer verteilen, allein um 12*/» pCt. steigen wird.
Ich möchte dabei wegen der anderen Steuern vorausschicken,
daß die heutige Anleihe allein zur Verzinsung und Tilgung 18 Milli
onen in Anspruch nimmt, 4 pCt. für Verzinsung, 2 pCt. zur Til
gung. Von diesen 18 Millionen ist uns berechnet worden, daß
wahrscheinlich 6 Millionen aus werbenden Anlagen gedeckt werden,
so daß 12 durch die Steuern aufzubringen sind. Was heißt das
nun: aus den Steuern aufbringen? Sie wünschen doch alle nicht
die Einkommensteuer zu erhöhen, weil dann die Wohlhabenden ab
ziehen; auch die Gewerbesteuer nicht, weil dann die Gewerbetreibenden
abziehen. Was bleibt dann übrig? Dann bleibt uns nur übrig, alles
auf die Grundsteuer zu werfen, und ist spreche ein offenes Geheimnis
aus, wenn ich konstatiere, daß der Grundbesitz heute schon 26 pCt.
zuviel Grundsteuer bezahlt. Nehmen Sie aber an, es ließe sich
vermeiden, den Grundbesitz weiter einseitig zu belasten, dann würde
doch bei einer gleichmäßigen Verteilung der 12 Millionen die Ein
kommensteuer sich von 100 auf 112 pCt., die Gewerbesteuer sich
auf 193 pCt. und die Grundsteuer sich auf denselben Prozentsatz er
höhen. Dabei ist nicht gedacht an die Höhe der laufenden Ausgaben,
die wir in den nächsten Jahren haben werden. Wir haben für
Schulen, Fortbildungsschulen für Mädchen, für die Verlegung eines
Realgymnasiums, wir haben ferner für die Krankenhäuser, für ein
Krankenhaus für Rekonvaleszenten, für die Aussteuer der Feuerwehr
mit Automobilen usw. in diesen Jahren überall neue Mittel ein
zustellen und nicht nur aus Anleihen, sondern aus dem ordentlichen
Etat zu decken. Als ich diese Aussichten einigen Herren auf dem
Gesundbrunnen darstellte, die eigentlich Untergrundbahnschwärmer sein
sollten, da behaupteten sie, das seien sie gar nicht, sie wollten gar
nicht nach Rixdorf fahren, sie wollten nach Berlin. Wenn man
ihnen eine Reihe von Straßenbahnen verlängerte, so würden die Be
wohner des Gesundbrunnens sehr zufrieden sein, und wenn sie
die Bornholmer Straßenbrücke nach dem Osten bekämen, dann seien
sie für eine Reihe von Jahren vollkommen zufrieden. Es kommt
eben alles darauf an, wie wir die Sache den Interessenten vortragen.
Tragen wir den Interessenten vor: wir bauen eine schöne breite
Straße, und ihr braucht sie nicht zu bezahlen —, dann sagen die Inter
essenten: ja, wir sind sehr vergnügt darüber. Sagen wir ihnen aber:
das kostet Geld, und das müßt ihr aus eurer Tasche bezahlen —,
dann stellen sie sich dazu ganz anders. Relativ sind wir nach Unter
bringung der heutigen Anleihe so hoch verschuldet wie Paris, relativ
verschuldeter als London, und wir sehen höhere Rekordzisfern an
Verschuldung nur in Amerika, wo doch offensichtlich unterschlagen
und gestohlen wird.
(Heiterkeit.)
Jeder Fachmann muß doch sagen: in eine derartige Schuldenkon
kurrenz wollen wir nicht eintreten. Sie finden in der-Literatur schon
Anzeichen, daß auch die Staatsbehörde intervenieren wird wegen
der großen Konkurrenz, welche die Stadtanleihen den Staatsanleihen
machen. Es werden vielleicht Maßregeln getroffen werden, die die
Anleihen für die industriellen Unternehmungen der Städte ein
schränken. Ich bin der festen Ueberzeugung, daß das, was der
Magistrat in seiner Vorlage vorgeschlagen hat, vollkommen richtig ist
und den Bedürfnissen genügt, und ich bitte Sie, die Magistrats
vorlage anzunehmen.
Stadtrat Dr. Franz: Materiell läßt sich über die Sache nicht
mehr viel sagen. Es stehen sich zwei Ansichten gegenüber: die einen
glauben, daß eine Straße von 19 m Breite jetzt und in Zukunst
genügt, und zu diesen gehört der Magistrat. Die anderen sagen, daß
das nicht genügt, daß man 24 m nehmen muß; es ist bei dieser
Sachlage schwer, sich gegenseitig zu überzeugen.
Nur auf zwei Punkte möchte ich hinweisen, die in der Debatte
zur Sprache gekommen sind.
Es ist gesagt worden: wenn in der Prenzlauer Allee eine Unter
grundbahn angelegt wird, so sind 19 m zu gering. Das stimmy chjst;
wir haben bei der Untergrundbahn viel engere Straßen, z. B. die
Niederwallstraße. Dann ist gesagt worden, die Kost-M (mit bei de'
größeren Breite nicht so hoch, weil die wirtschaftlichen Vorteile 8"
die gegenüberliegende Seite sehe erheblich seien und wir a> f Grund
des § 9 des Kommunalabgabengesetzes die Interessenten heranziehen
können. Das ist zwar richtig, aber wir haben bisher mit dem § 9
so wenig günstige Erfahrungen gemacht,
(sehr richtig!)
daß ich dringend warnen möchte, zu große Hoffnungen darauf zu
setzen. Wir versuchen natürlich in allen Fällen, die Beteiligten auf
Grund des § 9 heranzuziehen, aber wie weit wir damit kommen,
läßt sich nicht vorher sagen. Auf die finanzielle Folge ist ja schon
von dem Herrn Vorredner hingewiesen worden. Gerade bfe Ver
handlungen über die Anleihe haben gezeigt, daß Sparsamkeit in allen
städtischen Betrieben sehr wünschenswert und am Platze ist. _ Aus
diesem Grunde — aber nicht allein aus diesem Grunde — ist der
Magistrat der Meinung, daß wir die Straße nicht auf 24 m ver
breitern sollen. Ich kann Sie daher nur bitten, die Vorlage anzunehmen.
Stadtverordneter Cremer: Ich kann nur das wiederholen,
was ich damals schon ausgeführt habe. Die Prenzlauer Straße hat keine
Berechtigung, wie etwa die Königstraße und die Landsberger Straße,
denn sie hat keinen Durchgangsverkehr. Sie läuft einfach auf den
Alexanderplatz aus, Tietz gegenüber. Nun heißt es, die Grundstücke
haben eine solche Tiefe, daß es ein Unglück wäre, die Straße nicht so
breit zu machen. Aber es ist doch auch eine große Anzahl von Grund
stücken auf der Westseite. Ich hatte ja den Antrag gestellt, die Straße
auf 22 m zu verbreitern, weil wir damals annahmen, daß ein Mittel
ding vielleicht das Richtige sei. Jetzt aber sind meine Freunde und
ich auf den Standpunkt des Magistrats getreten, und ich bitte Sie,
den Magistratsantrag anzunehmen.
(Bravo!)
Stadtverordneter Khllmann: Ich bin entgegengesetzter Ansicht
und bitte Sie, dem Antrag Thieme zuzustimmen. Wenn behauptet
wird, daß 19 m Straßenbreite nicht genügten, um eine Untergrund
bahn durchzuführen, so ist das eine irrtümliche Behauptung, denn für
eine Untergrundbahn genügt die Breite; ich erinnere aber die Herren
der Tiefbaudeputation und der Verkehrsdeputation daran, daß wir
an einzelnen Stellen zwei Untergrundbahnen nebeneinanderlegten.
An eine solche Zukunft müssen Sie hier denken und müssen nicht bloß