Nach den Statuten dieser Stiftung müssen die Herren, die die Ver
teilung vornehmen, aus der Friedrichstadt oder Dorotheenstadt gewählt
werben. Ich schlage die Herren Gohlicke, Hömssen und Leis vor.
(Die Versammlung wählt demgemäß.)
Zwölfter Gegenstand der Tagesordnung:
Borlage — zur Beschlußfassung— betreffend bett Ankauf
eines Grundstücks in Niederschöneweide. — Vorlage 1070.
Stadtverordneter Liebeherr: Namens meiner Freunde wollte
ich an den Herrn Magistratsvertreter die Frage richten, ob das für
daS Straßenland aufzuwendende Kapital bei der Straßenregulierung
iit Verrechnung gebracht werden kann, und ob das eventuell in den
Vertrag aufzunehmen wäre.
Zweitens wollte ich an den Magistratsvertreter die Anfrage
richten, ob der Plan, der der Vorlage zugrunde liegt, der richtige
ist oder der Plan, der uns gestern über die Grundstücke von Treptow
eingehändigt worden ist. Sollte der Plan von gestern der richtige
sein, so würde es erforderlich sein, nicht nur den Teil, der heute
auf der Tagesordnung steht, zu erwerben, sondern einen etwa doppelt
so langen Teil. Nach dem Plan gehört der ganze südlich belegene
Teil ebenfalls der Stadt Berlin und hat auch keinen Anschluß an
die Straße, genau so wie der andre.
Stadtverordneter Mommsen (zur Geschäftsordnung): Wir
hören eben, daß der Magistratsdezernent noch nicht da ist, aber jeden
Augenblick erwartet wird. Ich darf lvohl vorschlagen, daß ivir die
Weiterbehandlung dieses Punktes solange aussetzen, bis der Magistrats-
dezernent da ist.
(Zustimmung.)
Vorsteher Michelet: Dreizehnter Gegenstand der Tagesordnung:
Borlage — zur Beschlußfassung —, betreffend Neuregelung
der Gehälter des Betriebsversonals der städtischen Straßen
bahnen. — Vorlage 1071.
Stadtverordneter .Hermann: Meine Herren, mit bezug auf
diese Vorlage sind uns Wünsche und Beschwerden des Personals der
städtischen Straßenbahnen zugegangen. Wir beabsichtigen nicht, diese
Wünsche und Beschwerden im Plenum zur Sprache zu bringen, haben
aber den Wunsch, uns darüber in einem Ausschuß zu unterhalten,
und ich beantrage daher, die Vorlage an einen Ausschuß von 15 Per
sonen zu verweisen.
Stadtverordneter (Lasscl: Meine Freunde haben einstimmig
beschlossen, die Vorlage anzunehmen. Nun sind wir sehr entgegen
kommend, wenn ein Antrag auf Ausschußberatung gestellt wird; aber
es muß doch wenigstens ein Grund angegeben werden. Wir verlangen
ja nicht lange Auseinandersetzungen; aber bei der Eiligkeit der Sache
verlangen mir doch zu wissen, warum die Verzögerung notwendig ist,
und was im Ausschuß geprüft werden soll. Ich möchte bitten, uns
das ganz kurz anzugeben; sonst wäre es für uns eine große Schmierig
keit, eine so eilige Sache nicht sofort zu verabschieden. Ich bitte also,
anzugeben, welche Gründe die Herren noch geprüft zu sehen wünschen.
Stadtverordneter Goldschmidt: Meine Freunde sind auch der
Meinung, daß diese Vorlage mit Rücksicht auf ihre Eile im Plenum
angenommen werden sollte. Nun ist aber von Herrn Kollegen
Heimanu namens seiner Freunde der Antrag auf Ausschußberatung
gestellt worden. Ich kaun mich in dieser Beziehung zunächst nur
dem anschließen, was Herr Cassel gesagt hat. Wenn nicht be
sondere Gründe vorliegen, die eine Ausschußberatuug notwendig
machen, so wäre eine sofortige Annahme im Plenum sehr zweckmäßig.
Stadtverordneter Mommsen: Ich schließe mich den Worten
der beiden Herren Vorredner an, umsomehr, da die Angestellten, um
die es sich hier handelt, die erhöhten Bezüge bekommen sollen rück
wirkend vom 1 Oktober. Es sind alles Monatslöhne, und weisen
wir die Sache an den Ausschuß, so ist es nicht möglich, sie zu dem
diesmaligen Lohnzahlungstermin noch in Kraft trete» zu lassen.
Ich habe darüber hinaus den Wunsch gehabt, daß derartige
Regelungen, wenn sie nach dem Muster einer größeren Verkehrsgesellschast
erfolgen, möglichst gleichzeitig in Kraft treten können, d. H. daß die
Vorlage des Magistrats uns schon vor dem 1. Oktober vorgelegen
hätte. Jetzt sehe ich keinen sachlichen Grund, sie aufzuschieben.
(Die Versammlung lehnt den Antrag auf Ausschußberatung ab.)
Stadtverordneter Heimann: Meine Herren, ich wiederhole
hiermit den Antrag auf Ausschußberatung lind möchte mir erlauben,
dem Wunsche der Herren Vorredner nachkommend zu sagen, daß uns
aus dem Kreise des betreffenden Personals eine Reihe von Beschwerden
zugegangen sind, die sich teils auf das Gehalt, teils auf die Arbeitszeit,
vor allem aber auf das System der Geldstrafen beziehen. Wir
glauben, daß die Vorlage eine gute Gelegenheit gibt, diese Beschwerden
in einem Ausschuß durchzusprechen, und deshalb erlaube ich mir noch
mals, den Antrag auf Ausschußberatung zu stellen und Sie zu bitten,
dementsprechend zu beschließen.
Stadtverordneter kLaffel: Es wäre ja besser gewesen, wenn
man das im Einzelnen hätte substantiieren können, was verlangt wird.
Es handelt sich hier um eine Erhöhung der Ge'hälter usw., und ich
kann nicht recht übersehen, was denn noch verlangt wird. Die Be
schwerden sind doch im einzelnen gar nicht begründet. Gleichwohl
werde ich persönlich für den Antrag aus Ausschuß stimmen, damit,
wenn einmal die Verhältnisse geordnet werden, auch zur Sprache
gebracht werden kann, was noch an der Vorlage auszusetzen ist.
(Die Versammlung beschließt die Einsetzung eines Ausschusses.)
Borsteher Michelet: Herr Mommsen beantragt, den Ausschuß
durch den Vorstand erenennen zu lassen.
(Die Versammlung beschließt demgemäß.)
Wir können jetzt lvohl auf den siebenten Gegenstand der Tages
ordnung zurückgreifen:
Antrag der Stadtverordneten l>r. Arons und Genossen, in
. gemischter Deputation über Mittel und Wege zu beraten, den
städtischen Grundbesitz in Treptow der Bebauung zn erschließen,
ohne daß der Stadtgemeinde der Wertzuwachs entgeht. —
Vorlage 1065.
Antragsteller Stadtverordneter Dr. Arons: Meine Herren,
die Aufgabe, vor die Sie unser Antrag stellt, ist eine überaus
schwierige, aber, wenn ihre Lösung gelingt, auch eine überaus
lohnende.
Die Gemeinde Treptow umfaßt im Ganzen eine Fläche
von 770ha; hiervon besitzt die Stadtgemeinde Berlin mehr als die
Hälfte. Es ist Ihnen ja allen eine Karte zugegangen, auf der Sie
die Verhältnisse leicht übersehen können. Sie werden im besonderen
daraus ersehen, daß die bebauten Teile von Treptow, die Abteilung 1,
Vorderheide, und die Abteilung 2, Hinterheide, durch unsern Berliner
Grundbesitz vollkommen von einander getrennt sind. Das sind
Verhältnisse, die nach einer Eingemeindung geradezu schreien. Ich
bin fest überzeugt, daß, wenn die Gemeinde Treptow in Erkenntnis
der Sachlage, daß Berlin nicht geneigt ist, die Hand von seinem
Grundbesitz zu lassen, den Antrag auf Eingemeindung in Berlin
stellt, dieser Antrag sofort genehmigt werden würde. Selbst, wenn
man annehmen will, daß der Minister ein grundsätzlicher Gegner
der Eingemeindung ist, muß er unter diesen Umständen doch zu der
Anschauung kommen, daß eine gedeihliche Entwicklung Treptows
nicht möglich ist, solange es von Berlin getrennt bleibt, daß es aber
rasch aufblühen muß, wenn die Eingemeindung vor sich geht. In
dessen das sind Zukuuftsgedanken; was wir augenblicklich beab
sichtigen. ist etwas anderes. Von unserm Grundbesitz in Treptow
ist die Hälfte Parkland, der Schlesische Busch, der Treptower Park
und der Plänterwald; die andre Hälfte ist baureifes Gelände.
Nun ist es für Treptow eine Lebensfrage, daß dieses baureife Ge
lände, das die beiden Gemeindeteile von einander trennt, möglichst
bald der Bebauung zugeführt wird; aber auch für die Stadt Berlin
i|t es von Bedeutung. Wir zahlen als Stadtgemeinde Berlin in
Treptow erhebliche Steuern; im'Etat für 1906 fanden sich 20 000 M
eingesetzt als Steuern an Treptow. Im Jahre 1911 war die Steuer
summe, die wir an Treptow zu zahlen haben, bereits aus 89 400 JS>
gestiegen, und unter diesen stehen allein84 550.G Grundsteuern. Diese
Grundsteuern werden gezahlt, nachdem Treptow — an sich eine sehr
vernünftige Maßregel — die Besteuerung des Grundbesitzes nach
dem gemeinen Wert eingeführt hat. Der gemeine Wert unserer
Ländereien in Treptow wird auf 19 215 000 M geschätzt. Nun ist
es ja selbstverständlich, daß der Besitzer eines derartig wertvollen
Geländes es nicht auf die Dauer liegen lassen wird, wenn es baureif
ist, und ich glaube deshalb, sagen zu dürfen, daß wir Berliner selbst
die Bebauung wünschen müssen. Was würde aber geschehen, wenn
wir es verkaufen und so der Bebauung erschließen? Bei der günstigen
Lage au der Oberspree und an den schönen Parkanlagen, die wir
geschaffen haben, wird sich dort ein Kreis von zahlungsfähigen
Leuten ansiedeln. Wir werden die Erscheinung, daß unsre guten
Steuerzahler nach dem Westen ziehen, auch im Südosten erleben.
Wir werden eine beträchtliche Anzahl guter Berliner Steuerzahler
nach Treptow ziehen sehen.
Aus dm ander» Seile können wir uns sagen, das; alsbald eine
recht rege Spekulation stattfinden würde. Die' großen Unternehmer,
die das Bauland erwerben, würden es bald weiter verkaufen, und
es würden recht erhebliche Umsätze mit sehr beträchtlichem Gewinn
zustande kommen. Unter diesen Umständen fragt es sich: gibt es
nicht eine Möglichkeit, die im Interesse beider Gemeinden liegende
Bebauung in die Wege zu leiten und andererseits dafür zu sorgen,
daß der Spekulationsgewinn ausbleibt und der Gewinn, der durch