Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode
45. Sitzung vom 24. Oktober 1990
Hellas
(A) das ist schon überaus bemerkenswert. Die sofortige Sicherung
haben Sie vor den Wahlen versprochen; ich habe noch ganz
deutlich die Worte in den Ohren, daß der Flächennutzungsplan
sofort und schnell und gründlich geändert werden soll und daß
die Kleingartenkolonien erhalten bleiben und abgesichert wer
den sollen. Sie sind aber Ihren eigenen Worten untreu geblie
ben; Sie sind Ihrem Anspruch nicht gerecht geworden.
In Charlottenburg haben Sie in den letzten zwei Jahren nicht
einen einzigen Kleingarten abgesichert; sie haben auch keine
Bebauungspläne abgesichert. In den übrigen Bezirken sieht es
ganz genau so aus. Ein solches Verhalten nenne ich Wählertäu
schung. Und ich sage ganz deutlich: Wer mit einem Wortbruch
beginnt, dem können keine besseren Taten folgen - wie der Herr,
so das Gescherr. Sie haben die Regierungsverantwortung, aber
Sie haben sie nicht genutzt, um Ihre Versprechungen einzuhal
ten. Sie haben in der Folge auch in vielen anderen Punkten Ihre
Versprechungen nicht eingehalten. Deswegen haben die Klein
gärtner jetzt Angst, und sie schreiben auch weiter: „Wir haben
Angst davor, daß der Senat uns abräumen will.“ Das ist nicht der
Punkt; am 2. Dezember wird es darum gehen, daß der Senat
abgeräumt wird und nicht die Kleingärten.
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsidentin Frohnert: Für die SPD-Fraktion hat das
Wort der Kollege Edel. Bitte!
Edel (SPD); Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die
Republikaner haben einen Antrag eingereicht - Sicherung von
Kleingärten in Charlottenburg. Der Antrag datiert vom 25. Sep
tember 1990. Am 20. September 1990 haben alle Fraktionen
einen Brief des Bezirksverbandes der Kleingärtner von Charlot
tenburg bekommen. Darin werden Kolonien aufgeführt und die
Forderung erhoben, diese Kolonien planungsrechtlich zu
sichern. Das ist das gute Recht des Kleingartenverbandes von
Charlottenburg. Aber ich finde es schon etwas eigenartig, wenn
® eine Fraktion dieses Hauses ungeprüft wenige Tage später haar
genau den gleichen Brief mit allen Kolonien, die die der Klein
gärtnerverband Charlottenburg darin aufgeschrieben hat, als
Antrag abschreibt, hier einbringt und dann vom Senat fordert, er
möge auf der jeweiligen Planungsebene die Sicherung dieser
Kleingärten vornehmen,
[Landowsky (CDU) und Degen (REP): Streichen Sie doch
die heraus, die Sie nicht wollen!]
obwohl gerade der Unterzeichner dieses Antrages - ein Rechts
kundiger nämlich - doch wissen müßte, daß diesem Haus - dem
Senat schon gar nicht - nur zusteht, den Flächennutzungsplan
zu beschließen,
[Landowsky (CDU): Streichen Sie doch die Kolonien heraus,
die Sie nicht wollen!]
daß der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg über
lassen bliebe, Bebauungspläne zu beschließen. So weit zur
rechtlichen Situation.
Nun will ich sagen, warum wir diesem Antrag nicht zustimmen.
[Landowsky (CDU): Aha! - Degen (REP): Das wollten
wir ja hören!]
Es liegt eine Beschlußempfehlung vor, aber dem Antrag, wie Sie
ihn eingebracht haben, konnten wir im Grunde nicht zustimmen.
Wir haben schon Mitte des Jahres einen Antrag eingebracht. Da
haben wir die Kolonien - über 80 - bezeichnet, bei denen es
damals - bei der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans
1988 - mit den Stimmen der CDU und der FDP abgelehnt wor
den war, sie planungsrechtiich zu sichern. Wir haben uns das
damals reiflich überlegt und haben genau deshalb diese Anträge
wieder gestellt und mit der Alternativen Liste gemeinsam hier
durchgesetzt. Alles andere kann man und muß man bereden.
Wenn uns der Kleingartenverband von Charlottenburg schreibt,
er hätte noch Forderungen, dann muß man darüber sehr genau
nachdenken. Aber, lieber Kollege von der CDU, es ist eben nicht
so, daß nach dem Fall der Mauer die Probleme gelöst wären und
wir allen Flächenansprüchen in der Stadt genügen könnten.
Ganz im Gegenteil: Die Probleme werden sich verschärfen - wie (C)
wir alle noch merken werden im nächsten Jahr. Deshalb kann
man nicht hergehen und allen, die eine Forderung haben, ver
sprechen, daß man ihre Forderungen auch erfüllt;
[Widerspruch bei der CDU]
denn dann kommen Leute und fordern, wir sollten ihnen die
Wohnungen bauen, die sie nicht haben. Das muß man auch
sehen, auch im Bezirk Charlottenburg. Es werden andere kom
men und sagen, es müßten Kindertagesstättenplätze gebaut
werden. Wir würden diesen Forderungen dann auch nachkom-
men müssen. Dann werden auch diejenigen kommen, die über
haupt keinen Kleingarten haben und auch keinen haben wollen,
und werden Grünflächen fordern. Aber auch diese Ansprüche
werden wir genau prüfen müssen und ihnen - wenn irgend mög
lich - nachkommen. Da werden Firmen kommen, die Gewerbe
flächen haben wollen, und wir werden auch diesen Forderungen
- wenn irgend möglich - nachkommen müssen.
Stellv. Präsidentin Frohnert: Herr Kollege Edel, gestatten
Sie eine Zwischenfrage?
Edel (SPD); Selbstverständlich!
Hellas (CDU): Herr Edel, Sie haben sicher auch noch die
Aussagen im Wahlkampf 1989 im Ohr, in dem Sie gesagt haben,
Sie würden den Flächennutzungsplan sofort ändern. Das
haben zum Beispiel Herr Dr. Meisner und Herr Nagel gesagt,
und auch von Frau Stahmer und Herrn Dr. Körting habe ich so
etwas gehört. Sie haben damals auch gesagt, daß Sie alle Klein
gärten planungsrechtlich absichern würden. Wie stehen Sie
heute dazu?
[Degen (REP); Schon vergessen!]
Edel (SPD): Ich habe mich auch sehr darüber geärgert, daß
meine Fraktion - das liegt unter anderem auch an mir - es nicht
geschafft hat, den Antrag früher einzubringen. Ich habe mich
auch darüber geärgert, daß es in dieser Legislaturperiode - weil
sie nun einmal nicht vier, sondern nur knapp zwei Jahre dauert -
nicht mehr möglich ist, den Flächennutzungsplan zu ändern. Wir
haben aber mit unserem Antrag klargemacht, daß wir ihn ändern
wollen; und wir haben auch ganz eindeutig den Kleingärtnern,
mit denen wir diskutiert haben und mit denen wir weiter diskutie
ren, folgendes gesagt: Das ist unser politischer Wille! - Das
heißt noch nicht, daß ausschließlich diese und nur diese Flächen
mit einem beschlossenen Antrag auch schon planungsrechtlich
gesichert sind; denn das ist ein nach dem Baugesetzbuch vor
geschriebenes, rechtlich verbindliches Verfahren mit öffentlichen
Anhörungen, mit der Beteiligung aller Träger öffentlicher
Belange, mit einer heftigen Auseinandersetzung - die die letzte
Regierung noch sehr genau in Erinnerung hat -, und das werden
wir in der nächsten Legislaturperiode tun! - Dann werden wir
auch Ihre Forderungen wieder diskutieren. Dann werden wir
auch wieder über die Kolonien diskutieren, die die CDU-Fraktion
aufgeschrieben hat.
Stellv. Präsidentin Frohnert: Herr Kollege Edel, gestatten
Sie eine Zwischenfrage von Herrn Körting?
Edel (SPD); Von Herrn Körting - bitte!
Dr. Körting (SPD): Herr Kollege Edel, würden Sie so freund
lich sein, den Kollegen Helias darüber aufzuklären, daß im Wahl
kampf 1989 von der SPD zwar eine Erklärung zugunsten der
Kleingärten abgegeben wurde, daß aber immer offengehalten
wurde, über bestimmte Flächen neu zu diskutieren?
[Kern (SPD): Sehr richtig!]
Edel (SPD): Ich danke Ihnen für den Hinweis; das hatte ich
nämlich vergessen. - Wir haben immer gesagt, die Zahl der
Kleingärten in der Stadt solle erhalten bleiben, aber weder Ihre
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