Path:
Volume Nr. 45, 24. Oktober 1990

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1990, 11. Wahlperiode, 35.-47. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
45. Sitzung vom 24. Oktober 1990 
Dr. Statz 
(A) Das zweite ist die Frage der weiteren kritischen Begleitung 
der Olympischen Spiele. Ich kann nur sagen, Kollege Gaudszun, 
ich verstehe das Anliegen, mit einem Olympiaausschuß eine 
Stelle haben zu wollen, an der man die Gesamtdiskussion, die 
ich hier eingeklagt habe, führen kann. Ich möchte jedoch auf ein 
Problem aufmerksam machen: Die Erfahrung mit dem Einheits 
ausschuß zeigt, daß es auch genau umgekehrt gehen kann: Man 
schafft einen Superausschuß, der von vornherein auf einer 
Grundlage diskutiert, die eine kritische Diskussion - etwa stadt 
planerischer Aspekte - nicht mehr zuläßt, d. h. das Kontrollin- 
strument kann auch nach hinten losgehen. Ich denke deshalb, 
daß noch einmal sehr genau überlegt werden muß, ob dieser 
Vorschlag unserem gemeinsamen Interesse - das unterstelle ich 
einmal - an einem Kontrollinstrument nicht einen Bärendienst 
erweist. 
Ich möchte noch einmal zu ein, zwei konkreten Punkten Stel 
lung nehmen, weil ich glaube, daß wir auch hier eine konkrete 
Debatte brauchen. Stichwort Westhafen, Stichwort Zeitdruck 
und Stichwort; Was kommt Mitte der 90er Jahre auf uns zu? 
Fragen wir doch einmal die Umweltsenatorin, ob sie es über 
haupt für möglich hält, bei einer Entscheidung 1993 innerhalb 
von fünf oder sechs Jahren den Westhafen anders zu bebauen 
und ein verkehrspolitisches Konzept zu entwickeln, das den 
Westhafen überflüssig macht. 
[Landowsky (CDU); Dann hat sie nichts mehr 
damit zu tun!] 
Fragen wir sie doch, weil nur auf dieser Grundlage eine sachli 
che Entscheidung möglich ist! 
[Buwitt (CDU): Sie würde sagen: Nein!] 
Oder nehmen wir ein anderes Beispiel. Nehmen wir den 
Aspekt, daß sich die Olympischen Spiele an der S-Bahnachse 
orientieren - was vom Standpunkt der Olympischen Spiele 
natürlich sinnvoll ist. Fragen wir doch einmal die Bezirksstadt- 
(B) räte, die jeweils zuständig sind, ob sie das so ohne weiteres 
begrüßen können. Dadurch wird nämlich eine Entscheidung 
über die Sportstättenplanung vorweggenommen. Fragen wir die 
Sportstadträte, wie es mit der festgelegten Investititionsplanung 
bis 1994 bezüglich des Sportstättenbaus ist. Fragen wir Sie, ob 
sie die Einschätzung der Antwort auf die Große Anfrage teilen, 
daß es einen breitgestreuten Effekt der Modernisierung von 
bezirklichen Sportstätten tatsächlich geben wird. Wir werden vor 
der Situation stehen, daß gerade die Bezirke, die nicht in diesem 
engen Kreis sind, ganz große Probleme damit haben werden, 
weil es das eine ist, Olympia zur Voraussetzung zu machen und 
das zum Hebel der Sportstättensanierung zu benutzen und das 
andere, eine Sportstättensanierungsplanung 
[Buwitt (CDU): Die haben Sie doch boykottiert!] 
zu machen, gerade in Anbetracht der Situation in Ost-Berlin, die 
wirklich nach Effektivitätskriterien, nach Kriterien der breiten 
Streuung und nach Kriterien der konkreten Nutzbarkeit - etwa 
für den Schulsport - stattfinden muß. Das sind doch konkrete 
Fragen, die nicht einfach so abgebügelt werden können, 
[Buwitt (CDU): Das ist konkretes Gequatsche!] 
so, wie es hier passiert ist. Ich sage Ihnen eines: Bei dem ganzen 
Gegeifer, das hier sowohl beim Kollegen Preuss als auch bei 
anderen stattfindet: 
[Preuss (CDU): Sie geifern!] 
Ihnen wird Mitte der 90er Jahre die Spucke wegbleiben bei der 
konkreten Debatte, die wir darüber führen werden, was die Kon 
sequenzen von Olympia sind! 
[Preuss (CDU): Brauchen Sie ein Taschentuch?] 
Ich fasse zusammen; Wir wollen eine konkrete Debatte! Wir 
lassen uns nicht in die Ecke drängen. Er ist - das gestehe ich ein 
- auch bei der internen Debatte innerhalb der Alternativen Liste 
ein Problem gewesen, daß wir darauf gedrängt haben, eine kon 
krete Debatte zu führen, die mit dem vorliegenden Konzept 
solide noch gar nicht geführt werden kann. Aus diesem Grund 
haben wir uns in der Alternativen Liste entschieden zu sagen: (C) 
Die Planungen für Olympische Spiele im Jahr 2000, so wie sie 
hier vorliegen, sind nicht verantwortbar. Aus diesem Grund leh 
nen wir sie ab! Ich freue mich schon auf die konkrete, sachbezo 
gene Debatte über Olympia und die Konsequenzen, die wir in 
den nächsten Jahren führen werden. 
[Beifall bei GRÜNE/AL] 
Stellv. Präsidentin Brinckmeier: Für die Fraktion der SPD 
hat jetzt der Kollege Gaudszun das Wort! 
Dr. Gaudszun (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und 
Herren! Lieber Herr Statz! Wir verstehen uns sonst eigentlich 
ganz gut, auch in der Olympiafrage war das lange Zeit unbestrit 
ten. Wenn Sie jetzt aber die Idee der Olympischen Spiele und 
alles das, was daranhängt, auf den Bereich des Spitzen- und 
Hochleistungssports, wo es durchaus problematische Aus 
wüchse gibt, verengen, dann wird das der ganzen Angelegenheit 
nicht gerecht. Das gilt auch für die Frau Senatorin! Wir können 
uns doch nicht bei der Debatte mit diesen Fragen beschäftigen, 
wo die - global ist vielleicht das falsche Wort, aber ich sage es 
trotzdem - globale Grundsatzentscheidung gefällt werden soll, 
ob wir in der Lage sind, die vorliegenden Studien so zu interpre 
tieren, daß a) Olympische Spiele hier durchführbar sind und b) 
ausgeführt wird, ob das für die Stadt, ganz allgemein gesagt, gut 
ist - beide Fragen sind von den vorliegenden Studien meiner 
Meinung nach positiv beantwortet worden. 
[Beifall bei der CDU] 
Wenn das so ist, dann kann man die Grundsatzentscheidung 
fällen: Wir werden uns bewerben. - Ich sage es noch einmal: 
Damit haben wir die Spiele noch nicht. Es kann durchaus sein, 
daß 1993 international anders entschieden wird. Auch geben die 
Studien dafür den Beleg, daß auch das Geld, das bis dahin 
geflossen sein wird, eine positive Wirkung auf die Sportstätten 
planung, auf den Sportstättenbau und auf die internationale Wer- (p) 
bung für die Stadt, die wir bitter nötig haben - noch scheinen 
sich die Investoren nicht die Hacken abzuiaufen, um in der Stadt 
zu investieren -, daß wir dieses Geld, die 67 Millionen DM, 
schon gut angelegt haben. 
Stellv. Präsidentin Brinckmeier: Herr Dr. Gaudszun, 
gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Dr. Launen? 
Dr. Gaudszun (SPD): Ja, bitte! 
Frau Dr. Laurien (CDU): Da ich, wie Sie, der Meinung bin, 
daß das Sympathieklima wichtig ist, wenn die Bewerbung beim 
NOK vorgestellt wird, frage ich Sie, wie Sie erreichen wollen, 
daß das Sympathiebiid, das Ihre Fraktion und meine Fraktion ver 
treten, so klar in der Öffentlichkeit wird, daß man merkt, daß die 
AL nicht die Berliner Stimme vertritt. 
[Beifall bei der CDU] 
Dr. Gaudszun (SPD): Frau Dr. Laurien! Das ist ganz einfach: 
Wir haben schon seit längerer Zeit beschlossen, daß die Olym 
piafrage als Chefsache behandelt wird. Sie wird deshalb aus 
gutem Grund vom Regierenden Bürgermeister, Herrn Momper, 
vertreten, sowohl national als auch international - und das mit 
großem Erfolg. 
[Beifall bei der SPD - Landowsky (CDU); 
Aber weshalb hat sie dann gesprochen?] 
- Na, sie hat doch immer das Recht zu sprechen I - Wir dürfen 
uns jetzt bei dieser Grundsatzentscheidung nicht in Einzelfra 
gen, die der Lösung bedürfen, verzetteln. Wir können nicht 
anfangen, uns über Gleise, die zum Westhafen führen oder auch 
nicht, oder welcher Triebwagen auf welcher Strecke fahren wird, 
hier, wo die Grundsatzentscheidung gefällt wird, zu zerstreiten. 
Das ist nicht der Punkt - und auch nicht der Zeitpunkt. Der Zeit 
punkt wird kommen und wird auch so rechtzeitig kommen, daß 
2337
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.