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Volume Nr. 44, 11. Oktober 1990

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1990, 11. Wahlperiode, 35.-47. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
44. Sitzung vom 11. Oktober 1990 
Gramer 
(A) hafen-Gesellschaft mußte sich die notwendigen Millionen auf 
dem privaten Kapitalmarkt selbst besorgen. Es ist kein Ruhmes 
blatt für Bausenator Nagel, daß er die Zustimmung zum Ausbau 
von Tegel gegen den erklärten Willen der Bevölkerung von Rei 
nickendorf und Spandau erteilt hat. Im Wedding wünsche ich 
ihm viel Spaß beim Versuch eines glaubwürdigen Wahlkampfes 
gegen den Fluglärm. 
Die Alternative Liste für Demokratie und Umweltschutz hat die 
neuen Möglichkeiten für eine sinnvolle Verkehrsplanung frühzei 
tig erkannt und bereits im Februar 1990 das Fernverkehrskon 
zept „Öko-Berlin 2000“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Schwer 
punkt dieses Konzeptes ist die Wiederherstellung der dreizehn 
von Berlin in alle Himmelsrichtungen ausgehenden Eisenbahn 
strecken und ihre Integration in das europäische Hochgeschwin 
digkeitssystem. 
Auf dem Weg zu einer notwendigen Umorientierung auf den 
Eisenbahnverkehr fordern wir die Einführung einer Mineralöl 
steuer für den Flugverkehr und die Befreiung davon für die 
Eisenbahn, dehn zur Zeit ist das genau umgekehrt. 
[Beifall bei GRÜNE/AL] 
Die noch von den Alliierten festgelegten Abfertigungsgebüh 
ren in Tegel müssen um 65 Prozent erhöht werden, damit ein 
Kostendeckungsgrad von 100 Prozent erreicht wird. Zur Zeit 
liegt er lediglich bei 35 Prozent. Außerdem fordern wir die Erwei 
terung und strikte Einhaltung des Nachtflugverbots und des aus 
schließlichen Einsatzes von Flugzeugen der Lärmkategorie III. 
[Beifall bei GRÜNE/AL] 
Wir wehren uns gegen die Ausweitung und setzen uns für die 
Schließung der Flughäfen in Gatow und Tempelhof nach dem 
endgültigen Abzug der Alliierten 1993 ein. 
[Beifall bei GRÜNE/AL] 
Außerdem halten wir am Ausbaustopp von Tegel und Schönefeld 
fest. Die Lösung dieses Problems liegt nicht im Himmel, sondern 
(B) auf Erden. Die Zukunft gehört immer noch der Eisenbahn. 
[Beifall bei GRÜNE/AL] 
Stellv. Präsidentin Frohnert: Für die Fraktion der Republi 
kaner hat jetzt Herr Degen das Wort. Bitte! 
Degen (REP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 
Wir führen hier eine Debatte, bei der wir nicht vergessen dürfen, 
daß wir auch über die Hauptstadtfunktion Berlins sprechen 
müssen. Wir werden mit Berlin eine Metropole nicht nur in 
Deutschland, sondern auch in Europa haben. 
[Beifall bei den REP] • 
Wir Republikaner haben dies schon immer gewünscht und 
hatten das auch schon lange Zeit in unserem Programm stehen. 
Dies geht einher - um zum Thema der Aktuellen Stunde zu kom 
men - mit mehr Flugverkehr, den es in Berlin geben wird. Wir 
werden ihn auch nötig haben. Wie sollen denn sonst Industrie 
konzerne, Kongreßzentren gefüllt werden, wenn die internatio 
nale Anbindung an Berlin fehlt? Hier muß einfach im internatio 
nalen Maßstab gedacht werden und nicht nur in linkslastigen 
ideologischen Denkschemata. Wir müssen uns Gedanken dar 
über machen, wie wir die auf uns zukommende Flug- und Lärm 
belästigung für die Bevölkerung in einem erträglichen Rahmen 
gestalten werden. Dieses Mehr an Fluglärm beinhaltet natürlich 
z. B. - wie ich eben anführte - ein Mehr an Lärmbelästigung. 
Lärmbelästigung muß aber nicht sein, wenn der Staat z. B. in 
einem Programm schalldichte Fenster in ausreichendem Maße 
zur Verfügung stellt, und das nicht nur in einem eng begrenzten 
Rahmen links und rechts der Flug- und Landeschneise. Der 
Staat ist gefordert, Maßnahmen zu ergreifen. Man muß dem pri 
vaten, aber auch dem öffentlichen Wohnungsbau Gelder zur Ver 
fügung stellen, daß schallschluckende Fenster eingebaut wer 
den, aber daß auch eventuell neue Techniken und Materialien 
gefunden werden, die kostengünstig im Wohnungsbau verwen 
det werden. 
[Beifall bei den REP] 
Ein weiteres, was bei der Steigerung des Luftverkehrs auf uns (C) 
zukommen wird, ist die Luftverschmutzung. Ich werde mich mit 
meiner Fraktion dafür einsetzen, daß dann in Berlin nur noch 
schadstoffarme Maschinen verwendet werden, so daß wir nicht 
mehr die lauten Maschinen - z. B. von British Airways - haben, 
die für jeden wahrnehmbar sind, der in dem Bereich des Flug 
hafen Tegels ist. Das sind Maschinen, bei denen man sich nicht 
mehr unterhalten kann, wenn sie starten, bei denen das Früh 
stücksgespräch für vier Minuten - bis die Dinger weg sind - auf 
hören muß, bei denen man beim Start sehen kann, wie hinten die 
Kerosinfahne nur so herauskommt. Dies darf nicht sein. Wir wer 
den uns auch dafür einsetzen, daß neue Fluggesellschaften, die 
zwangsläufig nach Berlin kommen, nur dann hier zugelassen 
werden, wenn sie umweltfreundliches Fluggerät einsetzen. Das 
ist nicht der Fall, wenn sie eventuelle steuerliche Vorteile erst 
abschöpfen, dann drei- viermal mit umweltfreundlichem Flug 
gerät hier landen und dann diese - zugegeben erheblich teure 
ren - Maschinen auf anderen Flugstrecken in ihren Heimatlän 
dern oder sonstwo einsetzen. Wenn sie steuerliche Vorteile dafür 
bekommen haben, daß sie sich hier niederlassen, dann müssen 
bitte schön diese steuerlichen Vorteile umgemünzt werden, auch 
auf das umweltfreundliche Fluggerät. 
Wir sind für einen neuen Großflughafen im Südosten Ber 
lins. Dazu gehört, daß dieser neue Großflughafen vernünftig an 
das Berliner Verkehrsnetz angebunden wird. Er soll z. B. nicht 
nur im Bereich eines Autobahnzubringers liegen, sondern auch 
durch Schiene und M-Bahn angeschlossen sein. Und hier frage 
ich mich: Warum spricht keine der anderen Parteien dafür, die 
umweltfreundliche M-Bahn genau für dieses Projekt zu benut 
zen? 
[Giesel (CDU): Weil sie zu langsam ist!] 
Man hat bisher hohe Investitionen dafür ausgegeben, daß die 
AEG diese Bahn überhaupt bauen und Entwicklungen damit 
betreiben kann. Jetzt wird sie auf einmal abgerissen und ver- . 
schrottet. Warum? Wenn wir eine vernünftige Anbindung an 
diesen neuen Großflughafen haben - sei es vom Bahnhof Zoo 
oder vom Alexanderplatz -, dann wird er auch von der Berliner 
Bevölkerung angenommen werden. 
[Beifall bei den REP] 
Einige Worte und Vorschläge meiner Fraktion zu den Flug 
häfen selbst, die wir in Berlin haben: Der neue Großflughafen im 
Süden Berlins soll nach meiner Meinung nur für den Linienaus 
landsverkehr - sprich also für den Interkontinentalverkehr, aber 
auch ins europäische Ausland - genutzt werden. Der Charter 
verkehr in Berlin sollte dann nur noch vom Flughafen Schöne 
feld aus geführt werden. Man sollte hier schnell und umfassend 
Baumaßnahmen ergreifen, daß Abfertigungsmöglichkeiten 
geschaffen werden. Man könnte dies ja zunächst am Anfang 
durch sogenannte Container schaffen, bis dort - quasi in Contai 
nerbauweise - neue Flugsteige geschaffen werden. Ein paar 
Zahlen dazu: Gerade der Linienflugverkehr ist in letzter Zeit um 
14,7 Prozent gestiegen, der internationale Linienverkehr ab Ber 
lin um 44,1 Prozent. Hier zeigt es sich, daß wir mit unserer Forde 
rung, den internationalen Linienverkehr vom neuzubauenden 
Flughafen starten zu lassen, vollkommen richtig liegen. Man 
könnte dann den Frachtverkehr, aber auch den Linienverkehr 
innerhalb Deutschlands von Tegel aus starten lassen, mit um 
weltfreundlichen, aber auch leisen Maschinen, wie es jetzt zum 
Teil schon durchgeführt wird. Die Kapazitäten dafür wären in 
Tegel ohne weiteres vorhanden. Um gleich beim innerdeutschen 
Linienverkehr zu bleiben: Wir könnten uns vorstellen, daß - 
wenn eine vernünftige Schnellbahntrasse nach Hannover oder 
Hamburg gebaut wird - diese Flüge einzustellen sind. Denn 
allein an Flugzeit hat man schon eine Dreiviertelstunde, eine 
Stunde vorher muß man auf dem Flughafen sein, vom Flughafen 
in Hannover bis in die Innenstadt sind Sie noch einmal mit einer 
Viertelstunde dabei - das sind schon zwei Stunden, die Sie nur 
für Flug und Transport brauchen. Hier könnte eine Schnellbahn 
mit Tempo 200 oder 230 diese Zeit genauso erreichen, und das 
wäre umweltverträglicher. 
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