Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode
44. Sitzung vom 11. Oktober 1990
Sen Pätzold
eine Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst gegeben
hat. Deshalb habe ich veranlaßt, daß alle Abschnittsbevollmäch
tigten - kaum daß die Polizeihoheit auf uns übergegangen war -
sofort aus ihren bisherigen Funktionen abgelöst worden sind.
Wir werden die Abschnittsbevollmächtigten wie alle anderen
Mitarbeiter aller Dienstgrade der bisherigen Volkspolizei jeweils
in Personalkommissionen auf ihren Werdegang überprüfen las
sen. Mich verwundert nur, daß es erst eines West-Berliner Innen
senators bedurfte, der für die ganze Berliner Polizei zuständig
geworden ist, um mehr als ein halbes Jahr nach den Wahlen in
der DDR
[Dr.Wruck (CDU): Ja, ja!]
zu dieser vom ersten Tag an im März, April notwendig gewese
nen Maßnahme zu kommen,
[Dr. Wruck (CDU): Eigenlob stinkt!]
daß der bisherige CDU-Innenminister der DDR dieses und vieles
andere nicht nur verabsäumt, sondern führende Vertreter des
alten Regimes noch in weitere führende Positionen befördert
hat.
[Beifall bei der SPD]
[07]
Stellv. Präsidentin Frohnert: Wir kommen zur Mündlichen
Anfrage des Abgeordneten Berger über
Unstern über dem Potsdamer Platz
Bitte schön, Herr Kollege!
I (B)
Berger (GRÜNE/AL); Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen
und Kollegen! Ich frage den Senat;
1. Aus welchen Gründen wurde der städtebauliche Wettbe
werb am Potsdamer/Leipziger Platz bisher noch nicht ausge
schrieben?
2. Wie will der Senat bei weiteren Verzögerungen gewährlei
sten, daß für das betroffene Gelände ein vollgültiger städtebauli
cher Wettbewerb, ein Bauwettbewerb und die Bebauungspla
nung stattfinden, wenn er andererseits Daimler-Benz einen
Baubeginn in spätestens vier Jahren vertraglich zugesichert hat ?
Stellv. Präsidentin Frohnert: Zur Antwort - Frau Senato
rin Dr. Schreyer!
Frau Dr. Schreyer, Senatorin für Stadtentwicklung und Um
weltschutz: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
Abgeordneter Berger! Ich beantworte die erste Frage wie folgt;
Der im Magistrat verantwortliche Stadtrat für Stadtentwicklung,
Wohnen und Verkehr sowie der Senator für Arbeit, Verkehr und
Betriebe haben mit Hinweis auf eine nicht erfolgte Klärung in
ihren Fraktionen zur Frage der Verkehrsführung, insbesondere
zur Frage der Breite der Leipziger Straße, bisher eine Beschluß
fassung des Senats und Magistrats über die Verkehrsführung
abgelehnt und die Auslobung des Wettbewerbs verhindert. Bis
auf diesen Punkt liegen die Ausschreibungsunterlagen seit
Wochen fertig vor.
Zu 2: Eine weitere Verzögerung gefährdet das beschlossene
Verfahren, das einen städtebaulichen Wettbewerb und daran
anschließend Bauwettbewerbe sowie die notwendigen Bebau
ungsplanverfahren vorsieht. Da der Daimler-Benz AG vertraglich
- entsprechend der Beschlußfassung dieses Hauses - zugesi
chert wurde, daß innerhalb von vier Jahren nach Vertragsab
schluß Baurecht vorliegt, könnte bei weiteren Terminverschie
bungen - möglicherweise bis in die nächste Legislaturperiode
hinein - die Situation eintreten, daß ohne die Grundlage des
städtebaulichen Wettbewerbs direkt Bauwettbewerbe und
Bebauungsplanverfahren durchgeführt werden, um die Fristen
einhalten zu können; ein Verfahren, das angesichts der Bedeu
tung dieses Bereichs unverantwortlich wäre.
Stellv. Präsidentin Frohnert: Zur ersten Zusatzfrage - Herr (C)
Kollege Berger!
Berger (GRÜNE/AL): Könnte die Senatorin noch erläutern,
wie Sie es bewertet, wenn unter dem enormen Zeitdruck ein
städtebaulicher Wettbewerb in diesem Gebiet quasi nicht statt
finden kann und wenn wesentliche Gesichtspunkte der Bürger
beteiligung und einer verantwortlichen gesamtheitiichen Städte
planung in diesem Gebiet dann gar nicht mehr möglich sind?
Stellv. Präsidentin Frohnert: Bitte schön, Frau Dr.
Schreyer!
Frau Dr. Schreyer, Senatorin für Stadtentwicklung und Um
weltschutz: Wie ich in meiner Antwort, Herr Berger, eben schon
darstellte, würde ich dieses für einen unverantwortlichen Vor
gang halten; dieses Gebiet wird städtebaulich eine hohe Bedeu
tung haben - so ist es jedenfalls auch der erklärte Wille des
Senats -, und ich würde es auch sehr bedauern - und die Bür
ger haben hier auch zu Recht Sorgen -, wenn die Pianungskuitur
darunter litte und demokratische Beteiligungsprozesse wegen
der vertraglichen Zusicherung ausgesetzt würden.
Stellv. Präsidentin Frohnert: Zur weiteren Zusatzfrage -
Herr Kollege Berger, bitte schön!
Berger (GRÜNE/AL); Meine zweite Zusatzfrage richtet sich
an Senator Wagner; ich frage also den Verkehrssenator, was ihn
dazu bewogen hat, der Planung zum Potsdamer Platz bisher
nicht seine Zustimmung zu geben.
Stellv. Präsidentin Frohnert: Herr Senator Wagner, bitte
sehr!
Wagner, Senator für Arbeit, Verkehr und Betriebe; Es geht,
Herr Abgeordneter Berger, nicht um die Frage meiner Zustim
mung, sondern es geht um die Frage der Abstimmung der inhalt
lichen Vorgaben für diesen Wettbewerb, nämlich der Vorgaben,
die den Verkehr betreffen.
Stellv. Präsidentin Frohnert: Zur weiteren Zusatzfrage -
Herr Kollege Wittwer, bitte sehr!
Wittwer (CDU): Frau Senatorin! Es geisterte in letzter Zeit
durch die Medien, daß zur Zeit ein Verfahren, das durch Herrn
Oberbürgermeister Schwierzina veranlaßt worden ist, durchge
führt wird - gemeint ist die Diskussion in Berlin und Dessau.
Meine Frage dazu ist: Hat es eigentlich über dieses Verfahren
Absprachen mit Ihnen gegeben - denn ich nehme an, daß Sie
federführend sind für den städtebaulichen Wettbewerb -, und
ich welcher Form ist eigentlich die Arbeit dieser 15 Berühmthei
ten, die da zusammengefaßt worden sind, jetzt zu sehen? Wie
wird das in den Wettbewerb eingegliedert? Gibt es darüber
schon Vorstellungen?
Stellv. Präsidentin Frohnert: Frau Senatorin Dr. Schreyer,
bitte!
Frau Dr. Schreyer, Senatorin für Stadtentwicklung und Um
weltschutz: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich kann Ihnen im
einzelnen dazu keine Auskünfte geben, weil ich bisher über das
Symposion des Stadtrats für Stadtentwicklung, Verkehr und
Wohnen nicht unterrichtet und nicht einbezogen wurde. - Ich
gehe aber davon aus, daß es in dem Sinne keine Bedeutung für
den Wettbewerb haben wird und haben kann, weil es ein völlig
ungewöhnliches Verfahren wäre, vor einem offenen städtebauli
chen Wettbewerb eingeladene Planer mit Planungen zu beauf
tragen.
[Zuruf des Abg. Vetter (CDU)]
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