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Volume Nr. 43, 5. Oktober 1990

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1990, 11. Wahlperiode, 35.-47. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
43. Sitzung vom 5. Oktober 1990 
(A) Präsident Wohlrabe: Herr Landowsky! 
Landowsky (CDU): Ich bin sehr dankbar, daß die beiden 
Koalitionsparteien mit großer Freude dem Anliegen zustimmen, 
das wir hier an sie herangetragen haben. Die Begeisterung habe 
ich Ihnen bei Ihren Redebeiträgen richtig angesehen, und der 
Tonfall hat gezeigt, daß das Ihr Herzensanliegen ist. Aber wir wol 
len Sie beim Wort nehmen. Wir werden am Montag im Innenaus- 
schuß die Gesetzesänderung diskutieren und sind bereit, mit 
Ihnen am Donnerstag eine Gesetzesänderung zu beschließen. 
[Beifall bei der CDU - Vereinzelter Beifall bei der SPD] 
Präsident Wohlrabe: Frau Schraut - bitte! 
[Gramer (GRÜNE/AL); In welcher Zielrichtung? - 
Frau Schraut (GRÜNE/AL): 
Weiter so! Von der AL lernen!] 
- Frau Schraut hat das Wort! 
Frau Schraut (GRÜNE/AL): Herr Landowsky! Man kann Sie 
wirklich nur beim Wort nehmen und Sie auffordern, von der AL zu 
lernen; wobei ich Ihnen aber vorsichtshalber schon einmal 
ankündigen möchte, daß eine Gesetzesänderung nur dann in 
Ihrem und unserem Sinn diskutiert werden kann mit dem Ergeb 
nis einer Änderung des Paragraphen, als eine Änderung im Sinn 
der AL. 
[Landowsky (CDU): Was wollen Sie sonst ändern?] 
Es gibt bei dem § 29 mehrere Änderungsmöglichkeiten. Ich will 
das vorsichtshalber sagen. Wir werden es im Innenausschuß 
sehen und mit Freude zur Kenntnis nehmen. 
Präsident Wohlrabe: Herr Senator Pätzold - bitte! 
Pätzold, Senator für Inneres: Herr Präsident! Meine sehr ver 
ehrten Damen und Herren! Die antragstellende Fraktion müßte 
eigentlich wissen, daß ihr Antrag - so, wie sie ihn formuliert hat - 
natürlich rechtswidrig wäre. 
[Landowsky (CDU); Ach, woher!] 
Sie sind Jurist und müßten in besonderer Weise wissen, 
[Beifall bei der SPD] 
daß eine Vorschrift, die der Behörde das Recht einräumt, allen 
Parteien Auskünfte auf deren Antrag zu geben, nicht plötzlich - 
noch dazu mit dem Argument PDS - allen Parteien in einer 
bestimmten Wahl die Auskünfte verweigern dürfte. Das ist ein 
völlig eindeutiger Sachverhalt. 
[Landowsky (CDU): Wo steht denn das drin?] 
- Es steht eindeutig in Ihrer Begründung, es ist Ihr einziges 
Motiv, das Sie hier vorgetragen haben. Die Einsicht bei Ihnen 
muß auch spät gereift sein, denn gestern war Ihr Landesge 
schäftsführer noch bei uns und wollte die Unterlagen haben. 
[Beifall und Gelächter bei der SPD und bei GRÜNE/AL] 
Präsident Wohtrabe: Herr Senator! Gestatten Sie eine Zwi 
schenfrage des Abgeordneten Wienhold? 
Pätzold, Senator für Inneres: Ja, ich gestatte. - Ich sagte: 
„ja“. Bleiben Sie doch ruhig! 
Wienhold (CDU): Herr Senator! Würden Sie bitte die 
Freundlichkeit haben, diese vollkommen falsche Darstellung 
sofort zurückzunehmen? 
Pätzold, Senator für Inneres; Ich habe diese Freundlichkeit (C) 
nicht. Meine Beamten haben mir mitgeteilt, daß es so war. Ich 
prüfe das aufgrund Ihres Widerspruchs gern noch einmal. 
[Buwitt (CDU); Das wäre ein Wunder, 
wenn Sie einmal die Wahrheit sagen!] 
- Herr Buwitt, sind Sie wieder drauf! Donnerwetter; meine Güte. 
Herr Buwitt hat mich aufgefordert, die Wahrheit zu sagen. Dann 
fahre ich gern damit fort. - 
[Heiterkeit - Buwitt (CDU): Sie wissen doch gar nicht, 
was Wahrheit ist!] 
Wer jetzt die PDS als gefährlich empfindet, der hätte früher 
dieses Gesetz schon nicht beschließen dürfen; denn natürlich 
hatte die gute, alte SEW genau denselben Anspruch, arf die 
Daten heranzukommen. Deshalb wundere ich mich schon, wes 
halb Sie diese neue Motivation Vorbringen, nachdem 
[Buwitt (CDU): Sie haben sich nicht zu wundern, 
sondern Sachauskünfte zu erteilen!] 
- Was meinen Sie, wie sehr ich mich für den Senat auch wun 
dern darf! Wo kämen wir denn da hin? Nein, nein, nein! 
[Beifall bei der SPD und bei GRÜNE/AL] 
Präsident Wohlrabe: Herr Senator! Gestatten Sie eine Zwi 
schenfrage der Abgeordneten Schraut? 
Pätzold, Senator für Inneres: Sehr gern! 
Frau Schraut (GRÜNE/AL): Herr Senator! Können Sie 
bestätigen, daß es in das Ermessen aller Parteien gestellt war, 
sich die Wählerlisten abzuholen, 
[Sen Pätzold: Ja!] 
und weiterhin, daß die AL diese guten Stücke noch nie angefor 
dert hat? 
(0) 
Pätzold, Senator für Inneres: Ich kann das sehr gern bestäti 
gen. Es war so. Das Ermessen liegt nämlich bei den Parteien und 
nicht beim Senat. Es ist gut, daß Sie das noch einmal klarstellen. 
Ich wiederhole: Die SEW hatte früher auch Zugang zu den 
Dingen. Da durfte jeder vermuten, daß das nicht in West-Berlin 
bleibt. Es ist also eine sehr neue oder sehr späte und vordergrün 
dige Sorge, die Sie hier äußern. Ich will das nur noch einmal von 
der Sache her klarstellen: Ohne Gesetzesänderung ginge es 
nicht. Dann muß man in der Tat die Regelung auf Dauer treffen; 
das mögen die Parlamentarier beschließen, sie sind der Gesetz 
geber. Aber ich darf vielleicht auf die sachlichen Zusammen 
hänge hinweisen. 
[Beifall bei der SPD und bei GRÜNE/AL] 
Präsident Wohlrabe: Als nächster hat das Wort Herr Kol 
lege Page!! 
Pagel (REP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man 
kann sich von der Sache her sehr wohl darüber streiten, ob es 
Sinn macht, daß die Parteien in Wahlkämpfen unter großem 
finanziellem Aufwand mehr oder minder schlaue Broschüren und 
Briefe an die Bürger verschicken. Sicherlich fühlen sich auch 
manche Bürger davon belästigt - in vielen Fällen auch zu Recht. 
Aber jetzt geht es um diesen konkreten Vorgang. Da will ich doch 
einmal an der Begründung der CDU einhaken und ein paar 
Dinge in Frage stellen. 
Erstens. Die PDS hat die Meldedaten für Ost-Berlin ohnehin 
schon. 
[Landowsky (CDU): Warum?] 
- Warum wohl? Ich meine, vielleicht deswegen, weil Sie durch 
Ihre Millionengeschenke der Bundesregierung dafür gesorgt 
haben, daß dieser Staat unter Führung der SED so lange bestan 
den hat! Deswegen hat heute die PDS auch die Meldedaten. 
[Beifall bei den REP] 
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