Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode
42. Sitzung vom 27. September 1990
Stellv. Präsidentin Frohnert
(A) [21]
Wir kommen jetzt zu
lfd. Nr. 5 F, Drucksache 11/1115:
II. Lesung des Antrages der Fraktion der SPD und
der Fraktion GRÜNE/AL über Gesetz über die
Errichtung der Landesbank Berlin - Girozentrale,
Drucksache 11/1115, gemäß Beschlußempfehlun
gen des Ausschusses für Wirtschaft vom 24. Sep
tember 1990 und des Hauptausschusses vom
26. September 1990
Wird der Dringlichkeit widersprochen? - Das ist nicht der Fall.
Hier muß ich zunächst um eine Fehlerberichtigung bitten. In
der Beschlußempfehlung stehen in § 13 Absatz 2 in der letzten
Zeile die Worte „in Satz 2“. Es muß richtig heißen: „und Satz 2“.
Ich bitte, dies bei der Beratung und Beschlußfassung zu berück
sichtigen.
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung
der 19 Paragraphen miteinander zu verbinden. Gibt es dagegen
Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich auf die §§ 1
bis 19, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut der
Beschlußempfehlung Drucksache 11/1183 unter Berücksichti
gung der Fehlerberichtigung zu § 13. Gibt es Wortmeldungen?
- Herr Palm, bitte schön!
Palm (CDU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Uns liegt ein Gesetzesentwurf vor, der es der Sparkasse Berlin-
West ermöglichen soll, im Umland tätig werden zu können. Wie
wir alle wissen, sind andere Banken schon kräftig dabei, im Land
Brandenburg insbesondere zu aquirieren - unter anderem
unsere „Freunde“ - sage ich ausdrücklich in Anführungszeichen
- aus Nordrhein-Westfalen, die auf der ganzen Front alles unter
nehmen, um Brandenburg zu erobern. Damit die Sparkasse Ber-
(B) lin-West im Umland aquirieren und tätig werden kann, soll sie in
eine Landesbank umgewandelt werden.
Wir haben in den Beratungen zu diesem Gesetz die geplante
Fusion der Berliner Bank mit der Sparkasse angesprochen.
Wenn dies bis zu diesem Zeitpunkt zustandegekommen wäre,
brauchten wir über dieses Gesetz hier und heute nicht zu reden.
Leider Gottes ist diese Fusion nicht zustandegekommen, weil sie
daran scheiterte, daß in der fusionierten Bank der Begriff „Spar
kasse“ nicht Vorkommen darf und wir - wer das auch immer sein
mag - darauf nicht verzichten wollten.
Weiterhin ist in diesem Zusammenhang zu sehen, daß durch
die geplante Fusion die notwendige Kapitalerhöhung der Berli
ner Bank hinzugekommen wäre, die nunmehr zunächst in Frage
gestellt ist. Deshalb sage ich hier bereits, obwohl der Tagesord
nungspunkt noch nicht aufgerufen ist - Frau Präsidentin, gestat
ten Sie mir dennoch ein Wort zu dem dringlichen Antrag der
CDU-Fraktion, Drucksache 11/1194, zu dem wir Ihre Zustimmung
erbitten -, daß der Senat aufgefordert wird, die notwendige
Kapitalerhöhung der Berliner Bank umgehend sicherzustellen.
Ferner bitten wir darum, daß die Fusion weiterhin verfolgt wird.
Dabei berufen wir uns auf die Presseerklärung, die uns im Wirt
schaftsausschuß ausdrücklich vorgelesen worden ist und die
von Herrn Senator Mitzscherling zugesichert war, wonach es
nicht nur um eine Erklärung des Finanzsenators bezüglich der
dreizehn Bezirke von Berlin, sondern um eine abgestimmte Mei
nung des Senats geht dahin gehend, daß der Senat nicht nur die
Kapitalerhöhung, sondern auch die Zusammenführung der
beiden Banken weiterverfolgt. Wir bitten darum, daß dies künftig
so bleiben möge. Die CDU wird diesem Gesetz zustimmen. Den
noch bitten wir - wir wiederholen, was wir im Wirtschaftsaus
schuß getan haben. - um zwei Änderungen und beantragen
diese hiermit.
Im § 3 Absatz 1 sollen die unterstrichenen Worte in der Vor
lage 11/1183 „unter Berücksichtigung sozialer, ökologischer und
strukturpolitischer Grundsätze“ gestrichen werden. Sie wissen,
daß in der ersten Beratung im Wirtschaftsausschuß der Vor
standsvorsitzende der Sparkasse, Herr Moser, erklärt hat, daß er
tatsächlich im Moment nicht wisse, was er bei seinen Bankge- (C)
schäften damit anfangen solle, wie er seinen Mitarbeitern vor Ort
erklären kann, Kredite unter diesen Gesichtspunkten zu verge
ben, und wie zu prüfen sei, daß der Kredit z. B. unter ökologi
schen Grundsätzen erteilt worden ist. Was in diesem § 3
Absatz 1 weiter oben steht: „Die Bank hat durch ihre Geschäfts
tätigkeit ihren Gewährträger“ - in diesem Fall den Senat von
Berlin - „in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu unterstützen“,
sagt alles und schließt das mit ein. Wir beantragen daher die
Streichung dieser Worte.
Weiterhin beantragen wir, daß in § 14, wo es heißt, daß die
Bank nach entsprechender Beschlußfassung der Gewährträger-
Versammlung nach Zustimmung des Abgeordnetenhauses ver
schiedene Veränderungen vornehmen kann, ein weiterer Punkt
„d“ hinzugefügt wird:
d) sich nach Maßgabe der bundesrechtlichen Vorschriften in
eine Aktiengesellschaft umwandeln. Als Gründer der Akti
engesellschaft gilt der Gewährträger. Er übernimmt die
Aktien der Gesellschaft. Die Satzung der Aktiengesellschaft
wird durch das Vertretungsorgan des Gewährträgers fest
gestellt.
Wir beantragen, dieses hinzuzufügen. Ich gebe Frau Präsidentin
den Wortlaut. Wir bitten um Zustimmung zu dieser Änderung.
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsidentin Frohnert: Für die SPD-Fraktion hat das
Wort der Kollege Niklas. Bitte!
Dr. Niklas (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her
ren! Als erstes möchte ich meine Freude darüber zum Ausdruck
bringen, daß es in dieser etwas aufgeregten Zeit der September
wochen möglich war, eine dringliche Sache - die sich in ihrer
Dringlichkeit etwa ab Juli in aller Deutlichkeit zeigte - mit dem
gebotenen Ernst und der gebotenen parlamentarischen Bera- (D)
tung zu versehen und daß alle Fraktionen in der Lage waren, hier
zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. Das kann der
Landesbank Berlin nur helfen, wenn sie ihren Ausgang von
einem breiten politischen Konsens nehmen kann. Der ist gege
ben. Darüber freue ich mich.
In der Eile gibt es aber doch hin und wieder einen kleinen
Druckfehler, auf den ich, Frau Präsidentin, hinweisen möchte. Ich
habe das schon mit den Sprechern der Fraktionen abgespro
chen - das kommt jetzt nicht überraschend
[Palm (CDU); Das hat Frau Präsidentin schon verkündet!)
- im § 13, Absatz 2 bitte ich, in der letzten Zeile aus dem Wort
;_a
„in
[Palm (CDU): Das hat Frau Präsidentin schon verkündet!]
haben Sie schon? - Wunderbarl Dieser Druckfehler mußte noch
geändert werden, damit wir wissen, was wir dann beschließen.
Zur Sache selbst möchte ich den einen wesentlichen Punkt
nochmal ansprechen, den aüch Kollege Palm schon deutlich
gemacht hat. Als einziges Bundesland hatten wir bisher keine
Landesbank, was wir aufgrund unserer spezifischen Lage mit
der „wunderbaren“ Mauer um uns herum auch nicht brauchten,
weil die Aufgaben der Landesbank praktisch von der Sparkasse
wahrgenommen wurden. Die regionale Beschränkung für die
Tätigkeit der Sparkasse war durch diese Umstände ohnehin
gegeben. Nun ist die Mauer gefallen, und deshalb war es not
wendig und wichtig, daß die Sparkasse auch außerhalb Berlins
tätig werden konnte - in der gegebenen Situation ohnehin, wo
der Sparkassengedanke im Umland von Berlin natürlich von den
dort vorhandenen Sparkassen nicht mit der notwendigen Stärke
getragen und verteidigt werden kann. Unterstützung durch
unsere Sparkasse ist also nötig. Das Regionatprinzip verhinderte
das bisher, und wir lösen dieses Problem dadurch, daß wir der
Sparkasse die Qualität einer Landesbank geben, d.h. die kann im
Umfeld von Berlin als Landesbank auch im Interesse des Landes
Berlin tätig werden. Das ist im Grunde der Kern der ganzen
Angelegenheit. Hier kam es auf Eile an. Der Markt wartet nicht.
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