Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode
41. Sitzung vom 20. September 1990
Adler
(A) tie, die vielen, die in die Emigration gegangen sind, andere
sind in Sachsenhausen und in Buchenwald gelandet. Aber es
ist a u c h geschichtliche Wahrheit, daß ein großer Teil der SPD
damals mitgemacht hat. Ebenso hat Herr Hildebrandt hier
nicht dargetan, daß der Hauptvorstand der - damals noch
freiheitlichen - CDU 1947 abgesetzt worden ist, und die dann
verbliebenen CDU-Mitglieder haben kollaboriert. Diese ge
schichtlichen Bezüge, von denen ich überzeugt bin, waren
Inhalt meines Zwischenrufes.
[Frau Holzhüter (SPD): Es bleibt ein schaler Ge
schmack zurück!]
Präsident Wohlrabe: Das Wort hat Herr Kollege Hilde
brandt.
Hildebrandt (SPD); Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Als Abgeordneter des Wahlkreises Reinickendorf,
in dem es einen Franz-Neumann-Platz gibt - und jeder weiß,
was die Geschichte der Berliner Sozialdemokratie damit ver
bindet -, muß ich auf diesen Sachverhalt, Herr Adler, nicht
eingehen.
Wenn ich hier festgestellt habe, daß ich selbst an einer
Veranstaltung der Jungen Union teilgenommen habe, bei der
auch Mitglieder der NPD an einem Tisch gesessen haben,
dann ist dies ein Sachverhalt, den ich jederzeit belegen kann.
Wenn dadurch allerdings der Eindruck entstanden sein
sollte, daß ich damit die Auffassung verträte, die Junge Union
Berlins oder im Bund schlechthin arbeite ständig, überall und
zu jeder Zeit mit Faschisten zusammen, dann ist dieser
Eindruck unrichtig. Da allerdings die Schuld für eine solche
Unrichtigkeit ständig bei dem Formulierenden liegt, darf ich
mich dafür ausdrücklich entschuldigen.
(B) [Beifall bei der SPD - Dr. Staffelt (SPD): Das war
sehr nobel! Die CDU-Fraktion hat noch nicht ein
mal das Rückgrat, sich zu entschuldigen! Das ist
beschämend! - Buwitt (CDU); Das hat der Regie
rende Bürgermeister vorexerziert!]
Präsident Wohlrabe: Ich habe eine Bitte an alle, daß wir
pfleglicher miteinander umgehen.
[Dr. Staffelt (SPD); Das ist beschämend!]
Was sollen die Leute draußen von uns denken?
Lfd. Nr, 6 ist durch die Konsensliste bereits erledigt.
[24]
Ich rufe dann auf
lfd. Nr. 6 A, Drucksache 11/1151:
Beschiußempfehlung des Ausschusses für Ju
gend und Familie vom 20. September 1990 zum
Antrag der Fraktion der CDU Über Sicherung der
Kindertagesstätten-Infrastruktur in Groß-Berlin
(II), Drucksache 11/898
Wird der Dringlichkeit widersprochen?-Das ist nicht der Fall.
Wird eine Beratung gewünscht?-Das ist nicht der Fall. Wer
dem Antrag laut Beschlußempfehlung Drucksache 11/1151
seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das
Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Der
Antrag wurde mit Mehrheit angenommen.
[25]
Ich rufe auf
lfd. Nr. 7:
a) Drucksache 11/1099:
Antrag der Fraktion der REP über Bestandsga
rantie für die Berliner Kleingärten
b) Drucksache 11/1148:
Beschlußempfehlung des Ausschusses für
Stadtplanung und Stadtentwicklung vom 19.
September 1990 zum Antrag der Fraktion der
SPD und der Fraktion der AL über Sicherung von
Kleingärten in Berlin, Drucksache 11 /962
Wird der Dringlichkeit zu der Beschlußempfehlung widerspro
chen? - Das ist nicht der Fall.
Der Ältestenrat empfiehlt für die Beratung eine Redezeit bis
zu 5 Minuten pro Fraktion. Wird die Redezeit denn in Anspruch
genommen? - Dann hat Herr Kollege Pagel das Wort, und
zwar 5 Minuten.
Pagel (REP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich
möchte kurz unseren Antrag zur Herstellung einer Bestands
garantie für die Berliner Kleingärten begründen. Wir gehen
von folgender Situation aus: Die Berliner Kleingärten haben
eine wesentliche Funktion im Rahmen des Umweltschutzes
und der Erholung. Sie sind ein Rückzugsgebiet für die häufig
streßgeplagten Städter, die hier die Möglichkeit haben, in der
Abgeschiedenheit und im Grünen ihrer Freizeit nachzugehen.
[Unruhe]
Diese Kleingärten sind bedroht. Sie sind nicht nur von den
Parlamentariern der drei Fraktionen bedroht, die offensicht
lich kein Interesse an diesem Thema haben und deswegen
ihren Gesprächen nachgehen, sondern insbesondere von
Herrn Bausenator Nagel, der fast jedes Kleingartengelände in
Berlin zubetonieren und für den Wohnungsbau nutzen möchte,
und anderen Senatoren, die darauf Gewerberaum ansiedeln
wollen.
[Unruhe]
- Ich finde Ihr Verhalten ungehörig, aber es paßt zu dem, was
Sie in letzter Zeit in diesem Parlament geboten haben. - Die
. Berliner Kleingärtner sollen Sicherheit bekommen - Sicher
heit für ihre Parzellen und Sicherheit dafür, daß sie in Zukunft
auf ihrem Gelände bleiben können. Diese Sicherheit haben sie
nur, wenn das Parlament einen Bestandsschutz einräumt für
alle Kleingärten, die es zur Zeit im Stadtgebiet von Berlin gibt.
Das ist unsere Forderung.
Da in den letzten Jahren bereits eine erhebliche Anzahl von
Parzellen abgeräumt worden ist, steht diese Forderung auch
in Übereinstimmung mit den Interessen des Gemeinwohls.
Die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Stadtplanung
und Stadtentwicklung über die Sicherung von Kleingärten
geht nicht so weit. Der Antrag von Seiten der SPD und der AL
zur Sicherung der Kleingärten bezieht sich nur auf Teilflächen,
deren Umfang nicht groß genug ist. Im Ausschuß haben wir
gehört, daß es dann immer noch 4000 Parzellen gibt, die nicht
gesichert sind. Wir wollen, daß diese 4000 Parzellen gesichert
werden. Auch die Kleingärtner an der Buhrowstraße in
Steglitz, deren Parzellen Herr Nagel bebauen will, sollen die
Sicherheit haben, daß sie auf ihrem Gelände bleiben können.
Ich möchte daran erinnern, daß die jetzigen Senatsfraktio
nen SPD und AL im letzten Wahlkampf den Berliner Kleingärt
nern versprochen haben, daß sie auf ihren Parzellen bleiben
können. Dieses Versprechen - wie viele andere - haben sie
nicht eingehalten, sondern es werden von allen möglichen
Seiten Ansprüche auf diese Kleingartengelände erhoben, t
Deshalb erwarte ich wenigstens von der Fraktionen der SPD
und der AL eine einhellige Zustimmung zu unserem Antrag.
Sie würden damit immerhin eines ihrer Wahlversprechen
einlösen. Wenn Sie die Wähler in neun von zehn Fällen
angelogen haben, wäre es schön, wenn Sie in einem Fall die
Versprechungen, die Sie ihren Wählern gemacht haben,
einlösen würden. Diese Chance haben Sie hier und jetzt,
indem Sie unserem Antrag zur Bestandsgarantie für die
Berliner Kleingärten zustimmen. - Herzlichen Dank!
[Beifall bei den REP]
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