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Volume Nr. 40, 13. September 1990

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1990, 11. Wahlperiode, 35.-47. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
40. Sitzung vom 13. September 1990 
(A) Frau Dr. Launen (CDU), Berichterstatterin: Frau Präsiden 
tin! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt der Bericht vor, und 
ich will deshalb versuchen, die angegebene Zeit sogar etwas 
zu unterschreiten als eine sozialfördernde Maßnahme des 
Petitionsausschusses. 
Ich möchte an den Anfang den herzlichen Dank an alle 
Kolleginnen und Kollegen setzen, auch den Dank an die 
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen zwei seit einigen 
Wochen den Dienst in Ost-Berlin aufgenommen haben und 
dort in vorbildlicher Weise Pionierarbeit leisten. 
[Beifall bei der CDU und der SPD] 
Ich möchte auch, und ich hoffe, die Frau Präsidentin wird das 
richtig verstehen, einen herzlichen Dank an Frau Vizipräsi- 
dentin Frohnert sagen, die in diesem Ausschuß jahrelang 
gearbeitet und als Stellvertretende Vorsitzende sich einen 
krönenden Abschluß an Dank verdient hat. 
[Beifall] 
Alles, was zur Wohnungsproblematik zu sagen ist, die 
Signalwirkung, die der Petitionsausschuß darin erfahren 
konnte und mußte, das können Sie im Bericht lesen. Ich 
möchte eine Sache - recht ungewöhnlich, aber bei uns 
einstimmig-hier doch berichten, nämlich über diesen Bericht 
hinausgehend wollen wir zur Sprache bringen, daß die 
Situation alleinstehender Obdachloser sich dramatisch zuge 
spitzt hat, und wir wollen uns an den Senat wenden, daß er 
seine Entscheidung aufhebt, alleinstehenden Wohnungslosen 
keinen Wohnberechtigungsschein zu geben. Das war die 
Anregung eines Kollegen, weil etwa die obdachlose Frau auf 
der Parkbank - ein konkreter Fall -, die eine kleine Wohnung 
fand, sie nicht bekommen konnte, weil ihr der Wohnberechti 
gungsschein fehlte. Wir meinen, daß hier nach der Erfahrung 
eine Änderung nötig ist, und wir wollen deshalb in diesen 
(B) Ta 9 en einen entsprechenden Antrag stellen. 
[Beifall bei der CDU und der SPD] 
Zweitens: Aus der Fülle der Berichte, die in dem Geschehen 
deutschland- und berlinpolitisch einzubringen wären, möchte 
ich, obwohl der Fall im Bericht erwähnt ist, ihn zur Sprache 
bringen. Es handelt sich um einen Bezirksschornsteinfeger 
meister aus dem anderen Teil unserer Stadt; 20 Jahre Praxis 
als Meister, unbestritten fachliche Kompetenz, Einsatz der 
Innung für ihn, Einsatz der zuständigen Senatsverwaltung für 
ihn, aber woran scheitert es? - Er müßte, wenn er die 
Voraussetzung für die Aufnahme in die Liste der Bewerber um 
die Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister erreichen 
möchte, ein dreimonatiges Praktikum bei einem hiesigen 
Betrieb ablegen. 
[Anhaltende Unruhe bei GRÜNE/AL - Abg. Degen 
(REP) meldet sich zu einer Zwischenfrage.] 
Ich komme zu dem Bezirksschornsteinfegermeister zurück. (C) 
Ich hoffe, daß durch das Ansprechen der Tatsache, daß kein 
Betrieb in Berlin bereit war, diesem Mann ein dreimonatiges 
Praktikum zu geben, daß sich durch das Ansprechen dieser 
Tatsache wenigstens in der Parlamentsöffentlichkeit ein Be 
trieb findet - vielleicht nimmt die Presse das auf -, damit 
diesem Mann die Chance nicht weiter verbaut wird. Und ich 
spreche das auch an, weil ja dann nach dem 2. Dezember die 
Zulassung gesamtberlinisch geregelt werden muß. Ich meine 
aber, der Mann sollte nicht bis zum 2. Dezember warten 
müssen. 
[Beifall bei der CDU und der SPD] 
Lassen Sie mich drittens vortragen, und da kann ich nun aus 
einer abenteuerlichen Geschichte tatsächlich eine Kurzfas 
sung machen, weil wir diesen Punkt in der nächsten Sitzung 
des Abgeordnetenhauses auf der Tagesordnung haben: Es 
passiert sehr selten, daß der Petitionsausschuß eine Sache, in 
der er wieder vom Senat eine unzufriedenstellende Antwort 
bekam, ins Parlament bringt. Daß wir auch dieses absolut 
einstimmig getan haben, zeigt, wie verärgert der Ausschuß in 
dieser Sache über den Senat ist. Es geht um die Telefongeneh 
migung für die Kleingärten. Frau Senatorin Schreyer war bei 
uns. Wir haben eine Regelung gefunden, mit der wir eigentlich 
alle leben konnten: eine vernünftige und angemessene Inter 
pretation des geltenden Gesetzes. Auch der Petitionsaus 
schuß des Bundestages hat dem zugestimmt, ebenso die 
zuständige Ministerin in Bonn. Aber was passiert? - Frau 
Frohnert bekommt aus dem einen, Herr Hapel aus dem 
anderen Bezirk vor wenigen Tagen mitgeteilt, daß das nicht 
ginge. Der Beamte hat sich durchgesetzt - entgegen der 
Meinung der Senatorin. 
[Landowsky (CDU): Unerhört!] 
Da pocht das Parlament auf seine Rechte! 
[Beifall bei der CDU, der SPD und des Abg. Rieger 
(fraktionslos)] 
Dazu möchte ich noch eine Bemerkung machen. Hätte ich 
soviel Geld - sage ich jetzt einmal -, dann würde ich solch 
einem abgelehnten Laubenpieper 10 000 DM schenken - aber 
das ist mir ein bißchen viel -, und dann würde ich ihn 
auffordern, sich das Mobil-Telefon bei Siemens zu kaufen. 
Dann kann er den Beamten anrufen, der ihn abgelehnt hat. 
Das ist nämlich jetzt eine soziale Frage und nicht mehr eine 
Frage der Kleingartennutzung! 
[Beifall bei der CDU, der SPD und des Abg. Rieger 
(fraktionslos)] 
(D) 
Ich habe eigentlich immer gedacht, daß Frau Schreyer auch 
für das Soziale stehe - aber Irren ist menschlich. 
[Gardain (SPD): Die ist gar nicht da!) 
Stellv. Präsidentin Frohnert: Frau Dr. Laurien, gestatten 
Sie eine Zwischenfrage? 
Frau Dr. Laurien (CDU), Berichterstatterin: Ja, immer, 
obwohl es nicht üblich ist beim Bericht des Petitionsausschus 
ses. 
Degen (REP): Es geht darum, daß Sie hier nur sehr schwer 
zu verstehen sind. Da drüben entsteht eine solche Unordnung, 
wahrscheinlich ist man mit der Wahl nicht einverstanden, weil 
Herr Wieland nicht gewählt wurde. Ihr Bericht ist jedenfalls 
sehr interessant. 
Frau Dr. Laurien (CDU), Berichterstatterin; Also Herr Kol 
lege, ich bin sicher länger im Parlament und in dem Geschäft als 
Sie. Ich habe Verständnis dafür, wenn Kollegen aufgeregt sind. 
Ich bin eine alte Lehrerin, und außerdem bin ich eine CDU-Frau, 
und die ist es gewöhnt, daß wir auch in Krawallern durchstehen. 
[Beifall bei der CDU und der SPD] 
- Das ist auch typisch für die Achtung des Parlaments. 
Lassen Sie mich abschließend noch etwas zur Sprache 
bringen, bei dem ich Sie, die Fraktionen, ansprechen möchte. 
Ich habe in meinem Bürgerbüro eine bewegende Ansprache 
gehabt von einem alten Ehepaar - er Jahrgang '08, sie 
Jahrgang '13 -, das vor Jahrzehnten ein dem Kältetod 
ausgesetzt gewesenes Mädchen gerettet, aufgenommen, 
adoptiert und mit ihm alle schweren Zeiten durchgestanden 
hat. Sie wie ich wissen; Die Frau bekommt kein Erziehungs 
geld zur Rente. Ihr geht es nicht um die 29 DM, sondern um die 
Anerkennung dessen, was sie gelebt hat. Ich habe daraufhin 
an Herrn Blüm, an das Bundeskanzleramt geschrieben und 
das Ehepaar gebeten, sich an den Petitionsausschuß des 
Bundestages zu wenden. Die Antwort war ablehnend. Gleich 
zeitig kamen zwei Petitionen bei uns an, die sich auf Pflegekin 
der und Adoptionen beziehen. Wir haben das im Ausschuß 
besprochen und richten folgende Bitte an Sie, die wir dann 
auch in der neuen Legislaturperiode einbringen wollen: Nach 
2048
	        
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