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Volume Nr. 33, 14. Juni 1990

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989/90, 11. Wahlperiode, 17.-34. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
33. Sitzung vom 14. Juni 1990 
1726 
(A) Miosga (REP): Wenn Sie zugeben, daß die Sozialleistungen 
etwa so hoch ausfallen könnten: Wie kommt es dann, daß ange 
sichts dieser hohen Beträge - so finde ich jedenfalls - Hunderte 
von Zigeunern in der Stadt betteln und hausieren, die die glei 
chen Sozialhilfeleistungen wie andere - wie Sie sagen, auch 
Deutsche - bekommen? 
[Bogen (REP): Gute Frage! - 
Haberkorn (AL): So dumm kann man 
gar nicht fragen I] 
Präsident Wohlrabe: Frau Senatorin, bitte! 
Frau Stahmer, Bürgermeisterin und Senatorin für Gesund 
heit und Soziales: Es ist in keiner Weise festzustellen, ob die 
Rumänen, die in der Stadt herumgehen und - wie vielfach 
berichtet wird - auch betteln und um Hilfe bitten, gleichzeitig im 
Asylverfahren sind und dort Sozialhilfe bekommen. Das ist nicht 
zu beweisen. 
Die Frage liegt woanders, nämlich wie wir in Berlin zur Zeit mit 
den offenen Grenzen umgehen, die wir haben und über die wir 
uns freuen. Dabei müssen wir damit rechnen, daß in der derzeiti 
gen europäischen Situation die Menschen aus den ärmeren 
Staaten Osteuropas, denen es dort sehr schlecht geht, hierher 
kommen. Damit müssen wir uns auseinandersetzen. Das kann 
man nicht anhand von irgendwelchen finanziellen Fragen tun, wie 
Sie das versuchen, sondern das sind Fragen, die das Schicksal 
Europas insgesamt betreffen. 
[Beifall bei der SPD und der AL - 
Dr. Köppl (AL): Noch gibt es 
keine Kennkarten!] 
Präsident Wohlrabe: Das Wort hat der Abgeordnete Pagel! 
(B) Pagel (REP): Frau Senatorin I Welche finanziellen Leistungen 
für eine deutsche Familie mit sechs Kindern, die Sozialhilfe 
beziehen muß, werden vom Senat aufgebracht? 
[Bogen (REP): Nicht einmal die Hälfte! - 
Haberkorn (AL): Nicht die Hälfte!] 
Präsident Wohlrabe: Frau Senatorin, bitte! 
Frau Stahmer, Bürgermeisterin und Senatorin für Gesund 
heit und Soziales: Wenn diese Familie in einem Heim unterge 
bracht ist, wie die Familie in dem Beispiel, sind die Kosten genau 
gleich. 
Präsident Wohlrabe: Weitere Zusatzfragen? - Frau Ließ- 
feld, bitte! 
Frau Ließfeld (SPD): Frau Senatorin! Ich beziehe mich auf 
die angegebenen Kosten für die Heimunterbringung und frage 
Sie: Werden diese Heime nicht überwiegend von Wohlfahrtsver 
bänden getragen, so daß die entstehenden Kosten natürlich 
immens hoch sind? Falls es ein privat betriebenes Heim ist: Was 
werden Sie tun, um die Spekulation mit der Wohnungsnot von 
Asylbewerbern zu beenden? 
Präsident Wohlrabe: Frau Senatorin, bitte! 
Frau Stahmer, Bürgermeisterin und Senatorin für Gesund 
heit und Soziales: Die Heime werden sowohl von Wohlfahrtsver 
bänden, als auch von Privaten getragen. Die Höhe der Kosten 
hängt im wesentlichen von einem Tagessatz ab, der sich auch auf 
die Investitionen bezieht, die private Träger oder Wohlfahrtsver 
bände im vergangenen Jahr - als wir Heime schnell und zahl 
reich errichten mußten - aufwenden mußten. Diese ausgehan 
delten Tagessätze enthalten keine Gewinne, die über dem nor 
malen Investitionsgewinn von 3 Prozent liegen - weder bei Priva 
ten noch bei Wohlfahrtsorganisationen. Es kann deshalb bei der (C) 
Unterbringung in Heimen nicht davon die Rede sein, daß sich 
hiermit jemand eine goldene Nase verdient, sondern er verdient 
nur die Zinsnase, die er auch sonst verdienen würde, wenn er 
Kapital investiert. 
Präsident Wohlrabe: Herr Abgeordneter Dr. Wruck, bitte! 
Dr. Wruck (CDU): Angesichts der von Ihnen gegebenen Ant 
wort: Beziehen Sie die Kosten, was Asylbewerber anlangt, allein 
auf das zusammenwachsende Europa, das heißt nur auf die 
Europäer, oder auch auf Asylbewerber aus asiatischen und 
afrikanischen Ländern, für die ein bestimmtes Einwanderungs 
recht - nach der Weisung des Innensenators - jetzt gewährt 
worden ist? - Entstehen für diese Asylbewerber nicht diese 
hohen Kosten? 
Präsident Wohlrabe: Frau Senatorin, bitte! 
Frau Stahmer, Bürgermeisterin und Senatorin für Gesund 
heit und Soziales: Ich habe mich mit meinen Worten zu Europa 
auf den zweiten Teil bezogen, nämlich auf die Menschen aus 
Rumänien, die in der Stadt sind. Die Frage der Kosten der Unter 
bringung ist in allen Fällen gleich. 
Sie haben offenbar vorhin dem Herrn Innnensenator nicht 
zugehört, der deutlich gemacht hat, daß wir im vergangenen Jahr 
und jetzt eine Altfallregelung haben, wie sie Herr Innensenator 
Kewenig bereits vorgenommen hat - und daß auch die jetzige 
Regelung, die wir für Asylbewerber haben, mit den Gesetzen der 
Bundesrepublik in Einklang steht und keine besondere Berliner 
Situation darstellt. Wir bemühen uns, die Integration so weit wie 
möglich und im Einklang mit dem Bundesrecht fortzuführen. Die 
Geschichte, daß diese Regelung etwas Besonderes sei, um 
Asylbewerber nach Berlin zu locken, ist nicht wahr - auch wenn 
Sie es beim dritten Mal noch nicht glauben, Herr Wruck. (d) 
Präsident Wohlrabe: Das Wort hat der Abgeordnete 
Miosga zu einer weiteren Frage! 
Miosga (REP): Frau Senatorin, halten Sie es für gerechtfer 
tigt, daß zum Beispiel Asylbewerber im CC-Hotel am Kurfürsten 
damm in einem Neubau - einem komfortablen Hotel - unterge 
bracht werden, während im vorigen Jahr für Aus- und Übersiedler 
dieses Hotel nicht zur Verfügung stand? 
[Bogen (REP): Unglaublich!] 
Präsident Wohlrabe: Frau Senatorin, bitte! 
Frau Stahmer, Bürgermeisterin und Senatorin für Gesund 
heit und Soziales; Ich kann Ihnen zu diesem Hotel nichts sagen, 
weil mir die Verträge nicht bekannt sind. Wenn aber mit diesem 
Hotel Unterbringungsverträge geschlossen worden sind, wer 
den sich auch dort die Kosten in dem von mir genannten Rah 
men halten. 
Präsident Wohlrabe: Zu einer weiteren Frage - Herr Abge 
ordneter Dr. Wruck! 
Dr. Wruck (CDU); Frau Stahmer, ist Ihnen nicht bekannt, daß 
die Ausländerzahlen gerade aus den Ländern, für die ein beson 
deres Einwanderungsrecht, ein Bleiberecht gewährt wird - 
unabhängig von der bundeseinheitlichen Regelung -, gestiegen 
sind und daß die Kosten erheblich in die Höhe gegangen sind? 
Haben Sie in dieser Beziehung mit den Mitarbeitern Ihrer Be 
hörde bisher keine Gespräche geführt, oder haben Sie diese 
Information nicht? 
Präsident Wohlrabe: Frau Senatorin bitte!
	        
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