Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode
28. Sitzung vom 5. April 1990
1490
Frau Kampfhenkel
(A) von Allianz und SPD in Wahlprogrammen verabschiedet worden
sind, deuten darauf hin, daß die Parteien der DDR eine Zukunft
für ihre Menschen besser gestalten können. Das aber machen
Sie mit Ihrer Hektik und mit Ihren schnellen Wegen kaputt. Sie
geben der Regierung der DDR, bevor die sich überhaupt konsti
tuiert hat, keine Chance, eine eigene Identität zu entwickeln. Und
eine eigene Identität zu entwickeln - da gebe ich Ihnen recht -,
das ist unsere gemeinsame Aufgabe hier, besonders seitens der
CDU und der SPD, auch den Bonner Parteien klarzumachen, da
sind wir völlig d’accord.
[Beifall des Abg. Landowsky (CDU)]
Sie haben so große Sorgen darum, daß Herr Lafontaine nicht
den richtigen Weg geht. Herr Lafontaine geht den seriösen Weg,
und diesen seriösen Weg werden wir unterstützen.
[Oh! von der CDU - Beifall bei der SPD -
Landowsky (CDU): Das stimmt nicht!]
Wir hätten uns gewünscht, daß der Bundeskanzler nicht erst
hinauspustet und dann denkt, sondern beispielsweise die Deut
sche Bundesbank und den Zentralbankrat vor dem Wahlkampf
befragt hätte und nicht erst jetzt. Unsere große Sorge ist, da die
Versprechungen unter dem Aspekt des Stimmenfangs im Wahl
kampf gegeben worden sind, daß hier einer jungen Demokratie
ein sehr schlechter Dienst erwiesen worden ist. Wir hoffen, daß
die neugebildete Regierung der DDR das Vertrauen in die Demo
kratie wiederherstellen kann. Wir hoffen, daß die Bundesregie
rung auf die Vorschläge ihrer Schwesternpartei in der DDR mehr
hört, als dies bis jetzt der Fall gewesen ist.
[Beifall bei der SPD -
Vereinzelter Beifall bei der AL]
Stellv. Präsidentin Brinckmeier; Es liegen keine weiteren
Wortmeldungen vor, weil wir auch gar keine Redezeit mehr zu
vergeben haben. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung
gefunden.
(B)
Ich rufe auf
lfd. Nr. 2, Drucksache 11/716:
I. und II. Lesung der Vorlage - zur Beschlußfas
sung - über Gesetz zur Übernahme von Gesetzen
Gemäß AL: 32 Abs. 3 GO verbinde ich die I. und 11. Lesung. Gibt
es Wortmeldungen zur I. und II. Lesung? - Das ist nicht der Fall.
Wer dem Gesetz zur Übernahme von Gesetzen seine Zustim
mung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. -
Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen?
Die Gesetze sind einstimmig übernommen worden.
Lfd. Nr. 2 A:
a) Drucksache 11/731:
II. Lesung des Gesetzes über die Feststellung
eines Nachtrags zum Haushaltsplan von Berlin
für das Haushaltsjahr 1990 (Nachtragshaushatts-
gesetz 1990 - NHG 90), Drucksache 11/653,
gemäß Beschlußempfehlung des Hauptaus
schusses vom 28. März 1990
b) Drucksache 11/742:
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion
der AL über Zulassung von Mehrausgaben im
Rahmen der Haushaltswirtschaft
Wird der Dringlichkeit widersprochen? - Das ist nicht der Fall.
Der Ältestenrat empfiehlt, mit dem Nachtragshaushaltsgesetz
lfd. Nr. 10, Drucksache 11/685;
Bericht über die Finanzplanung von Berlin 1989 bis
1993
zu verbinden. - Ich höre auch hierzu keinen Widerspruch, so daß (C)
dieser Punkt dann damit aufgerufen ist. Für die Beratung emp
fiehlt der Ältestenrat eine Redezeit bis zu 20 Minuten pro Frak
tion. - Auch dagegen gibt es keinen Widerspruch.
Ich eröffne die II. Lesung über das Nachtragshaushaltsgesetz
und schlage vor, die Einzelberatung der drei Paragraphen mit
einander zu verbinden. - Widerspruch gibt es nicht.
Ich rufe auf die §§ 1 bis 3, die Überschrift und die Einleitung
im Wortlaut der Drucksache 11/653 unter Berücksichtigung der
Beschlußempfehlung, Drucksache 11/731. Für die CDU-Fraktion
hat jetzt der Abgeordnete Buwitt das Wort.
Buwitt (CDU); Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Herr Senator Meisner, ich muß leider noch einmal auf die Aktu
elle Stunde zurückkommen, weil ich Ihnen sagen muß, daß einer,
der entweder aus Unkenntnis oder vorsätzlich - nämlich vorsätz
lich falsch - der Bundesregierung Wahlbetrug vorwirft, ein
schlechter Sachwalter der Berliner Interessen in Bonn ist. Des
halb liegen die Interessen Berlins bei Ihnen auch in schlechten
Händen.
[Beifall bei der CDU]
Der Nachtragshaushalt ist notwendig geworden. Zur Finanz
planung ist - glaube ich - gar nicht viel zu sagen. Man wird sie
sicher hier und später auch in die Beratung des Hauptausschus
ses mit einbeziehen können. Aber der Senat hat selber gesagt:
Diese Finanzplanung muß nicht sehr ernst genommen werden.
Das ist wohl auch richtig, denn der Zeitraum, für den sie
bestimmt ist, wird sicher noch durch andere Faktoren bestimmt
werden.
Der Nachtragshaushalt ist notwendig geworden, weil die
Bundeshilfe um 400 Millionen DM aufgestockt wurde und weil
die Steuererwartungen in diesem Jahr wahrscheinlich um
160 Millionen DM übertroffen werden. Er ist aber leider nicht
etwa zustandegekommen, weil eine Initiative des Senats eine
Korrektur der Politik in Berlin vornehmen wollte, einer Politik, die (W
von den meisten Menschen in dieser Stadt als unerträglich emp
funden wird. Dieser Nachtragshaushalt ist nicht zustandegekom
men, um sich nun endlich an den Bedürfnissen dieser Stadt und
dieser Bürger zu orientieren. Dieser Nachtragshaushalt hat die
Chancen dafür nicht genutzt.
Der SPD-AL-Senat hatte angekündigt, daß er die Bürger an
den Geschehnissen der Stadt stärker beteiligen wollte. Leider ist
das in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen, und es ist auch
nicht zu erkennen,daß es in Zukunft anders werden soll. Vielmehr
wird der Bürger in einem bisher nicht gekannten Maß reglemen
tiert und - wie ich meine, wir haben heute in der Fragestunde
schon darüber gesprochen - schikaniert. Es wird über seine
Interessen hinweggegangen, ohne daß er dabei irgendwie inter
venieren kann. Alles das vollzieht sich teilweise aus Unfähigkeit
und teilweise vorsätzlich.
Mittlerweile wissen alle, daß die Koalitionsvereinbarung -
und zwar auch ohne die Veränderungen am 9. November, in der
Zeit davor und danach - untauglich ist, die Probleme der Stadt
zu lösen, und schon gar nicht geeignet ist, eine vernünftige Poli
tik zur Weiterentwicklung Berlins zu gestalten. Aber statt daß
man sich nun zusammensetzt und diese Koalitionsvereinbarung
endlich auf einen Stand ändert, der dieser Stadt verträglich
erscheint, streiten sich die Senatoren mit den beiden Koalitions
fraktionen, die AL mit der SPD und, wenn es sein muß, die SPD
auch untereinander. Dieses ist Ihr Beitrag für Berlin, und das
Ganze nennt man dann die neue Streitkultur. Das ist keine neue
Kultur, das ist reine Machterhaltung, die Sie hier betreiben, nicht
mehr und nicht weniger. Die Bürger dieser Stadt bleiben dabei
auf der Strecke.
Vom Regierenden Bürgermeister hört man eigentlich - außer
seinen Regierungserklärungen, möglichst zu übergeordneten
Themen - nichts mehr, jedenfalls nichts zu den Problemen in
dieser Stadt. Ein gutes Beispiel ist da sicher der Kita-Streik. Wo
war der Regierende Bürgermeister eigentlich, um sich der
Sorgen der Bürger, der Eltern und der Kinder anzunehmen?
Nein, nichts hört man von ihm über diese Probleme. So ähnlich