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Volume Nr. 25, 22. Februar 1990

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989/90, 11. Wahlperiode, 17.-34. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
25. Sitzung vom 22. Februar 1990 
1242 
Frau Sen Dr. Schreyer 
(A) Gefährdung der Bevölkerung ist durch diese baulichen und 
vor allem auch organisatorischen Auflagen nicht gegeben. Eine 
Brandgefahr ist bei den verschiedensten Industrieanlagen nicht 
auszuschließen, sondern muß auf das Minimum reduziert wer 
den. Aus diesem Grunde habe ich sehr viel Wert darauf gelegt, 
daß ein Zwischenlager, das jetzt vonnöten ist, in einem Industrie 
gebiet und nicht in einem Wohngebiet errichtet wird. 
[Zuruf von der CDU: Das war doch nicht die Frage!] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Herr Berger! 
(B) Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Die nächste Frage - 
Herr Wronski! 
Vogt (CDU): Frau Senatorin, ich bitte Sie noch einmal im 
Interesse der besorgten Bewohner, die in der Nähe der Flotten 
straße ihr Zuhause haben, klar und deutlich und verbindlich zu 
antworten: Ist - Sie haben gesagt, die Baumaßnahmen sind 
abgeschlossen - gesichert, daß insbesondere im Brandfall gif 
tige Gase durch Schutzfilternalagen in der Halle zurückgehalten 
werden und die Anwohner nicht gefährdert sind? - Klar und 
deutlich, bitte! 
Stellv. Präsidentin Dr.Schramm: Frau Schreyer! 
Frau Dr. Schreyer, Senatorin für Stadtentwicklung und Um 
weltschutz: Eine Industrieanlage beinhaltet immer ein Risiko. Wir 
hatten vor einer Woche den Brand in einem Kunststoffrecyclin 
glager; auch da hat es die Freisetzung von Gasen gegeben. Und 
wenn hier dieses Haus abbrennen würde, wird es auch verschie 
dene giftige Gase geben. Das ist das Risiko, wenn man in einer 
Industriegesellschaft lebt. Und dieses Risiko, in einer Industrie 
stadt zu leben, ist nicht auf Null zu reduzieren! Wir konnten inso 
fern nur alle Auflagen machen, die dieses Risiko minimieren. 
[Vogt (CDU): Das Risiko geht auf Ihre Verantwortung!] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Die Fragestunde ist 
damit beendet. Alle Mündlichen Anfragen, die aus Zeitgründen 
jetzt nicht beantwortet werden konnten, werden wie immer 
schriftlich beantwortet. 
Ich rufe auf 
Erklärung 
des Regierenden Bürgermeisters 
zum Thema „Die aktuelle Lage Berlins im Prozeß 
des Zusammenwachsens der beiden deutschen 
Staaten“ 
Bevor ich dem Regierenden Bürgermeister das Wort gebe, noch 
eine Erläuterung zum weiteren Ablauf. Der Ältestenrat schlägt 
vor, daß die anschließende Aussprache 25 Minuten pro Fraktion 
beträgt. Dies zur Orientierung. Jetzt erteile ich dem Regierenden 
Bürgermeister das Wort. 
Momper, Regierender Bürgermeister: Frau Präsidentin! 
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die deutsche Frage 
hat die Politik in unserem Lande seit 40 Jahren dominiert, und sie 
hat die Schlüsselrolle in der europäischen Nachkriegspolitik 
gespielt. Die deutsche Frage ist jetzt politisch entschieden. 
Die Deutschen in Ost und West wollen in ihrer übergroßen Mehr 
heit die Einheit. Beide Regierungen bereiten deshalb die Einheit 
vor. Die Siegermächte und die europäischen Nachbarn befür 
worten die Einheit. Damit wird auch die Zukunft des geteilten 
Berlin entschieden. Berlin wird wieder eine Stadt sein. Es wird 
ein Parlament, eine Stadtregierung, eine Verwaltung haben. Die 
Mauer, die unsere Stadt 28 Jahre lang brutal geteilt hat, wird 
abgerissen. Die Grenzen, die als Grenze zwischen zwei ver 
schiedenen Wirtschafts- und Währungsgebieten noch durch 
unsere Stadt und durch Deutschland verläuft, wird verschwin 
den. 
[Beifall bei der SPD] 
Diese politische Entscheidung ist schneller gekommen als alle 
erwartet haben. Die Macht der SED ist in einem rasenden Tempo 
in sich zusammengefallen. Die Nachfolger Erich Honeckers 
haben es nicht vermocht, schnell eine neue und anerkannte 
Slaatsautorität aufzubauen. In 40 Jahren DDR ist in dem zweiten 
deutschen Staat keine nationale Identität entstanden. 
[Landowsky (CDU): Haben wir immer gesagt!] 
In den revolutionären Tagen des Oktober und des November 
1989 haben sich die Bürger der DDR auf der Straße als Volk ent 
deckt, so wie Christa Wolf das formuliert hat. Sie haben erkannt, 
daß sie die Macht haben, die SED wegzufegen, den Stasi-Appa 
rat zu zerschlagen und Selbstbestimmung auszuüben. Heute 
Wronski (CDU): Frau Senatorin! Was haben Sie eigentlich 
außer der sicher notwendigen Auflagenserie für West-Berliner 
Zwischenlagerungen unternommen, um gegenüber demjenigen, 
der die Situation durch eklatanten Vertragsbruch verursacht 
hat, wenigstens das durchzusetzen, daß derjenige, der den Ver 
trag gebrochen hat, sich primär Sorgen um Zwischenlagerung 
zu machen hat und nicht der, dem der Vertrag gebrochen 
wurde? 
Stellv. Präsidentin Dr.Schramm: Frau Schreyer! 
Frau Dr. Schreyer, Senatorin für Stadtentwicklung und Um 
weltschutz: Herr Wronski! Wir hätten uns natürlich auch auf 
diesen Standpunkt stellen können und einfach nur permanent 
wiederholen können, daß der Vertrag gebrochen wurde, und das 
Risiko in Kauf nehmen können, daß eine große Anzahl von Betrie 
ben in Berlin stiligelegt worden wäre. Wir haben den Weg 
gewählt, die Konzentration unserer Arbeit darauf zu legen, 
andere Entsorgungswege zu finden und die die notwendigen 
Zwischenlagerkapazitäten, die auch fürderhin notwendig sein 
werden, in Berlin zu schaffen. Ich habe gegenüber dem Umwelt 
minister der DDR meinen Protest geäußert, und zwar deshalb, 
weil hier die Gefahr bestanden hat und auch noch nicht ausge 
schlossen ist, daß ökologische Risiken verlagert werden, und es 
ist gegenwärtig eben nicht bis ins letzte zu kontrollieren, ob 
Betriebe in dieser Situation jetzt auch ökologisch nicht verträgli 
che Wege der Entsorgung gehen werden. 
Die Frage der weiteren Schlußfolgerungen aus dem Vertrag 
liegen nicht in der Zuständigkeit meines Hauses, sondern sie ist 
zwischen den kommerziellen Partnern zu regeln. 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Die letzte Frage - Herr 
Vogt! 
Berger (AL): Ich möchte die Senatorin fragen, da wir uns ja 
darin einig sind, daß trotz umfangreicher Sicherheitsvorkehrun 
gen keine Lagerung von industriellem Sondermüll ein Nullrisiko 
ist, warum sie dieses Lager an der Flottenstraße, verglichen mit 
anderen Vorschlägen, die hier in der Stadt kursieren, vorgezogen 
hat. - Ich meine die Gatower Rieselfelder oder das Lager am 
Ostpreußendamm. Ich bitte aber diesmal um eine kurze Stellung 
nahme! 
[Heiterkeit bei der CDU - 
Palm (CDU): Dazu liegt noch kein Brief vor!] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Frau Schreyer! 
Frau Dr. Schreyer, Senatorin für Stadtentwicklung und Um 
weltschutz; Es wurden die verschiedenen Alternativflächen in 
Augenschein genommen sowohl von der Wasserbehörde, 
jeweils dem Gesundheitsamt des Bezirks, der Feuerwehr und 
weiteren daran beteiligten Verwaltungen beziehungsweise Be 
hörden. In der Bilanz ist diese Halle in der Flottenstraße als am 
geeignetsten bezeichnet worden und wurde deshalb als erstes 
in Anspruch genommen.
	        
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