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Volume Nr. 25, 22. Februar 1990

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989/90, 11. Wahlperiode, 17.-34. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
25. Sitzung vom 22. Februar 1990 
1235 
: 
(B) 
RBm Momper 
dagegen, mit neuen Begriffen bei Dritten Assoziationen zu 
wecken, die heute nicht mehr in die Zeit passen. Was ich zur 
Hauptstadt gesagt habe, habe ich eben deutlich gemacht, 
[Dr. Hassemer (CDU): Was Sie früher gesagt haben!] 
ich kann es durchaus noch einmal wiederholen, aber das möch 
ten Sie sicher nicht. Ich sage Ihnen: Berlin hat so oder so die 
große Kraft, als europäische Metropole, als Ort des Austausches 
zwischen Ost und West zu strahlen - in welcher Funktion auch 
immer. 
[Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU: Wendehals!] 
Stellv. Präsidentin Dr.Schramm: Herr Landowsky! 
Landowsky (CDU): Herr Regierender Bürgermeister, wären 
Sie anhand Ihres neuen Erkenntnisstands auch bereit, die von 
Ihnen gebrauchten Formeln von „Wiedervereinigungsge 
quatsche“ und „Wiedervereinigungsgefasel“ nun offiziell zurück 
zunehmen? 
[Beifall bei der CDU] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Herr Momper! 
Momper, Regierender Bürgermeister: So, wie ich damals 
etwas gegen das Wiedervereinigungsgequatsche gehabt habe, 
habe ich heute etwas gegen das Destabilisierungsgequatsche 
aus den Reihen Ihrer Partei und aus den Reihen Ihrer Bundes 
regierung. 
[Beifall bei der SPD - Zuruf von der SPD: Sehr gut! - 
Zurufe von der CDU] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Eine weitere Zusatzfrage 
stellt Herr Lehmann-Brauns. 
Dr. Lehmann-Brauns (CDU): Herr Regierender Bürgermei 
ster, da es Ihnen offenbar gleichgültig ist, daß aus der Eingangs 
formel der Fall der Mauer verschwindet: Ist Ihnen entgangen, 
daß noch immer eine real existierende Mauer mitten in der Stadt 
vorhanden ist, daß Sie immer noch zweimal den Ausweis zeigen 
müssen, einmal vom Zoll kontrolliert werden? Halten Sie das für 
normal, und halten Sie diese Tatsache für legitimierend, den Vor 
spruch, der von Willy Brandt stammt und der einmal das Ethos 
dieses gesamten Hauses umfaßt hat, mit dieser lapidaren und 
naßforschen Begründungen abzuschaffen? 
[Edel (SPD): Ich bin einmal nach Bayern gefahren, 
da habe ich den bayerischen Zoll kennengelernt!] 
Stellv. Präsidentin Dr.Schramm: Die Antwort - Herr 
Regierender Bürgermeister! 
Momper, Regierender Bürgermeister; Herr Kollege Dr. Leh 
mann-Brauns, ich müßte jetzt, weil Ihnen meine Haltung zu 
diesen Fragen offenbar entgangen ist, längere Passagen aus der 
bevorstehenden Regierungserklärung vorwegnehmen. Aber 
wenn Sie es gestatten, erlaube ich mir, das nachher im Zusam 
menhang vorzutragen. 
Ich will Ihnen aber gern eine Teilantwort geben, weil Sie offen 
bar die Zeitungen in den letzten Tagen nicht genau gelesen 
haben. Ich bin für die Währungsunion, und ich bin auch für die 
Wirtschaftseinheit Ich bin deshalb dafür, weil das der sicherste 
und der schnellste Weg ist, 
[Zurufe von der CDU - Unruhe bei der CDU] 
um Unterschiede und das Wirtschafts- und Währungsgefälle 
einzuebnen, weil dann DDR der letzte Grund dafür entfällt, über 
haupt noch Kontrollen an den Grenzen zu haben. 
[Beifall bei der SPD] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm; Herr Buwitt! (C) 
Buwitt (CDU): Herr Regierender Bürgermeister, ich frage 
Sie, nachdem Sie jetzt darzustellen versuchen, daß Sie der Erfin 
der des Wunsches nach deutscher Wiedervereinigung seien, ob 
Sie sich selbst als „Wendehals“ bezeichnen würden, da Sie 
nach dem 9. November noch von der Zweistaatlichkeit ausge 
gangen sind und Leute, die sich für die Wiedervereinigung ein 
gesetzt haben, der Wiedervereinigungsrhetorik beschuldigt 
haben. 
[Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: 
Superwendehals!] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Herr Momper! 
Momper, Regierender Bürgermeister: Herr Kollege Buwitt, 
ich kann Ihnen bestätigen, daß ich nicht der Erfinder der Wieder 
vereinigungsidee bin. Was die Zweistaatlichkeit anbelangt, so 
möchte ich darauf aufmerksam machen, daß sie im Moment noch 
besteht. 
[Dr. Lehmann-Brauns (CDU): Und trotzdem schaffen Sie 
die Formel ab! - Weitere Zurufe von der CDU] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Die letzte Zusatzfrage 
stellt Herr Hassemer. 
Dr. Hassemer (CDU): Herr Regierender Bürgermeister, ver 
stehen Sie nicht, daß wir heute für das Parlament und für die Ber 
liner wissen wollen - egal, was Sie in der Vergangenheit gesagt 
haben -, ob Sie - das ist der Grad Ihrer Wende, den wir eruieren 
wollen - in Zukunft Wörter wie „Gefasel zur Hauptstadt" oder 
„Wiedervereinigungsgequatsche“ nicht mehr in den Mund neh 
men werden? 
[Beifall bei der CDU] ^ 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Der Regierende Bürger 
meister hat das Wort. 
Momper, Regierender Bürgermeister; Herr Kollege Hasse 
mer, ich werde Begriffe immer dann benutzen, wenn sie mir ge 
eignet erscheinen, einen Sachverhalt zutreffend zu beschreiben 
und nach außen hin klarzumachen, was ich meine. 
Das zweite ist, Herr Kollege Hassemer: Es gilt der folgende 
allgemeine Grundsatz: Alles zu seiner Zeit! 
[Beifall bei der SPD - Gelächter bei der CDU] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Wir kommen jetzt zur 
Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Barthel über 
Verweigerung von Sozialhilfe für aufent 
haltsberechtigte Flüchtlinge 
Barthel (SPD): Frau Präsidentin! Ich frage den Senat: 
1. Was gedenkt der Senat dagegen zu tun, daß Flüchtlingen, 
denen er eine Aufenthaltserlaubnis erteilt hat, von Sozialämtern 
Sozialhilfe u.a. mit dem Hinweis verweigert wird, daß sie ihre 
„Hilfsbedürftigkeit durch Rückkehr in ihr Heimatland selbst 
abwenden“ könnten, und diese Menschen nun völlig mittellos 
sind? 
[Dr. Heide (CDU): Hoffentlich gar nichts! - 
Zuruf von der SPD: Zyniker!] 
2. Wie bewertet der Senat die Tatsache, daß Sozialämter fak 
tisch Asylverfahren neu durchführen, indem sie Flüchtlinge nach 
ihren Fluchtgründen befragen - dazu sogar Formulare ausge 
ben - und diese bewerten? 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Frau Stahmer hat das 
Wort.
	        
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