Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode
23. Sitzung vom 18. Januar 1990
Stellv. Präsidentin Brinckmeier
Ich rufe auf
lfd. Nr. 19, Drucksache 11/513:
Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wis
senschaft und Forschung vom 20. November 1989
und des Hauptausschusses vom 29. November
1989 zum Antrag der Fraktion der SPD und der
Fraktion der AL Uber Sportzentrum der Freien Uni
versität Berlin in Dahlem, Drucksache 11/200
Der Ältestenrat empfiehlt für die Beratung eine Redezeit bis zu
5 Minuten pro Fraktion. Erhebt sich dagegen Wider
spruch? - Es gibt offenbar keinen Widerspruch, aber bereits
eine Wortmeldung zum ersten Redebeitrag. - Bitte schön, Herr
Dr. Krähe, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion.
Dr. Krähe (CDU): Frau Präsidentin I Meine Damen und Her
ren! Ich bedaure, daß wir diesen für uns in Zehlendorf so wichti
gen Punkt zu so später Uhrzeit besprechen müssen. Ich würde
gern darauf verzichten, aber leider geht das nicht.
Wir bedauern, daß mit dem vorliegenden Beschiußentwurf die
Zerstörung der letzten Reste der landwirtschaftlichen Vergan
genheit Dahlems vollzogen werden wird. Wir bedauern dies um
so mehr, als zu hoffen war, daß die Fraktion der AL, die sich vor
jeden Halm stellen wollte und an dieser Stelle auch von uns dar
um gebeten worden ist, dies tun würde. Interessanterweise stellt
sie sich vor die Halme am Schichauweg, aber ganz offensichtlich
ist es ein Unterschied, ob etwas in Dahlem erhalten werden soll
oder am Schichauweg. Das ist natürlich böse für diejenigen, die
in Dahlem wohnen. In mehreren Versammlungen, die die Abge
ordneten Landowsky und Lehmann-Brauns dort veranstaltet
haben, wurde deutlich, was die Bürger davon halten.
Der Bezirk Zehlendort hat jahrelang versucht, in Düppel einen
besseren Standort anzubieten; das war auch sehr weit fortge
schritten, wäre ohne größere Schwierigkeiten realisierbar gewe
sen und hätte an dieser Stelle im übrigen so gut wie keine Land
schaft zerstört. Die Freie Universität argumentiert, daß sie dieses
Institut in ihrer Mitte haben müsse - als wenn es nicht genug
Institute der Freien Universität in Dahlem gäbe; denn aus der
Wohltat ist längst Plage geworden! Die Dahlemer Bürger, die
einst die Freie Universität gern begrüßt haben, werden von ihr
inzwischen erstickt; denn was einmal für 9 000 Studenten
gedacht war, wird heute von 60 000, demnächst schon 65 000
Studenten bevölkert. Das macht natürlich einen Unterschied,
und das macht auch weniger Freude. Wer das nicht einsieht, der
kann einem leid tun.
Die FU muß aber offensichtlich das Sportzentrum in ihrer Mitte
haben - nicht, weil die Sportstudenten dieses Zentrum in
Anspruch nehmen, die dort sozusagen unter sich wären und
auch in Düppel oder an einer anderen Stelle durchaus gut unter
gebracht sein würden, sondern damit - wie es heißt - auch die
FU-Studenten daran teilhaben können. Da frage ich mich, was
die TU-Studenten und die Studenten anderer Berliner Hoch
schulen sagen sollen, etwa die der HdK, die sich mit der S- oder
U-Bahn bis nach Eichkamp begeben müssen. Dieses Argument
kann also überhaupt nicht ziehen. Aber es war von vornherein in
der Diskussion klar; Das Zentrum wird dort hingestellt. Ich
fürchte aber, daß auch der beste Entwurf nichts nützt und nicht
die Arbeit der besten Landschaftsgärtner: Der Sportplatz ist kein
Domänenfeld, daran kommen wir leider nicht vorbei.
Ich will zum Abschluß darauf hinweisen, daß es noch einmal
einen hervorragenden Vorschlag gegeben hat, der auch von der
Presse relativ gut aufgenommen worden ist. Bürgermeister
Klemann von Zehlendorf hatte vorgeschlagen, im Zusammen
hang mit den Notwendigkeiten für einen Olympiastandort Ber
lin auch diesen Punkt noch einmal zu überdenken. Denn es ist so
sicher wie das Amen in der Kirche, daß, wenn Olympia 2000
oder 2004 in Berlin stattfindet, das Sportzentrum der FU - egal,
wo es dann steht - zu der Zeit eine der modernsten Sportstätten
Berlins sein wird. Das ist logisch; denn das ist dann wahrschein
lich erst seit wenigen Jahren fertiggestellt und wird mit allergröß
ter Sicherheit einer der Austragungsorte der Olympischen
Spiele sein. In diesem Zusammenhang muß noch einmal darauf (C)
hingewiesen werden - wie schon vor Jahren -, ob es nicht ver
nünftiger wäre, zu untersuchen, ob dieses Sportzentrum nicht
in der Nähe des Olympia-Stadions auf dem Sportfeldgelände
oder in Verbindung mit demselben untergebracht werden sollte.
Ich könnte mir vorstellen, daß es in Berlin Leute gibt, die ebenso
an die jetzt beschließenden Fraktionen appellieren, jetzt noch
einmal neu nachzudenken und die Entscheidung noch ein paar
Monate aufzuschieben, auf die es jetzt sicher nicht ankommt;
denn wenn es so lange gedauert hat, kann es noch etwas länger
dauern, wenn dann am Ende etwas Gutes dabei herauskommt.
Wir werden jedenfalls den Antrag ablehnen.
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsidentin Brinckmeier: Für die Fraktion der SPD
hat jetzt Herr Dr. Gaudszun das Wort.
Dr. Gaudszun (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren I Herr Krähe, Sie haben in Ihrem Redebeitrag sicherlich
aus Zehlendorfer und Dahlemer Sicht verständlich gesprochen,
aber eigentlich haben wir nur die alte, undifferenzierte Leier von
der Zerschlagung der Domäne und keine neuen Argumente
gehört. Wissen Sie, wenn man es einmal ehrlich betrachtet, dann
haben Sie hier so getan, als ob Dahlem nun das Jammertal in
Berlin sei. Das aber ist ja nicht so.
Zu dem von Ihnen so hochgelobten Vorschlag von Bürgermei
ster Klemann komme ich gleich noch zu sprechen und werde
mitteilen, was dazu andere Organisationen in Berlin zu sagen
haben.
Berlin ist Zentrum der sportwissenschaftlichen Ausbil
dung, aber nirgendwo in der Bundesrepublik Deutschland ist
das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Studierenden und Leh
renden so ungünstig wie hier. Nirgendwo müssen Studentinnen
und Studenten so weite Wege, so viel unzumutbaren Zeitverlust
hinnehmen wie in Berlin. Nirgendwo - das ist auch sehr wichtig (D)
- müssen so viele Sporthallen und Sportplätze auf Kosten
anderer Interessenten benutzt werden wie hier in Berlin. Aus
diesem Grund - das bestreitet auch keiner ernsthaft - kann es
über die Notwendigkeit des FU-Sportzentrums keinen Zweifel
geben.
[Dr. Krähe (CDU): Unstrittig!]
Um so mehr ist der Streit in der Standortfrage schädlich. Ich
frage mich: Wenn der Standort Düppel so hervorragend sein
soll, weshalb Sie es in den acht Jahren Ihrer Regierungszeit nicht
geschafft haben, das FU-Sportzentrum dort zu errichten; noch
dazu, weil in Anbetracht der Mehrheitsverhältnisse die SPD-
Fraktion - das muß man ehrlicherweise sagen - Sie bei diesem
Standort unterstützt hätte, um endlich diese Einrichtung für die
FU zu bekommen, obwohl es immer die SPD-Meinung gewesen
ist, daß der Standort an der Paceliiallee der geeignetere ge
wesen wäre.
Seit den ersten Planungen hat sich die politische Einschät
zung beispielsweise zur architektonischen Umsetzung solcher
Vorhaben und zum Flächenverbrauch im engen, begrenzten
Stadtgebiet verändert. Deshalb akzeptiere ich natürlich das Rin
gen um möglichst geringen Flächenverbrauch, den geeignetsten
Standort und eine in die Landschaft passende Architektur.
Wegen der unmittelbaren Nähe zur Freien Universität und
wegen der optimalen verkehrlichen Anbindung durch die U-Bahn
ist der Standort an der Paceliiallee der geeignetste. Nun geht es
nicht um den Flächenverbrauch allein; am südlichen Rand des
Gebiets befindet sich die Domäne Dahlem, am nördlichen Rand
sitzen die Amerikaner. Ein Teil der als Bauland ausgewiesenen
großen Freifläche wird von der Domäne für landwirtschaftliche
Zwecke genutzt.
Der Kompromiß sieht vor, daß durch eine Umverteilung der
Flächen einerseits der Domäne weiterhin eine Fläche von über
30 000 qm - das entspricht der Größenordnung der jetzt
genutzten Flächen - zur Verfügung steht, andererseits die Sport
flächen und Gebäude des Sportzentrums etwas gedrängter