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Volume Nr. 23, 19. Januar 1990

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989/90, 11. Wahlperiode, 17.-34. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
23. Sitzung vom 18. Januar 1990 
1145 
(A) Stellv. Präsidentin Dr.Schramm: Herr Diepgen! Das ist 
keine Rede mehr zur Geschäftsordnung! 
Diepgen (CDU): Deshalb bin ich der Auffassung, dieses muß 
jetzt, sofort, hier in aller Öffentlichkeit diskutiert werden. - Vielen 
Dank! 
Damit kommen wir zur (C) 
ifd. Nr. 1 A: 
aktuelle Stunde zum Thema „Zur aktuellen Lage in 
den Berliner Kindertagesstätten” 
[Sehr starker anhaltender Beifall bei der CDU - 
Zurufe von der SPD und der AL] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Gibt es dazu eine 
Gegenrede? - Ich sehe, Herr Löffler von der SPD spricht gegen 
diesen Geschäftsordnungsantrag. 
[Zuruf von der CDU: Früher hat er uns die Kommunisten 
schmackhaft gemacht!] 
Löffler (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 
Ich habe das Wort zur Geschäftsordnung und will mich korrekt 
daran halten. Ihr Beitrag, Herr Kollege Diepgen, war zur Sache. 
Unser Antrag zur Geschäftsordnung lautet: Es 
liegt dem Präsidium ein Beschlußempfehlung des Ausschusses 
für Bundesangelegenheiten vor mit Dringlichkeit. Nach der übli 
chen Praxis des Parlaments bitten wir, diese Beschlußempfeh 
lung wie üblich als letzte der Beschlußempfehlungen, nämlich als 
Punkt 25 oder 26 A, vor allen anderen Anträgen zu behandeln, 
weil es eine Beschlußempfehlung ist. 
[Adler (CDU); Die Dringlichkeit ist noch gar 
nicht anerkannt!] 
- Darüber bitten wir abzustimmen. 
[Adler (CDU); Sie sind nur zu feige! - 
Dagen (REP); Sie sind nur zu 
feige vor der Bevölkerung!] 
(B) ich stelle - zweitens - zur Geschäftsordnung fest, daß es 
Ihnen, Herr Kollege Diepgen, wie jedem anderen Mitglied auch 
nicht zusteht - nach der Geschäftsordnung die Amtsfüh 
rung der amtierenden Präsidentin hier zu kritisieren. 
[Beifall bei der SPD und der AL - 
Schütze (CDU): Die ist doch unfähig! - 
Zuruf von der CDU: Sie soll zurücktreten!] 
Wenn Sie glauben, nach der Geschäftsordnung im Recht zu 
sein, eine Präsidentin oder den Präsidenten zu kritisieren, dann 
hat das im Ältestenrat zu geschehen und nicht hier. 
[Beifall bei der SPD und der AL - 
Preuss (CDU): Das ist ja das einzige 
Thema im Ältestenrat!] 
Ich glaube, die Fraktionsvorsitzenden sollten in der Wahrneh 
mung der Geschäftsordnung vorbildlich sein. Sie waren es, Herr 
Kollege Diepgen, in zwei Punkten nicht. 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Wir kommen damit zur 
Abstimmung. Wer stimmt dem Antrag der CDU-Fraktion zu, jetzt 
gleich über diesen Antrag zu beraten und zu befinden? 
[Zurufe von der CDU] 
- Wer stimmt dagegen? 
[Pfui-Rufe von der CDU] 
- Das letztere war die Mehrheit. 
[Preuss (CDU): Die Volkskammer hatte 
soeben die Mehrheit! - 
Weitere Zurufe von der CDU] 
- Ich bitte alle Anwesenden, sich zu beruhigen. - Ich muß noch 
feststellen, daß das dann am Ende der Beschlußempfehlungen 
behandelt wird - Herr Löffler hat es schon gesagt -, und zwar als 
Punkt 25 A. 
und ich möchte ihnen vorschlagen, damit die 
Drucksache 11/572: 
Antrag der Fraktion der CDU Uber Situation in den 
Berliner Kindertagesstätten zu verbinden. Können 
wir so verfahren? - Ich sehe keinen Widerspruch. 
Es muß dann noch die Dringlichkeit für diesen 
Antrag anerkannt werden. Wer ist für die Dringlich 
keit? - Wer ist dagegen? - Niemand! Also ist die 
Dringlichkeit anerkannt - Das Wort hat jetzt Herr 
Löhe von der SPD. 
Löhe (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 
Wie wir gerade gesehen haben, gibt es viele wichtige Dinge in 
diesem Parlament. Trotzdem oder deswegen hat meine Fraktion 
wie die Alternative Liste die Notwendigkeit gesehen, die augen 
blickliche Kindertagesstättenproblematik offensiv anzusprechen. 
Es gibt in unserer Stadt viele unterschiedliche Meinungen zu 
diesem Thema, und eine streitbare Demokratie beinhaltet auch, 
daß Koalitionsfraktionen nicht nur Claqueure des von ihnen 
gewählten Senats sind. Die Öffentlichkeit, Erzieherinnen und 
Erzieher sowie die Eltern haben das Recht, die Argumente aller 
zu hören, insbesondere die Argumente, die ihnen weniger 
bekannt sind als die gewerkschaftlichen. 
Zu keiner Zeit waren die berechtigten Forderungen der 
Erzieher und Erzieherinnen umstritten. Insbesondere die For 
derungen nach qualitativen Verbesserungen in Kindertagesstät 
ten haben immer die Unterstützung meiner Fraktion gefunden. 
Die Streiksituation in den Kindertagesstätten wurde in einer 
großen Solidarität von den Eltern getragen. Auch dies zeigt deut 
lich, daß notwendige Verbesserungen angesagt waren. Es zeigt 
aber auch, daß die Eltern sich von diesen Maßnahmen ganz 
besondere Dinge versprochen hatten, bei denen sie im Rahmen 
ihrer Unterstützung der Erzieher mitgewirkt haben. Es waren 
pädagogische Verbesserungen insbesondere im Hort und im 
Bereich der Vertretungsmittel. Diese Sorgen und Nöte hat die 
SPD-Fraktion und der Senat besonders ernst genommen und 
ihnen durch ihre Beschlüsse Rechnung getragen. 
[Gelächter bei der CDU] 
Ich kann nur bestätigen, daß die Arbeit in den Kindertagesstät 
ten in den letzten Jahren nicht einfacher geworden ist. Deshalb, 
Frau Wiechatzek, mußte etwas geschehen, und dazu bedurfte es 
keineswegs eines Tarifvertrags. Hier war Handeln des Senats 
angesagt. 
Ich weiß, daß der Zeitpunkt, solche Forderung zu erheben, für 
alle Regierungen - Herr Preuss, für alle Regierungen! - immer 
der falsche Zeitpunkt ist. Trotzdem sage ich den Gewerkschaf 
ten: Der 9. November 1989 war die denkbar schlechteste Zeit, 
Forderungen dieser Art und in dieser Schärfe an diesen Senat zu 
stellen. 
[Buwitt (CDU): Sie hätten Ihre Wahlaussagen einhalten 
sollen!] 
- Herr Kollege Buwitt, wenn Sie jetzt noch eine Sekunde zuhö 
ren würden - ich habe ja nur zehn Minuten dann werden Sie 
doch einiges hören von dem, was Sie jetzt noch vermissen. 
[Buwitt (CDU): Das wäre neu bei Ihnen!] 
Leider haben die Gewerkschaften das nötige Fingerspitzen 
gefühl damals vermissen lassen. Ohne eine Verhärtung der Fron 
ten - schon im November 1989 - hätten in diesen Tagen emoti 
onslosere und in ruhiger Atmosphäre stattfindende Gespräche 
geführt werden können. Ich bedauere dies sehr; es hätte vielen 
viel Ärger erspart. 
(D)
	        
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