Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode
21. Sitzung vom 8. Dezember 1989
1092
Gramer
(A) Immer wieder, so auch gestern, wird der rot-grünen Verkehrs
politik der Vorwurf der Provinzialität gemacht,
[Buwitt (CDU): Stimmt, ist doch kein Vorwurf!]
der auch durch ständige Wiederholungen - wie eben - nicht
richtiger wird.
[Zuruf des Abg. Buwitt (CDU)]
Dabei hatte ich nach der Debatte im September schon leichte
Hoffnungen auf ein Nachdenken bei der CDU - bei Ihnen nicht,
Herr Buwitt. Nachdem nämlich der Abgeordnete Giesel gemäß
seiner Funktion als Lautsprecher des ADAC das verkehrspoliti
sche Chaos beschworen hatte, meinte sein Fraktionskollege
Wronski, nachweisen zu müssen, daß das von Giesel so
bezeichnete rot-grüne Verkehrschaos sich in Kontinuität mit
seiner eigenen Verkehrspolitik bewege. Aber die Reihen der
CDU sind nunmehr offensichtlich wieder geschlossen, und es
war Herrn Hassemer Vorbehalten, den Vorwurf der Provinzialität
zu wiederholen. Doch Vorsicht vor Heuchelei und Doppelzüngig
keit!
[Buwitt (CDU): Das müssen gerade Sie sagen! -
Weitere Zurufe der CDU]
- Abwarten und Zuhören I - In der letzten Abgeordnetenhaussit
zung habe ich schon die Sorge des CDU-Abgeordneten Leh
mann-Brauns über seine Zehlendorfer Idylle vorgetragen, der
deshalb die Forderung der AL nach autofreier Glienicker Brücke
unterstützt.
Ich erinnere weiter daran, daß es in Tempelhof nur eine einzige
beruhigte Straße geben wird, die für den Durchfahrtverkehr
gesperrt ist: die Monopolstraße, in der der Bürgermeister von
Tempelhof wohnt.
[Buwitt (CDU): In der Monopolstraße muß ja einer
ein Monopol haben! - Weitere Zurufe von der CDU]
Wir sind uns sicher alle einig, Herr Reipert, daß das reiner Zufall
(B) ist, wie es übrigens auch reiner Zufall war, daß die erste
Tempo-30-Straße in Berlin ausgerechnet die Straße war, in der
der damals zuständige Senatsdirektor Ehmig wohnte. Was die
CDU also als Provinz bezeichnet und öffentlich ablehnt, ist ihr im
eigenen Vorgarten - auch in einer Weltmetropole - sehr lieb und
teuer. Was allerdings - im negativen Sinn verstanden - provinzi
ell ist, ist ihre Haltung zur Verkehrsberuhigung nach dem Motto:
Ich sorge für meine Ruhe, was kümmert mich der Krach des
anderen! Das ist schon nicht mehr provinziell, Herr Buwitt, son
dern egoistisch und spießig in der negativsten Form, was beim
deutschen Spießer schon eine ganze Menge heißen will.
[Gelächter und Beifall bei der AL]
Und daß Herr Hassemer sich mit der Unterstützung für weitere
Autobahnen, die er dann auch noch als besonders umwelt
freundlich bezeichnet, also als Fürsprecher für diese intellektuel
len Tieffliegereien hergibt, zeigt einmal mehr, wie der provinzielle
Mief der politischen Freunde der CDU - gepaart mit dem Abgas
gestank der Autos - die grauen Zellen nicht nur vernebeln, son
dern auch zerstören kann.
[Landowsky (CDU): Ihre sind doch schon völlig hin I]
- Ich danke Ihnen!
[Beifall bei der AL und der SPD]
Stellv. Präsidentin Brinckmeier: Für den Senat hat jetzt
der Senator Wagner das Wort.
Wagner, Senator für Arbeit, Verkehr und Betriebe: Frau Präsi
dentin! Meine Damen und Herren! Dieses Haus hat in letzter Zeit
häufig über die Themen gesprochen, die auch jetzt zur Debatte
stehen. Das wurde beim Beitrag des Kollegen Kittner besonders
deutlich. Er hat das nahezu wörtlich schon einmal gesagt.
[Heiterkeit bei der SPD und der CDU]
- Ich nehme an, die Heiterkeit bezog sich darauf. - Ich bitte um
Nachsicht, das Mikrophon muß gerichtet werden.
Stellv. Präsidentin Brinckmeier: Es tut uns leid, es ist alles (C)
ausgesteuert. Wir haben keine Möglichkeit, mehr Energie zu ent
falten. Man kann lediglich das Mikrophon hoch- und runterstel
len.
Wagner, Senator für Arbeit, Verkehr und Betriebe: Also noch
einmal: Herr Lehmann-Brauns, ich meine, daß die Heiterkeit, die
den Saal beflügelte, bei dem Beitrag von Herrn Kittner so groß
war, weil man sich daran erinnerte, daß genau dasselbe erst vor
14 Tagen gesagt worden ist. Ich denke, darauf muß ich nicht
ausführlich eingehen. Natürlich hätte ich gern etwas zum Verkehr
zu Lande, zu Wasser, auf der Schiene und in der Luft gesagt,
aber ich habe den Eindruck, daß es dem Senat besser anstünde,
etwas nicht noch einmal zu wiederholen, was wir schon sehr
häufig ausgetauscht haben.
[Beifall bei der SPD -
Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AL]
Der Senat hat bei den vorhergehenden Beiträgen 20 Minuten
überzogen - sicherlich nicht absichtlich, sondern aus einem Auf
klärungsbedürfnis heraus. Wenn Sie gestatten, würde ich es
deshalb gern dabei bewenden lassen und auf meinen vorbereite
ten Redebeitrag verzichten.
[Beifall bei der SPD, der CDU und der AL]
Stellv. Präsidentin Brinckmeier: Wir bedanken uns für die
Einsicht des Senats. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen
mehr vor.
Wir kommen zu den Abstimmungen über den Einzelplan 16
sowie die Anlage 3. Ich lasse zunächst abstimmen über den Ein
zelplan 16 unter Berücksichtigung der Änderungen gemäß
Drucksache 11/483 und der Sachbeschlüsse gemäß Druck
sache 11/482. Wer dem Einzelplan 16 seine Zustimmung
geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegen
probe I - Stimmenthaltungen ? - Gibt es nicht I Das erste war die
Mehrheit: damit ist er angenommen. ' ’
Wir kommen jetzt zur Anlage 3. Wer von der Anlage 3 unter
Berücksichtigung der Sachbeschlüsse gemäß Drucksache
11/482 zustimmend Kenntnis nehmen will, den bitte ich um das
Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Die Ja-Stimmen waren die
Mehrheit; damit ist auch die Anlage 3 angenommen worden.
ich rufe auf
Einzelplan 17 - Kulturelle Angelegen
heiten -
hierzu:
1. Betragliche Änderungen des Hauptausschusses nach
Drucksache 11/483
2. Änderungen des Hauptausschusses im Stellenplan und in
der Beschäftigungsplanung nach Drucksache 11/483
3. Sachbeschlüsse des Hauptausschusses nach Druck
sache 11/482, Nrn. 37 und 38
Für die CDU-Fraklion hat der Kollege Dr. Lehmann-Brauns das
Wort.
Dr. Lehmann-Brauns (CDU): Frau Präsidentin! Meine
Damen und Herren I Ich darf kurz mit einer Frage an Sie beginnen
und fragen: Welche Senatorin ist es eigentlich, die immer durch
ein abwesendes Lächeln auffällt?
[Landowsky (CDU): Frau Pfarri - Gelächter bei der CDU]
- Richtig, Herr Landowsky! Es ist Frau Pfarr. Es ist nicht die
Senatorin für Kulturelle Angelegenheiten. Die ist immer ab
wesend, ohne allerdings dabei zu lächeln.
[Gelächter bei der CDU]