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Volume Nr. 21, 8. Dezember 1989

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989/90, 11. Wahlperiode, 17.-34. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
21. Sitzung vom 8. Dezember 1989 
1080 
Bogen 
(A) Die Sparer werden durch die Geldentwertung geschädigt. 
Weil selbst kleine Sparer zu den von den Sozialisten verachteten 
Kapitalisten zählen, kümmert das niemand von der AL. Wenn 
aber die Geldentwertung durch solche Steuern weiter zunimmt, 
ist die Bundesrepublik gezwungen, mit höheren Zinsen dage 
genzuhalten. So erhöht sich der jetzt schon extrem hohe Kapital 
marktzins noch weiter. Die Folgen müssen insbesondere die 
Wohnungssuchenden tragen. Denn bei einem Kapitalmarktzins 
von über 8 % lohnt es sich nicht mehr, in den Wohnungsbau zu 
investieren. Außerdem werden die für die Nettokreditaufnahme 
des Senats zu zahlenden Zinsbelastungen noch größer. Es ist 
eine Schraube der wirtschaftlichen Behinderungen ohne Ende, 
die nur den Lebensstandard der Verbraucher trifft. 
Wie das Geld des Steuerzahlers mit ökosozialistischen 
Begründungen vergeudet wird, zeigt besonders deutlich der 
Streit um die Sondermüllverbennungsanlage Schöneiche. Diese 
Anlage soll nun, wie es heißt, „nach dem geltenden Stand der 
Technik“ umgerüstet werden, obwohl überhaupt kein Anlaß 
besteht. 
[Teige (AL): Doch! Die Lebensqualität!] 
Hier sollen Kosten aufgewendet werden, die völlig unsinnig sind. 
Im Ausschuß für Umweltschutz wurde auf meine Frage nach der 
Ursache der Quecksilberemission dieser Anlage vom Vertreter 
der als Generalunternehmer vom Senat beauftragten Firma Ber 
lin Consult erklärt, daß der quecksilberhaltige Abfall lediglich vor 
der Verbrennung auszusortieren sei. Damit könne man zuverläs 
sig solche Emissionen vermeiden. Beim Versuchsbetrieb dieser 
Anlage waren einige Quecksilberschalter aus alten Haushaltsge 
räten in den Sondermüll geraten. Selbst mit den Meßwerten über 
eine Quecksilberemission betreiben die Ökosozialisten der AL 
ihre Umwelthysterie. Dies Hysterie hat nur den Zweck, die Berli 
ner schröpfen zu können und gleichzeitig die Industriegesell 
schaft anzugreifen. 
[Lorenz (SPD): So ist es!] 
(B) Auch der kürzlich vorgelegte Antrag über die Neuorientie 
rung der Abfalipolitik in Berlin zeigt, daß die von der AL 
geschürte Umweltkampagne nur der Geldschneiderei dient. Hier 
wird beispielsweise die Einführung einer Umweltsteuer auf 
Kunststoffe gefordert. Außerdem werden Gesetzesinitiativen zur 
Einführung von abfallvermindernden Abgaben verlangt, und es 
wird eine abfallvermindernde Tarifgestaltung gefordert, was 
nichts anderes als Kostenerhöhungen bedeutet. Solchen 
Steuern bzw. Abgaben würden die Republikaner nur unter der 
Bedingung der völligen Kostenneutralität zustimmen. Neue 
Steuern führen nur zur Verschlechterung des Industriestandorts 
Berlin. Die Folge ist eine weitere Steigerung der Arbeitslosigkeit. 
Werden aber die Steuern an anderer Stelle entlastet - und die 
Republikaner sind für kräftige Entlastungen zur Förderung 
unseres industriestandorts -, wird eine Umweltsteuer keinen 
Schaden anrichten, sonder nur Nutzen. 
Ein marktwirtschaftliches Beispiel zur Verringerung des Müll 
anfalls möchte ich in diesem Zusammenhang nennen: 
[Teige (AL): Oh ja, bitte!] 
Es ist das Müll-Wertmarkensystem im Lankreis Bad Kissingen. 
Bisher fielen dort wie auch bei uns die Müllgebühren unabhängig 
davon an, ob die Mülltonnen randvoll oder nur wenig gefüllt von 
der Stadtreinigung abgeholt wurden. Das Wertmarkensystem 
belohnt nun jeden, der den Müll vorsortiert oder weniger Müll in 
seiner Mülltonne bereitstellt. Der Teilnehmer an diesem System 
kann bis zu 50 % der Jahresgebühr für die Müllentsorgung ein 
sparen, wenn beispielsweise die Mülltonne nur bei jeder zweiten 
Abfuhr gegen eine leere auszutauschen ist. Das System ist 
äußerst einfach zu handhaben. 
[Teige (AL): Aber etwas bürokratisch vielleicht!] 
- Nein! - Auf die auszutauschende Mülltonne wird lediglich eine 
Wertmarke der entsprechenden Kalenderwoche geklebt. Für die 
nicht verwendeten Wertmarken gibt es die Gutschrift. Dieses 
Beispiel nenne ich ausdrücklich, weil hier mit dem Gegenteil 
ökosozialistischer Methoden eine wirklich bedeutende Einspa 
rung des Müllanfalls erreicht wurde. Nicht Kostenerhöhungen 
führten hier zum Erfolg, sondern eine erhebliche Kostensenkung (C) 
für kostenbewußte Bürger. In einem solchen marktwirtschaftli 
chen System steigt der Lebensstandard bei gleichzeitiger Min 
derung der Umweltbelastung. Das ist offensichtlich ein für Sozia 
listen unverständlicher Zusammenhang. 
[Teige (AL): Nein, das haben wir sowieso vor! 
Da können Sie endlich auch einmal zustimmen!] 
- Gern! Das freut mich zu hören! - Es darf nicht das Ziel sein, 
die Gesamtbelastung durch Einführung neuer Abgabenfomen zu 
erhöhen. Im Hinblick auf den Umweltschutz wünschenswerte 
Abgabenerhöhungen müssen - das ist entscheidend - an 
anderer Stelle durch Abgabensenkungen ausgeglichen werden. 
Bei dieser Gelegenheit möchte ich das von der AL besonders 
geliebte Thema Asbest aufgreifen. Auch hiermit wird eine Um 
welthysterie betrieben, die in keiner Weise berechtigt ist. An der 
Krankheit Asbestose sind lediglich in der Asbestindustrie 
beschäftigte Arbeiter gestorben, 
[Zurufe von der AL] 
die jahrelang ohne Atemschutz dem Asbeststaub mit Abertau 
senden von Partikeln pro Kubikmeter Luft ausgesetzt waren. 
[Teige (AL): Wer hat Ihnen denn diesen Unsinn 
aufgeschrieben?] 
Präsident Wohlrabe: Ich finde es recht flapsig, was Sie 
sagen! Der Herr Kollege hat genauso wie Sie das Anrecht, seine 
eigenen Ausführungen zu machen. 
[Teige (AL): Aber Zurufe sind erlaubt!] 
- Aber nicht solche! Sie wollen doch zum Stil des Parlaments 
beitragen! 
[Teige (AL): Ja, eben!] 
- Ich bitte Sie, das auch zu tun! 
[Zuruf des Abg. Teige (AL)] ® 
- Unterhalten Sie sich nicht mit mir, sondern ich bitte Sie, so zu 
verfahren. 
Bogen (REP): Daß nun weit über eine Milliarde DM zur 
Asbestsanierung von Schulen ausgegeben werden sollen, ist 
übertrieben und nur auf die von den Ökosozialisten betriebene 
Umwelthysterie zurückzuführen. Diese Hysterie richtet mehr 
Schaden an als der Asbest. Am Zigarettenrauch sterben jährlich 
allein in der Bundesrepublik Deutschland über 100 000 Men 
schen, und 30 000 Raucherbeine werden bei uns pro Jahr 
amputiert. 
[Dr. Staffelt (SPD): Es soll übrigens auch 
Hirnamputierte geben! - 
Zuruf von der CDU: Nicht wahr, Herr Staffelt?] 
Aber diese Zahlen stören keinen Ökosozialisten, weil es nicht 
möglich ist, damit die von ihnen verteufelte kapitalistische Indu 
striegesellschaft anzugreifen. 
Ein weiteres Beispiel für das Schüren einer Umwelthysterie 
liegt in der Verschärfung der Smogverordnung. Die Luftbela 
stung bei uns wird hauptsächlich durch die chemische Industrie 
und die Braunkohleverstromung in der DDR verursacht. Hiesige 
Fahrverbote helfen daher nur wenig. 
[Thiemann (SPD): Was war denn mit den Trabbis?] 
Notwendig ist dagegen die angebotene Zusammenarbeit mit der 
DDR in Umweltfragen. Auch die Investitionen der Bewag zur 
Luftreinhaltung sind sehr zu begrüßen. Zusätzliche Fahrverbote 
verfolgen dagegen nur den Zweck, die Bevölkerung zu verun 
sichern und gleichzeitig die Wirtschaft zu beeinträchtigen. In 
dieser Form stellen Fahrverbote eine überflüssige Schikane dar. 
Eine bloße Schikane besteht auch darin, bei Glatteis am 
Streusalz zu sparen. Dies geschieht nicht aus Kostengründen, 
sondern nur wegen der Umwelthysterie. Denn auf den Autobah 
nen wird Streusalz angewendet, ohne daß die Bäume Schaden
	        
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