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Volume Nr. 20, 7. Dezember 1989

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989/90, 11. Wahlperiode, 17.-34. Sitzung (Public Domain)

949 
Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
20. Sitzung vom 7. Dezember 1989 
Pagel 
In der Ausländerpolitik verfolgt der Senat - und das spiegelt 
sich auch im Haushaltsplan wider - das Konzept der multikultu 
rellen Gesellschaft. Er wird 63 Millionen DM für Asylbewerber 
ausgeben. Er hat die Sozialhilfe für Asylbewerber erhöht. Er hat 
Barauszahlungen der Sozialhilfe an Asylbewerber veranlaßt und 
trägt damit dazu bei, daß internationale Schlepperorganisationen 
mit Steuergeldern finanziert werden; und er provoziert dadurch 
einen ständigen Zustrom von Asylbewerbern aus allen Teilen der 
Erde in unser Land. Wir haben jetzt im November bereits mit 
112 000 Asylanträgen einen neuen Negativrekord erreicht. Die 
Anerkennungsquote für politische Flüchtlinge ist im gleichen 
Zeitraum auf 5% gesunken. 95 % aller Flüchtlinge kommen also 
nicht aus Gründen der politischen oder religiösen oder rassi 
schen Verfolgung zu uns. Deswegen ist unsere Forderung klar, 
daß alle rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber abgeschoben 
werden müssen. Dann würde sich auch die Kostenlast in diesem 
Bereich ganz wesentlich senken lassen. 
[Beifall bei den REP] 
Außerdem müssen auch alle Ausländer, die schwere Straftaten 
begangen haben, in ihr Heimatland zurückkehren. Die Versuche 
des Senats, eine Aufenthaltsregelung zu schaffen auch für Straf 
täter, auch für Mörder, auch für Drogenhändler, auch für Verge 
waltiger, haben sich gegen den Widerstand der Opposition, 
gerade auch der Republikaner, nicht durchsetzen lassen. Der 
Innensenator macht jetzt den Versuch, auf unsere Linie - zumin 
dest in Ansätzen - einzuschwenken und zumindest ganz 
schwere Straftäter in dieser Stadt nicht mehr zu dulden. Wir hof 
fen, daß sich die SPD in diesem Punkt gegen die AL durchsetzen 
kann. Was wären das denn auch für Zustände? - Ost-Berliner 
aus Prenzlauer Berg oder aus Friedrichshain dürfen nicht in 
West-Berlin wohnen, dürfen nicht zu uns kommen, aber Rausch 
gifthändler aus Ghana dürfen zu uns kommen, hier wohnen, hier 
Sozialhilfe beziehen. Diese Zustände wären zutiefst deutschen 
feindlich. 
[Beifall bei den REP - Zurufe von der SPD] 
Ich möchte an dieser Stelle eingehen auf die außerordentlich 
peinlichen Ausführungen des AL-Abgeordneten Hopmann, der 
gesagt hat, man solle eine DDR-Staatsbürgerschaft anerkennen, 
und der damit Asylbewerber mit Deutschen gleichstellen wollte. 
Deutsche aus der DDR müßten dann hier erst einmal einen Asy 
lantrag stellen, ein jahrelanges Verfahren in Kauf nehmen. Herr 
Hopmann hat noch mehr gesagt, er hat gesagt; Wir wollen die 
Arbeitsaufnahme von Deutschen aus der DDR bei uns 
unmöglich machen!, und deswegen soll es nach Vorstellung der 
AL ein Amtshilfeabkommen mit DDR-Behörden geben. Jeder 
Deutsche aus der DDR, der hier arbeiten wolle, der solle nach 
Ost-Berlin gemeldet werden; von dort wolle man dann erst ein 
mal eine Genehmigung der DDR haben, bis schließlich Deut 
scher aus der DDR hier arbeiten könne. 
[Zurufe von den REP: Hört, hört!] 
Die Deutschen aus der DDR sind doch aber nicht aus einem 
Polizeistaat der SED geflüchtet, um in den nächsten Polizeistaat 
zu kommen, der jetzt hier offensichtlich von der Alternativen Liste 
geplant wird, mit umfangreichen Kontrollen und der Benachteili 
gung von Deutschen, die von Ost-Berlin nach West-Berlin wol 
len. Die volle Freizügigkeit für alle Deutschen muß auch weiterhin 
erhalten bleiben. Wenn West-Berlin seit Jahren in der übrigen 
Bundesrepublik für Facharbeiter Werbung betreiben muß, dann 
haben sich diese Maßnahmen offensichtlich erübrigt; denn wir 
bekommen jetzt Facharbeiter aus dem anderen Teil dieser Stadt. 
Aus der Sicht der Republikaner gibt es keinen Grund, vor dieser 
Entwicklung Angst zu haben. 
Auch die CDU hat sich bemüht, auf dem Feld der Peinlichkei 
ten wacker mitzuhalten. Noch immer ist mit Barbara John eine 
Ausländerbeauftragte Vertreterin dieses Senats, die als CDU- 
Mitglied und CDU-Funktionsträgerin die Politik des Senats mit 
betreiben muß, mitvertreten muß. Ihr Etat beträgt 10 Millio 
nen DM. Man hat ihn, um ihr Wohlverhalten noch ein wenig zu 
bestätigen, um es zu belohnen, im Ausschuß noch einmal um 
500 000 DM erhöht. 
[Rieger (frakfionslos): Unglaublich!] 
Unser Eindruck ist, daß Frau John diesen Etat im wesentlichen ^ 
dazu benutzt, um Propaganda zu betreiben für die Errichtung 
eines Vielvölkerstaates in dieser Stadt und damit für die Politik 
von SPD und AL. Ich frage an dieser Stelle die CDU: Wie glaub 
würdig ist eigentlich Ihre Kritik an der Ausländerpolitik des 
Senats, wenn ein führendes Mitglied Ihrer Partei mit dabei ist, die 
Senatspolitik in Berlin zu gestalten und sie nach außen hin mitzu 
vertreten? - Entscheiden Sie sich bitte! Entweder Sie kritisieren 
den Senat in der Ausländerpolitik, oder aber Sie tragen die Aus 
länderpolitik dieses Senats mit. Tatsache ist, Ihr Parteimitglied 
und bis vor kurzem noch Mitglied des Landesvorstands Barbara 
John trägt die Ausländerpolitik dieses Senats mit. Entscheiden 
Sie sich, in welche Richtung Sie in Zukunft gehen wollen! 
[Zurufe von der CDU] 
Es gibt noch weitere Punkte, in denen ich meine, daß die Kritik 
der CDU an der Ausländerpolitik des Senats unredlich ist. Wir 
haben zum Beispiel den Antrag gestellt, daß polnische Asylbe 
werber diese Stadt, nachdem nun in Polen die Oppositionsbe 
wegung die Regierung übernommen hat, verlassen und am 
demokratischen Aufbau in Polen mitwirken sollen. Selbst der 
Senat hat gesagt, daß nunmehr eigentlich polnische Asylbewer 
ber in dieser Stadt nichts mehr zu suchen hätten. Ich frage mich, 
wie es dann sein kann, daß die CDU-Abgeordneten im Auslän- 
derausschuß gegen den Antrag der Republikaner stimmen. 
Offensichtlich will die CDU alle polnischen Asylbewerber in 
dieser Stadt behalten. Sie will offensichtlich auch den Polen 
markt entgegen allen Ankündigungen dulden. 
[Buwitt (CDU): Wir sind die einzigen, die etwas dagegen 
gemacht haben! Schwätzer! - Weitere Zurufe von der CDU] 
- Wunderbar, Herr Buwitt! Dann stimmen Sie doch das nächste 
Mal im Ausländerausschuß unseren Anträgen zu, dann können 
wir uns auch sachlich treffen. Lösen Sie die Ausländerbeauf 
tragte des Senats ab. Entweder werfen Sie sie aus der CDU, 
oder Sie ziehen sie aus der Position der Ausländerbeauftragten 
zurück. Dann können wir hier miteinander reden. (D) 
[Beifall bei den REP - 
Frau Dr. Laurien (CDU); Sie sind ein Hetzer! - 
Weitere Zurufe von der CDU] 
Herr Diepgen hat in seiner Rede zu recht kritisiert, daß der 
Senat sein Klientel, seine Anhänger im Bereich der Kultur, des 
Sozialbereichs, der Hochschulen durch ein sehr umfangreiches 
Förderprogramm unterstützt und ihnen viele Millionen DM 
zukommen läßt. Selbstverständlich ist diese Politik des Senats 
falsch und wird von uns kritisiert, zumal viele der Senatsgelder 
nicht ausreichend abgerechnet und nicht ausreichend kontrol 
liert werden. Nur, Herr Diepgen, die CDU hat das ganz genauso 
gemacht. Die SPD führt hier nur die falsche Politik der CDU fort. 
Die CDU hat damit ihren eigenen Sturz finanziert, indem sie 
genau diejenigen Leute, die schon immer gegen die geringfügig 
sten Ansätze einer konservativen Politik waren, finanziert hat. 
Wenn Sie Ihre Meinung jetzt geändert haben, dann sollten Sie 
auch in der Lage sein, Ihren Fehler aus Ihrer Regierungszeit offen 
zuzugeben, anstatt nur den Senat - wenn auch berechtigt - zu 
kritisieren. 
Unsere Stadt ist mehr als eine Aneinanderreihung von Feucht 
biotopen, sie ist mehr als eine Anhäufung von Ausländergrup 
pen. Berlin darf kein multikulturelles Dorf werden. 
[Beifall bei den REP] 
Wir wollen planen für ein Berlin als Hauptstadt Deutschlands 
in der Mitte eines Europas, in dem die Grenzen der Militärblöcke 
überwunden worden sind. Wir wollen planen für eine Großstadt 
Berlin als eine Metropole, als ein Mittler zwischen Ost und West, 
als ein zentraler Punkt in Mitteleuropa. 
Der Haushaltsplan, der vom Senat vorgelegt wurde, wird 
diesen Anforderungen nicht gerecht. Wir werden aus diesem 
Grund diesen Haushaltsplan ablehnen. 
[Beifall bei den REP]
	        
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