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Volume Nr. 19, 30. November 1989

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989/90, 11. Wahlperiode, 17.-34. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
19. Sitzung vom 30. November 1989 
888 
(A) Frau Nisble (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten 
Damen und Herren! Tariferhöhungen oder die Einführung neuer 
Tarife - egal, in welchen Bereichen sie stattfinden - erfreuen die 
Verbraucher grundsätzlich selten und geben immer zu umfang 
reichen Diskussionen Anlaß. Sie sind und bleiben schlichtweg 
unpopulär. Wir Sozialdemokraten haben da auch unsere beson 
deren Probleme, weil wir insbesondere die sozialen Komponen 
ten im Auge behalten wollen - eben den Personenkreis, den Sie, 
meine Damen und Herren von der CDU-Opposition, in den ver 
gangenen Jahren durch Ihre Politik in Berlin und Bonn besonders 
stark zur Kasse gebeten haben. 
[Wronski (CDU): Aber doch nicht bei den Tarifen ...!] 
Beispielhaft nenne ich hier nur die Aufhebung der Mietpreisbin 
dung, 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
die sogenannte Gesundheitsreform, 
[Wronski (CDU): Was hat denn das mit dem 
Wassergroschen zu tun?] 
die Besteuerung der Weihnachtsfreibeträge und so weiter. 
- Jetzt kommt es wieder mit dem Wasser. - 
[Wronski (CDU); Was sagt denn die BSR zu solchen 
Argumenten?] 
Ich denke jedoch, daß die Bevölkerung es versteht, wenn in einer 
Zeit sterbender Wälder, Seen und Flüsse, in einer Zeit von 
großen Müll- und Altlastenmengen 
[Landowsky (CDU): Das ganze Leid liegt bei der BSRI] 
Belastungen für jeden einzelnen notwendig werden, die sich 
natürlich auch in Form von Geldleistungen niederschlagen. Es 
kann nicht nach dem Motto gehen; Umweltschutz ja, aber warum 
müssen gerade wir dafür zahlen? - 
[Beifall bei der SPD] 
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v ’ Es ist mehr denn je notwendig, Vorsorge dafür zu treffen, daß wir 
auf dem Gebiet des Umweltschutzes unsere Zukunftsaufgaben 
lösen können. 
Ich möchte heute nicht mehr auf die Ausführungen des Kolle 
gen Kriebel in der I. Lesung und in den Ausschußsitzungen ein- 
gehen, weil er bereits alle Fakten, die zu den Tariferhöhungen 
gefühthaben, ausführlich dargesteilt hat. Nur soviel will ich hier 
sagen: Wenn Herr Kittner sich hinstellt und von „inflationärer 
Preistreiberei“ spricht, aber im Jahr zuvor bei den BVG-Tarifen 
einer Preiserhöhung bis zu 38 % zugestimmt hat, 
[Zuruf von der SPD: Hört, hört!] 
dann ist er - so glaube ich - nicht nur unglaubwürdig, 
[Beifall bei der SPD - Wronski (CDU): Das war bei Stobbe 
der Fall! - Schütze (CDU); Da verwechseln Sie jetzt aber 
etwas! Das war bei Stobbe!] 
sondern hat er die schwierigen und umfassenden Aufgaben des 
Umweltschutzes für unser aller Zukunft in dieser Stadt nicht 
begriffen. 
[Wronski (CDU): Sie meinen die Langzeitstudenten von 
16 Jahren aufwärts!] 
Da ist der Umweltminister und Ihr Parteifreund, Herr Kittner, 
Ihnen schon ein wenig voraus, obwohl auch er notwendige Um 
weltschutzmaßnahmen nicht durchsetzt. Er sagt nämlich - ich 
zitiere -: 
Unbestritten ist es, daß erhebliche ökologische Erfolge mit 
dem Einsatz von Umweltabgaben erzielt werden können. 
[Wronski (CDU): Der Senat braucht Geld, das ist alles!] 
Der Senat wird allein für Maßnahmen der Bodensanierung 
106 Millionen DM im Jahr 1990 ausgeben; 
[Wronski (CDU): Das stimmt doch alles nicht!] 
das sind 14 Millionen DM mehr als Sie, meine Damen und Herren 
von der CDU-Opposition, in den ’89er Haushalt eingestellt 
haben. Wenn allerdings der Bundeskanzler und auch der Finanz 
minister weiterhin glauben, die finanziellen Probleme dieser 
Stadt, die durch Aus- und Libersiedler sowie durch Besucher 
aus der DDR entstanden sind, „aussitzen“ zu müssen, 
[Wronski (CDU): Dann wird der Wassergroschen erhöht, ist 
klar!] 
dann werden wir unter anderem die vorgenannten Gelder sicher 
lich zur Existenzsicherung unserer Stadt ausgeben müssen. 
[Beifall bei der SPD] 
Im Hinblick auf die aktuellen Veränderungen in der DDR 
hoffe ich, daß mittelfristig sowohl bei den Berliner Wasserbetrie 
ben als auch bei den Berliner Stadtreinigungs-Betrieben mit der 
DDR Vereinbarungen getroffen werden können, die eine für 
beide Seiten ökologisch und ökonomisch bessere Zusam 
menarbeit ermöglichen. Insgesamt glaube ich, daß die Berliner 
Eigenbetriebe in der Zukunft aufgrund ihres hohen technischen 
Standards eine besondere Aufgabe in den veränderten deutsch 
deutschen Beziehungen zu spielen haben. 
[Dr. Staffelt (SPD): Sehr richtig!] 
Es ist anzunehmen, daß auch die DDR aus Gründen ihrer eige 
nen Weiterentwicklung ein Interesse daran haben wird, mit dem 
Westteil der Stadt eine zukunftorientierte Stadtpolitik zu betrei 
ben. 
[Beifall bei der SPD] 
Nach diesen deutlichen Ausführungen ist es klar, daß die zur 
Abstimmung stehenden Gesetze dem Umweltschutz und damit 
der Zukunftssicherung unserer Stadt und den Menschen dienen, 
die hier leben. Dieser Verantwortung muß man sich stellen, und 
deshalb appelliere ich auch an die Opposition, diesen Gesetzen 
zuzustimmen. - Schönen Dank! 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Stellv. Präsidentin Dr. Schramm: Ich sehe keine weiteren 
Wortmeldungen. Aber ich weiß, daß Senator Wagner jetzt noch 
sprechen möchte. - Bitte sehr! 
[Frau Bischoff-Pflanz (AL): Da sind wir aber gespannt!] 
Wagner, Senator für Arbeit, Verkehr und Betriebe; Frau Präsi 
dentin I Meine Damen und Herren I Es gibt sicher Angenehmeres 
für einen Senator, als gegenüber der Öffentlichkeit Kostenstei 
gerungen zu begründen - insbesondere Kostensteigerungen, 
die mit Sicherheit Belastungen für jeden Bürger, für jede Bürge 
rin dieser Stadt bedeuten. 
Gestatten Sie mir, Herr Kittner, ein Wort zu Ihren Ausführun 
gen. Ich fand, der erste und der letzte Satz Ihrer Einlassungen 
waren deutlich und klar. Sie haben zur großen Überraschung mit 
geteilt, daß Ihre Fraktion die Vorlagen ablehnen wird. Dies haben 
Sie im ersten und im letzten Satz getan. Was Sie dazwischen 
gesagt haben, hat mich ein wenig verwirrt durch das, was Sie 
inhaltlich darstellten. Ich war nicht ganz sicher, ob Sie die Rede 
vorbereitet haben, ob Sie die Anträge in ihrem Sinn verstanden 
haben oder ob Sie nur eine dieser Reden ablesen, die man hier 
eben einmal hält. Denn zur Sache haben Sie wenig beigetragen, 
vor allem, wenn Sie davon ausgehen, daß die antragstellenden 
Fraktionen der Koalition den Senat oder den Senator oder wen 
immer „zurückgepfiffen“ hätten. 
Im Grunde sagen die Anträge nichts anderes aus, als was im 
Koalitionsabkommen steht. Es ist eine Aufforderung, eine neue 
Politik zu machen - eine andere Abfailpoiitik allerdings, als dies 
bisher der Fall war. Vor dem Hintergrund, meine ich, ist es wohl 
richtig, wenn die Fraktionen entsprechend artikulieren und ihren 
Auftrag noch einmal deutlich machen. Das ist jedenfalls mein 
Parlamentsverständnis. Es ist das Recht antragstellender Frak 
tionen, entsprechende Aufträge an den Senat zu formulieren 
- nichts anderes geschieht hier. Wenn Sie meinen, daß wir zu 
Ausreden greifen, etwa nach der Devise: Der alte Senat war 
schlecht, Bonn ist schlecht! - Sie haben das wörtlich gesagt -, 
dann verkennen Sie die Politikrichtung, die in diesen Vorlagen 
zum Ausdruck kommt. Wir haben es doch gar nicht nötig, perma-
	        
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