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Volume Nr. 34, 28. Juni 1990

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989/90, 11. Wahlperiode, 17.-34. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
34. Sitzung vom 28. Juni 1990 
1833 
Frau Damrat 
FU aufheben und die Klinika durch gesonderte Finanz- und Wirt 
schaftskommissionen fachkompetent leiten und kontrollieren las 
sen. 
Wir sind öfters gefragt worden, warum wir noch gerade jetzt 
dieses Berliner Hochschulgesetz vorlegen, obwohl der Gesamt 
berliner Einigungsprozeß vor der Tür steht. Gerade deswegen 
halten wir jedoch dieses Gesetzesvorhaben für notwendig. Wir 
folgen damit nicht nur dem von uns gegebenen Wahlverspre 
chen, sondern wir müssen in diesen Einigungsprozeß auch ein 
gut demokratisch geordnetes Hochschulwesen aus unserem Teil 
der Stadt einbringen. Deshalb werden wir die vorliegende 
Gesetzesnovelle nicht nur zügig, sondern auch ausführlich zu 
beraten haben. 
[Schütze (CDU); Aha!] 
Wegen der hochschulpolitischen Zukunft Berlins muß dies 
auch unter Einbeziehung der Betroffenen und politisch Verant 
wortlichen aus dem Ostteil der Stadt geschehen. Erste positive 
Reaktionen von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus 
dem Ostteil bestärken uns in diesem Vorhaben. Auch sie disku 
tieren ähnliche Ansätze, um damit eine demokratische Grunder 
neuerung ihrer Hochschulen zu bewirken, die 40 Jahre Stalinis 
mus überwinden müssen. 
[Schütze (CDU); Die sollten jetzt nicht 
den gleichen Fehler wie Sie machen!] 
Wir sehen in unserer Novellierung eine gute Grundlage für die 
zukünftige gesetzgeberische Arbeit im Bereich einer Gesamt 
berliner Hochschulpolitik, und wir fordern die an der Zukunft 
der Hochschulen und an der Bildungspolitik interessierte Öffent 
lichkeit in West und Ost auf, diesen Gesetzgebungsprozeß ge 
meinsam mit uns zu gestalten. 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Stellv. Präsidentin Brinckmeier: Für die Fraktion der CDU 
hat Kollege Schütze das Wort. 
Schütze (CDU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 
Heute erleben wir wahrscheinlich einen der letzten Akte in der 
unendlichen Geschichte des Versagens der AL-SPD-Koalition in 
der Hochschulpolitik. 
[Buwitt (CDU); Richtig!] 
Vielleicht ist der Begriff „Versagen“ der falsche Ausdruck, denn 
wenn man richtig darüber nachdenkt, stellt man fest, daß es 
rekordverdächtig ist, was Sie von AL und SPD in den letzten ein 
einhalb Jahren in der Hochschulpolitik geschafft haben. Ich 
möchte fast wetten, keine Regierung vor Ihnen hat es geschafft, 
in eineinhalb Jahren in der Hochschulpolitik so viele negative 
Schlagzeilen zu produzieren und so viel wie dieser Senat zu zer 
stören. Ich weiß - das habe ich heute gehört -, Sie sind darauf 
noch stolz, immer nach dem Motto: Was interessieren uns die 
Hochschulen, die Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen 
in dieser Stadt - Hauptsache, der Koalitionsfrieden stimmt! 
[Buwitt (CDU): Nicht mal der stimmt!] 
Dieser Gesetzentwurf ist auch wieder ein klassisches Beispiel 
dafür, wie hier verfahren wird. Nun sollen auch die Hochschulen 
noch daran glauben, und deshalb wird nach immerhin einein 
halbjähriger Diskussion ein Gesetzentwurf eingebracht, von dem 
Sie und wir wissen und vor allem Frau Riedmüller-Seel weiß, daß 
es ein ungeliebter Entwurf ist, der so gut wie keine Chance hat, 
jemals realisiert zu werden. 
[Wagner, Jürgen (SPD): Da werden wir Sie 
enttäuschen müssen!] 
Das Problem ist - es ist vor allem das Problem von Frau Riedmül 
ler-Seel, und insofern tut sie mir leid, weil sie es zum Teil als eine 
von wenigen besser weiß -, daß die Senatorin hampeln muß, 
wenn die AL an der Strippe zieht; wenn die AL will, daß ein 
solcher Gesetzentwurf eingebracht, kurz bevor die Koalition zer 
bricht, dann muß ein solcher Hochschulgesetzentwurf hier 
behandelt werden, der - ich habe es bereits gesagt - so nutzlos 
und lächerlich zugleich ist, daß er sich eigentlich jeglicher Dis 
kussion entzieht. 
Schon die Tatsache, daß heute ein Gesetzentwurf ausschließ- (C) 
lieh für den Westteil dieser Stadt eingebracht wird - wenige 
Monate vor Gesamtberliner Wahlen -, zeigt, daß SPD und AL 
offensichtlich überhaupt nichts begriffen haben. Daß es einen 
9. November gegeben hat, haben Sie vielleicht formal registriert; 
verinnerlicht haben Sie dies jedoch nicht, sonst hätten Sie heute 
keinen solchen Entwurf mehr yorgelegt. Abgesehen davon, daß 
dieser Entwurf nach meiner Überzeugung den Gang alles Irdi 
schen nehmen und über kurz oder lang dahin verschwinden wird, 
wohin er gehört - in den Mülleimer -, stellt er dennoch eine 
ungeheuerlicher Brüskierung unserer Kollegen im Ostteil dieser 
Stadt dar, und dabei vor allem eine Brüskierung Ihres Amtskolle 
gen, Frau Riedmüller-Seel, von Herrn Dr. Kny. Sie versuchen 
allen Ernstes, noch fünf Minuten vor zwölf vollendete Tatsachen 
zu schaffen. 
[Frau Künast (AL); Fünf Minuten nach sechs!] 
Frau Damrat hat erklärt, warum das alles sein muß. Sie wollen 
also fünf Minuten für zwölf noch vollendete Tatsachen schaffen, 
[Frau Künast (AL): Fünf Minuten nach sechs!] 
ohne im Vorfeld auch nur den Versuch zu machen, eine Abstim 
mung mit den Kollegen in Ost-Berlin herbeizuführen. Sie sind 
wirklich - ich habe in der DDR zur Zeit viel zu tun - der Prototyp 
des überheblichen Bundis, der noch schnell versucht, die doo 
fen Ossis über den Tisch zu ziehen. 
[Frau Künast (AL): Was machen Sie denn da drüben?] 
- Frau Kollegin, ich kann Ihnen sagen, was ich da drüben mache: 
Ich habe glücklicherweise einen Beruf; das unterscheidet mich 
von vielen Kollegen Ihrer Fraktion. - Sie übersehen dabei eines: 
Die Ost-Berliner Kollegen haben Sie und Ihre Koalition sehr 
schnell durchschaut. Dr. Kny, mit dem ich vor wenigen Tagen 
über diesen Gesetzentwurf gesprochen habe, hat mir in aller 
Klarheit gesagt, daß er nicht bereit sei zu akzeptieren, daß eine 
Koalition, die nur noch einen Torso darstellt, 
[Frau Künast (AL): Einen was?] 
versucht, heute noch etwas zu präjudizieren, was für die Hoch- 
schulen und den Wissenschaftsstandort Berlin schädlich ist. 
[Beifall des Abg. Buwitt (CDU)] 
Versuchen Sie, wenigstens einmal zu sich selbst ehrlich zu sein: 
Warum bringen Sie einen solchen Entwurf ein? - Ich sehe zwei 
Gründe: Sie bringen ihn ein, weil Sie damit von Ihren Schandta 
ten in der Hochschulpolitik ablenken wollen. 
[Beifall der Abgn. Frau Dr. Laurien (CDU) und Buwitt (CDU)] 
Ein klassisches Beispiel dafür war heute die Diskussion über das 
Thema Auflösung der Akademie der Wissenschaften. Ein 
anderes Thema ist das Versagen des Senats in der Frage HMI. 
Frau Schreyer wird - und wir werden das sicherlich im Juli aufzu 
arbeiten haben, wenn Frau Schreyer dann noch im Amt ist - 
auch im Juli die zugesagte Genehmigung nicht erteilen. Das Pro 
blem BESSY II ist auch nicht vom Tisch. Das sind doch die Pro 
bleme, denen Sie sich stellen müßten. Davon versuchen Sie 
abzulenken, indem Sie einen Gesetzentwurf vorlegen, und damit 
versuchen, ihre eigene Konzeptionslosigkeit in der Hochschul 
politik zu verdecken. Denn das geht am besten, indem man das 
macht, was viele Wissenschaftspolitiker über viele Jahre am'lieb- 
sten gemacht haben: Man fummelt wieder einmal am Hoch 
schulgesetz herum - was interessiert es die Hochschulen. 
[Abg. Wagner, Jürgen (SPD) zeigt auf den Redner.] 
- Herr Wagner, ich greife das auf: Wir haben das Berliner Hoch 
schulgesetz nur deshalb geändert, weil das Hochschulrahmen 
gesetz uns dazu gezwungen hat. 
[Wagner, Jürgen (SPD): Aber wie?] 
Sie machen etwas anderes. Ohne Not versuchen Sie nach zwei 
Jahren, wieder ein neues Hochschulgesetz zu schaffen, 
[Wagner, Jürgen (SPD): Sie hätten es ja auch gemacht! - 
Buwitt (CDU): Ich weiß nicht, warum Sie das 
so schlecht machen. Dafür gibt es keinen Grund!] 
bringen Unruhe in die Universität, lähmen die Arbeit der Universi 
tät und schaffen Verunsicherung,
	        
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