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Volume Nr. 34, 28. Juni 1990

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989/90, 11. Wahlperiode, 17.-34. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
34. Sitzung vom 28. Juni 1990 
1813 
Frau Wiechatzek 
(A) soll, wie es übrigens auch der Rundfunkrat des Senders Freies 
Berlin geäußert hat. Formulierungen, wie sie auch gerade auf der 
ARD-Hauptversammlung geäußert wurden, der SFB habe in 
neuen Strukturen und Organisationen aufzugehen, müssen uns 
sehr hellhörig machen. Wir als CDU gehen jedenfalls davon aus, 
daß der SFB die Landesrundfunkanstalt ist und bleiben wird. 
Bezüglich des RIAS stimmen wir mit Ihnen überein: daß er als 
Hörfunkstandbein zum ZDF kommen sollte. Diese Zukunft halten 
wir aus der Tradition heraus für begründet, aber auch aus Solida 
rität zu den Mitarbeitern des RIAS für erforderlich. Man sollte 
dann aber auch den Mut haben, Herr Kollege Lorenz, dies nicht 
nur verbal zu bekennen. Stimmen Sie dem Antrag der CDU-Frak- 
tion zu, um anderen Spekulationen Einhalt zu gebieten und deut 
lich zu machen, daß das Parlament und die politischen Parteien 
in dieser Stadt den RIAS hierbehalten und ihm eine sichere 
Zukunft geben wollen. 
Nach dem, was wir dazu heute von Ihnen gehört haben, könn 
ten Sie unserem Antrag sofort zustimmen. Damit würden Sie 
auch den Mitarbeitern Sicherheit geben. 
[Beifall bei der CDU] 
Präsident Wohlrabe: Das Wort hat jetzt Frau Weißler. 
Frau Weißler (AL): Offensichtlich spitzt sich jetzt ein Dissens 
darüber zu, wie viele Landesanstaiten in der Zukunft denkbar 
sind und verkraftet werden können. Nun sind Landesrundfunkan 
stalten aber nicht irgendwelche Unternehmen; sie haben viel 
mehr einen kulturellen und gesellschaftlichen Auftrag. Für die 
Erfüllung dieses Auftrags brauchen sie optimale Voraussetzun 
gen; und daß sie diesen Auftrag optimal erfüllen, ist gerade in 
dieser jetzigen politischen und gesellschaftlichen Situation für 
uns alle unabdingbar. Aus diesem Grund plädieren wir nach 
drücklich dafür, daß in allen Ländern der DDR, die sich dem 
nächst gründen werden, Landesrundfunkanstalten entstehen. 
(B) Wir brauchen diese, um die kulturelle und gesellschaftliche 
Bewältigung der Probleme zu erreichen. 
[Frau Wiechatzek (CDU); Wie sollen Sie sich finanzieren?] 
Zur Frage ihrer Finanzierung: Frau Wiechatzek, es gibt dazu 
eine Reihe von Vorschlägen, und ich nenne Ihnen einige, weil Sie 
sie offensichtlich nicht kennen. Zum einen; Die Gebührenpraxis 
ist hier schon wiederholt angesprochen worden. Es ist zur Zeit 
so, daß zum Beispiel grundsätzlich alle Rentner in der DDR von 
der Gebührenzahlung befreit sind. Zukünftig muß eine Abhän 
gigkeit vom Einkommen hinzutreten, so, wie das auch bei uns der 
Fall ist, das heißt, keine grundsätzliche Befreiung von der 
Gebührenzahlung, sondern nur abhängig vom Einkommen. 
Es muß ein Finanzausgleich der Etats der Landesrundfunk 
anstalten erreicht werden, der auch die künftigen Landesrund 
funkanstalten auf dem Gebiet der jetzigen DDR einschließt. 
Langfristig werden wir auch nicht um eine Gebührenerhöhung, 
wenn auch eine sehr schonende und stufenweise, herumkom 
men; schließlich wird ja etwas dafür geboten. 
In einer befristeten Übergangszeit ist es auch denkbar, daß für 
den Aufbau eines neuen Rundfunkwesens in der DDR eine kurz 
fristig erhöhte Zahlungen der Gebührenzahler im Gebiet der jet 
zigen Bundesrepublik ins Auge zu fassen wird. 
Zum anderen gibt es bereits Kredite, die die ARD für den 
Anfang gewährt hat. Es wäre auch möglich, daß die Post über 
TELEKOM ebenso finanzielle Starthilfe leistet. - So weit zur 
Finanzierung der Landesrundfunkanstalten, für die ich nach 
drücklich - wie bereits gesagt - aus kulturellen und gesellschaft 
lichen Gründen plädiere. 
Ich möchte noch einen Satz zur Gleichberechtigung des 
öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks sagen. Diese 
Gleichberechtigung wurde von Frau Senatorin Martiny postu 
liert. 
Präsident Wohlrabe: Gestatten Sie eine Zwischenfrage 
von Frau Wiechatzek? 
Frau Weißler (AL); Ja, bitte! 
Frau Wiechatzek (CDU): Frau Kollegin, sind Sie bereit, zur 
Kenntnis zu nehmen, daß die ARD nicht bereit ist, Ihren Wunsch, 
fünf neue Landesrundfunkanstalten in der DDR zu schaffen, zu 
bezahlen? 
Habe ich Sie darüber hinaus richtig verstanden, daß Sie 
unseren Gebührenzahlern eine erhöhte Gebühr oder sogar eine 
Sondergebühr zumuten wollen, um fünf neue, unwirtschaftliche 
Landesrundfunkanstalten in der DDR zu finanzieren? Haben Sie 
wirklich den Mut, vor die Gebührenzahler zu treten und dies ein 
zuklagen? 
Frau Weißler (AL): Mit der Zumutung ist das so eine Sache. 
Ich empfinde Zumutung immer dann, wenn man mir ungerecht 
fertigt irgendwelche Lasten aufdrückt. Ich empfinde hier aber 
keine ungerechtfertigte Last, sondern ich gehe davon aus, daß 
auch die Gebührenzahler in der Bundesrepublik einzusehen in 
der Lage sind, daß der Aufbau eines demokratischen und födera 
len Rundfunkwesens in der DDR einmal eine besondere 
Anstrengung erfordert. Das war in anderen, vergleichbaren histo 
rischen Situationen auch schon der Fall. Ich halte die Leute nicht 
für so blöd, wie Sie das offenbar tun. 
[Beifall bei der AL] 
Jetzt komme ich noch einmal zur Gleichberechtigung des 
öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunks. Diese Gleich 
berechtigung besteht so nicht! Liebe Frau Martiny, es besteht 
eine Rechtsprechung, die glasklar besagt, daß das öffentlich- 
rechtliche Rundfunkwesen die Grundversorgung sicherzustel 
len hat und daß den privaten und kommerziellen Sendern nur 
eine Zusatzversorgung zusteht. Ich hoffe, daß dieser Satz auch 
weiterhin Gültigkeit behalten wird. - Frau Senatorin, Sie hätten 
mir mal zuhören können, statt mit Senatorin Pfarr zu schwatzen! 
[Beifall bei der AL] 
(D) 
Präsident Wohlrabe: Weitere Wortmeldungen liegen mir 
nicht vor, allerdings ein Antrag. Herr Kollege Diepgen, wünschen 
Sie, daß über diesen Antrag sofort abgestimmt wird? 
[Buwitt (CDU): Überweisung!] 
- Dann darf ich ihn vorlesen, wenn Sie das wünschen. 
[Diepgen (CDU): Herr Präsident, wenn es machbar ist, dann 
würde ich die sofortige Abstimmung wünschen!] 
- Dann gestatten Sie mir, daß ich den Inhalt des Antrags 
bekanntgebe: 
Das Abgeordnetenhaus fordert Bund und Länder auf, in 
einem Staatsvertrag den Bestand des Senders RIAS Berlin 
zu sichern. In einem vereinten Deutschland soll das Zweite 
Deutsche Fernsehen um Hörfunkprogramme erweitert und 
mit der heutigen Sendeanstalt RIAS Berlin verbunden wer 
den. 
Das ist der Antrag. Wird dazu das Wort gewünscht? 
[Kern (SPD); Wir bitten um Überweisung 
an den Ausschuß für Kultur!] 
- Es ist die Überweisung an den Ausschuß für Kultur beantragt 
worden. Wer für diese Überweisung ist, den bitte ich um das 
Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Dann ist 
diese Überweisung einmütig so beschlossen. 
[12] 
Ich rufe auf 
lfd. Nr. 2: 
a) Drucksache 11/899: 
I. und II. Lesung der Vorlage - zur Beschlußfas 
sung - über Gesetz Uber die Anwendung von 
Bundesgesetzen zu internationalen Abkommen 
der Bundesrepublik Deutschland
	        
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