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Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode
34. Sitzung vom 28. Juni 1990
(A) Stellv. Präsidentin Frohnert: Erste Zusatzfrage - Frau
Friedl!
Frau Friedl (SPD): Frau Senatorin! Ich habe der Presse auch
entnommen, daß die Asbestteile auf die Kippen Schöneiche,
Deetz, Vorketzin oder Eichberg gebracht werden sollen und der
zuständige Stadtrat mit Potsdam verhandelt. Für mich stellt sich
die Frage: Wohin wurden eigentlich die Asbestteile, die bei
Sanierungen von Turnhallen und Schulen bisher angefallen
sind, gebracht oder entsorgt? - Darf ich gleich die weiteren
Fragen stellen, Frau Präsidentin?
Stellv. Präsidentin Frohnert: Eine Frage, Frau Friedl! - Zur
Beantwortung - bitte Herr Senator Nagel!
Nagel, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Die Asbest
produkte aus dem Abriß der Mauer werden zunächst zwischen
gelagert, und zwar in einer Deponie im Südosten Berlins. Bei der
Zwischenlagerung werden die Erfahrungen genutzt, die auch die
West-Berliner Bauverwaltung beim Abbruch von entsprechen
den asbestverseuchten Schulen gemacht hat. Dann ist die Auf
stellung eines gemeinsamen Plans vorgesehen darüber, wie die
Produkte endgültig verarbeitet werden sollen.
Stellv. Präsidentin Frohnert: Weitere Zusatzfragen gibt es
nicht mehr.
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Dann kommen wir zur nächsten Mündlichen Anfrage des
Abgeordneten Herrn Haberkorn über
vorbereitende Maßnahmen im Bereich
der Obachlosenhilfe für den kommenden
Herbst sowie sonstige Finanzierungen
(B) im Bereich betreuten Wohnens
Bitte sehr!
Haberkorn (AL): Schönen Dank, Frau Präsidentin! Ich
möchte nur korrigieren: Noch bin ich nicht bei der SPD, sondern
bei der AL. Das ist falsch gedruckt worden.
Stellv. Präsidentin Frohnert: Das wurde bereits verbes
sert, Herr Haberkorn!
Haberkorn (AL); Ich frage den Senat:
1. Welche Vorkehrungen hat der Senat getroffen, damit auf der
Straße lebenden Obdachlosen im kommenden Herbst wie im
letzten Winter Notübernachtungen angeboten werden kön
nen?
2. Wie wird der Senat sicherstellen, daß die Betreuung und
Beratung von ehemals Wohnungslosen in der Quitzow-
str. 138 auf eine solide Finanzierungsbasis gestellt werden?
Stellv.Präsidentin Frohnert: Zur Beantwortung - Frau
Senatorin Stahmerl
Frau Stahmer, Bürgermeisterin und Senatorin für Gesund
heit und Soziales: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Herr Abgeordneter Haberkorn I Um Vorkehrungen zur Übernach
tung für auf der Straße lebende obdachlose Frauen und Männer
im kommenden Herbst und Winter treffen zu können, haben wir
eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Diese Arbeitsgruppe nennt sich
„Kältehilfe für den Winter 1990/91“. Sie hat am 9. Mai zum ersten
Mal getagt. Teilnenmer dieser Arbeitsgruppe sind Mitarbeiter der
sozialen Wohnhilfe einiger Bezirksämter sowie Mitarbeiter und
Vertreter und Vertreterinnen von Hilfeeinrichtungen und freien
Trägem, die mit der Beratung und Betreuung wohnungsloser
Menschen betraut sind und entsprechende Erfahrungen haben.
Unsere Absicht, wie im letzten Winter kleine dezentrale nied- (C)
rigschwellige Angebote auch in diesem Winter für den betroffe
nen Personenkreis vorzuhalten, besteht weiterhin. Die Vorberei
tungen laufen in diese Richtung. Die Realisierung hängt aller
dings davon ab, ob wir die dafür im Rahmen der Haushaltswirt
schaft in Aussicht stehenden Mittel für diesen Zweck auch zur
Verfügung gestellt bekommen. Die Gespräche darüber sind
noch nicht abgeschlossen.
Zu Ihrer zweiten Frage: Die Sorge um die Sicherstellung der
Beratung und Betreuung ehemals Wohnungsloser in der Quit-
zowstraße hat ebenfalls finanzielle Gründe. Die Finanzierung
wäre auf zweierlei Art möglich:
1. über die Zuwendung im Rahmen des betreuten Wohnens in
der Trägerschaft des Diakonischen Werkes;
2. über den Tagessatz im Rahmen des sogenannten Tausen
derprogramms.
Die Finanzierung aus Zuwendungsmitteln ist nicht möglich, da
weder für das Jahr 1990 noch für das Jahr 1991 hierfür Mittel zur
Verfügung stehen. Wir haben bei der Überlegung, dies über das
Tausenderprogramm zu finanzieren, das Problem, daß das vom
Bezirksamt Tiergarten, Abteilung Sozialwesen initiiert werden
müßte. Dieses wurde bislang von der Abteilung Sozialwesen des
Bezirksamts Tiergarten abgelehnt. Die Gespräche und Verhand
lungen darüber gehen aber weiter.
Stellv. Präsidentin Frohnert: Zur ersten Zusatzfrage - Herr
Haberkorn!
Haberkorn (AL): Frau Stahmer! Gehen Sie auch davon aus,
daß durch den Wegfall der Mauer mit sehr viel mehr Leuten, die
jetzt und im kommenden Herbst sowie Winter auf der Straße
leben, zu rechnen ist, und teilen Sie meine Auffassung, daß es
nicht mehr darum gehen kann, zu gucken, ob man eine Finanzie
rung bekommt, sondern nur noch zu gucken, wie hoch diese
Finanzierung sein kann, damit Notübernachtungen in größerem (D)
Umfang zur Verfügung gestellt werden?
Stellv. Präsidentin Frohnert: Frau Senatorin Stahmer!
Frau Stahmer, Bürgermeisterin und Senatorin für Gesund
heit und Soziales: Wir sind in Gesprächen mit der anderen Seite
darüber, auf was wir uns einrichten müssen. Es ist sicher so, daß
ein deutlicher finanzieller Zusatzbedarf für diesen sozialen
Bereich besteht. Ich muß alle Mitglieder dieses Hauses ebenso
wie die Senatsmitglieder darum bitten, sich darauf einzurichten.
Stellv. Präsidentin Frohnert; Weitere Zusatzfrage - Herr
Haberkorn!
Haberkorn (AL): Meinen Sie denn - nach Ihren bisherigen
Erkenntnissen -, daß die weiteren Mitglieder dieses Senats in
der Lage und willens sein werden, Ihrer Bitte zu entsprechen?
Stellv. Präsidentin Frohnert: Frau Senatorin Stahmer!
Frau Stahmer, Bürgermeisterin und Senatorin für Gesund
heit und Soziales: Ich bin keine Prophetin!
Stellv. Präsidentin Frohnert: Noch eine Zusatzfrage - Herr
Haberkorn!
Haberkorn (AL): Meinen Sie denn - obwohl Prophetie in der
Politik ab und zu sinnvoll ist -, daß allein die Prophezeiung auch
nicht die Lösung der Probleme wäre, sondern relativ schnell die
finanzielle Grundlage sichergestellt werden muß, weil wir alle
wissen, daß eine Planung sehr lange dauert und bei einer Zurver
fügungstellung der finanziellen Mittel erst im Dezember genau
das, was man will, nämlich bis dahin Übernachtungen sicherzu
stellen, dann schon zum Teil den Bach hinunter ist?