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Volume Nr. 15, 12. Oktober 1989

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989, 11. Wahlperiode, 1.-16. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
15. Sitzung vom 12. Oktober 1989 
626 
(A) 
(B) 
Günther 
sagen des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes, der hierzu 
bisher zurückgehaltene, aber nun veröffentlichte Einschätzungen 
insbesondere in bezug auf den Begriff des Wahlvolks und der 
entsprechenden Aussagen dazu in der Verfassung formuliert 
hat? 
Präsident Wohlrabe: Herr Senator Pätzold! 
Pätzold, Senator für Inneres: Herr Abgeordneter Günther, 
ich komme ungern dazu - auch wenn ich gefragt werde -, die 
Äußerungen anderer Abgeordneten zu bewerten. Aber in Ihrer 
Frage steckt ja auch der sachliche Hintergrund, wie man mit der 
heutigen Einschätzung des Volkes oder Wahlvolks umgeht. Da 
halte ich es mit dem Aufsatz, den Herr Körting kürzlich in der 
„Morgenpost“ geschrieben hat. Die Verfassungsgeber von 
damals konnten nicht annähernd ahnen, in welcher Weise diese 
Welt zusammenrücken würde, daß es selbstverständlich werden 
würde, daß in allen Ländern sehr viele Menschen aus anderen 
Nationen leben würden. Ich halte es für ein Gebot auch recht 
licher Konsequenz, dafür zu sorgen, daß aus diesen tatsäch 
lichen Entwicklungen die tatsächlichen und rechtlichen Konse 
quenzen gezogen werden, daß nämlich Menschen, die zusam 
men leben, in gewisser Weise auch zusammengehören und glei 
che Rechte und Pflichten haben sollten. 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Präsident Wohlrabe: Das Wort hat der Kollege Dr. Wruck. 
Dr.Wruck (CDU): Herr Senator Pätzold, habe ich Sie richtig 
verstanden, daß Sie einen anderen Volksbegriff entgegen dem 
Grundgesetz und Artikel 26 der Berliner Verfassung wünschen, 
und teilen Sie nicht die Auffassung, daß gerade der Begriff 
„Volk“ in einer Demokratie conditio sine qua non ist, d. h. Demo 
kratie als Volksherrschaft? Meinen Sie nicht, daß das Bürger 
recht, nämlich das Wahlrecht, immer daran gebunden sein muß, 
daß die betreffenden Personen auch deutsche Staatsbürger 
sind bzw. eingebürgert wurden? 
Präsident Wohlrabe: Zur Antwort - bitte, Herr Senator Pät 
zold! 
Pätzold, Senator für Inneres: Herr Abgeordneter Dr. Wruck, 
ich empfinde es als merkwürdig, wenn Sie mir in einer durchaus 
im Land strittigen Situation nahebringen wollen, daß ich Ihre 
Interpretation übernehmen müßte. 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Ich habe meine und auch diejenigen, die mit mir für bestimmte 
Ziele und Ideale stehen. Ich denke schon, daß das Schrifttum, 
die Lehre und auch die Richtersprüche diese Entwicklung tragen 
werden, wonach man „Volk“ heute Gott sei Dank in einem etwas 
weiteren, weltbürgerlichen Sinn zu verstehen hat als früher - mit 
all den damaligen nationalstaatlichen Verengungen. 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Präsident Wohlrabe: Ich sehe keine weiteren Wortmeldun 
gen. Damit ist diese Mündliche Anfrage erledigt. 
Das Wort hat die Frau Abgeordnete Wagner zu einer Münd 
lichen Anfrage über 
Verkauf eines Baugrundstücks 
in Beriin-Kreuzberg 
Frau Wagner (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Her 
ren! Ich frage den Senat: 
1. Ist dem Senat bekannt, daß das ca. 47 000 qm große 
Bundesgrundstück Obentrautstraße / Ecke Mehringdamm in 
Kreuzberg zum Verkauf angeboten wird, und besteht die 
Absicht, dieses Gelände zu erwerben? 
2. Ist dem Senat außerdem bekannt, daß der Bezirk Kreuzberg 
auf diesem Grundstück wichtige Infrastruktureinrichtungen und 
Grünflächen unter Einbeziehung nicht störender Gewerbebe 
triebe sichern will, und wie ist damit die Benennung des Grund 
stücks als potentielle Wohnungsbaufläche von seiten der 
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz zu 
vereinbaren? 
Präsident Wohlrabe: Das Wort hat Frau Senatorin 
Dr. Schreyer. 
Frau Dr. Schreyer, Senatorin für Stadtentwicklung und Um 
weltschutz: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau 
Abgeordnete Wagner, ich beantworte Ihre Fragen wie folgt: 
Zu 1: Dem Senat ist bekannt, daß die Oberfinanzdirektion Ber 
lin im Auftrag des Bundesministers der Finanzen das Grund 
stück Obentrautstraße 1-21/Ecke Mehringdamm zum Ver 
kauf angeboten hat. Bereits im Oktober 1986 hat sich die 
Senatsverwaltung für Finanzen bei der Oberfinanzdirektion Ber 
lin um den Erwerb des Grundstücks bemüht. 
Entgegen dem bisher zwischen dem Land Berlin und der 
Oberfinanzdirektion geübten Verfahren, bei einem beabsichtig 
ten Verkauf dem Erwerbswunsch Berlins zu entsprechen, hat die 
Oberfinanzdirektion einseitig das Grundstück öffentlich zum 
Höchstgebot ausgeschrieben. Das zwingt Berlin, gegebenen 
falls einen spekulativ überhöhten Kaufpreis zu akzeptieren. Um 
einer solchen Praxis entgegenzuwirken, hat sich die Senatsver 
waltung für Finanzen gerade wegen dieses Grundstücks schrift 
lich an den Bundesminister der Finanzen gewandt. 
Zu Ihrer Frage 2; Das 47 000 qm große Grundstück an der 
Obentrautstraße/Mehringdamm war als Beispiel Nr. 20 auf einer 
Liste für Wohnungsbaupotentiale unter dem Titel „Stadtumbau 
durch Umnutzung/Mischnutzung, Intensivierung untergenutzter 
StadtlagenA/erdichtung an Schnellbahnstationen“ genannt, die 
ich im Rahmen einer Pressekonferenz am 3. Oktober 1989 vor 
gestellt habe. Unter den Bemerkungen zu dieser Nr. 20 stand fol 
gender Text: „Zentrale Innenstadtlage, große Reserve für Woh 
nen, Gewerbe, Infrastruktur.“ Daraus folgt, daß in den ver 
waltungsinternen Arbeitsgesprächen nur ein Bruchteil der Flä 
che als Wohnbaupotential diskutiert wird und insofern diese Nut 
zung anderen weiteren Nutzungen nicht entgegensteht. 
Präsident Wohlrabe: Frau Abgeordnete Wagner! 
Frau Wagner (SPD): Frau Senatorin Dr. Schreyer! In dem 
Artikel des „Tagesspiegels“ vom 3. Oktober war allerdings nicht 
die Rede von Wohnbauflächen und Infrastruktur beziehungs 
weise von Infrastruktur und untergeordnet von Wohnbauflächen, 
sondern es war nur von Wohnbauflächen die Rede. Ich möchte 
deshalb noch einmal meine Frage stellen: Wie stellen Sie sich 
vor, die für Kreuzberg notwendigen Nutzungen unterzubringen, 
wenn Sie in diesem Bereich Wohnungsbauflächen vorsehen 
wollen? 
Präsident Wohlrabe: Frau Senatorin! 
Frau Dr. Schreyer, Senatorin für Stadtentwicklung und Um 
weltschutz: Die internen Überlegungen in meinem Hause gehen 
davon aus, daß etwa ein Sechstel dieser Fläche für Wohnungs 
bau genutzt werden kann und im übrigen die restlichen fünf 
Sechstel für eine andere Nutzung zur Verfügung stehen. 
Präsident Wohlrabe: Das Wort zu einer weiteren Zusatz 
frage hat der Abgeordnete Dr. Köppl. 
Dr. Köppl (AL): Ich frage den Finanzsenator, weil er die Ver 
handlungen zu diesem Grundstück geführt hat: In welchem 
Sinne haben die zuständigen Stellen des Landes Berlin bezüg 
lich dieses Grundstücks mit dem Bund weiter verhandelt? Ist der 
Bund bisher auf die Wünsche Berlins bezüglich dieses Grund 
stücks eingegangen? 
(C) 
(D) i 
f
	        
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