Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode
13. Sitzung vom 14. September 1989
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Eckert
(A) Ich habe sehr den Eindruck,
[Pfiffe bei der CDU]
auch wenn das für Sie nun noch immer peinlicher wird,
[Buwitt (CDU): Sie sind schon peinlich genug,
um das klar zu sagen!]
daß diese Namen in den einschlägigen Ausschüssen noch mehr
mals und nicht gerade zur Erläuterung dessen, was nun Engel
oder gute Beamte sind, genannt werden. - Ich fordere Sie auf,
meine Damen und Herren von der CDU, und das mit allem Nach
druck; Hören Sie mit diesem peinlichen Spiel auf, und stimmen
Sie wenigstens jetzt der Beschlußempfehlung des Rechtsaus
schusses zu!
[Beifall bei der AL und der SPD - Zurufe von der CDU -
Buwitt (CDU); Peinlich sind Sie doch nur!]
Präsident Wohlrabe: Das Wort hat Frau Senatorin Lim-
bach!
[Vetter (CDU); Warum haben die nur so eine
Angst davor! - Zuruf von der SPD: Ich wäre an Ihrer Stelle
etwas kleinlauter!]
Frau Dr. Umbach, Senatorin für Justiz: Herr Präsident!
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich hatte diese
Attacke gar nicht mehr erwartet und meine Akten schon in der
Tasche, denn ich glaubte, ich hätte bereits gegenüber Herrn
Rösler, dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses, der ja hierzu
bewußt nichts vorgetragen hat, die nötige Aufklärung gegeben.
Ich bin vielleicht Opfer meiner eigenen, mitunter etwas lehrerin-
nenhaften Art geworden,
(B)
Wir haben uns über diesen Sachverhalt im Rechtsausschuß
unterhalten; ich habe mitgeteilt, daß diese Sache ganz gewöhn
lich in den Geschäftsgang gegangen ist, und während sie also
von mir schon abgezeichnet war - ohne jeden Zusatz, kann man
sich gerne ansehen;
[Kern (SPD); Na, dann mal los, Herr Wruck!
Gucken Sie mal!]
ich habe die Akte hier -, ist von der Staatsanwaltschaft ein Tele
fonanruf gekommen, in dem darauf hingewiesen worden ist, daß
sich hinsichtlich eines der Betroffenen die Sachlage geändert
habe, und man möge bitte den Bericht der Staatsanwaltschaft
abwarten. Das ist geschehen.
Dann ist uns dieser Bericht zugegangen; es ist uns mitgeteilt
worden, daß hinsichtlich eines der Betroffenen der Strafantrag
zurückgezogen worden ist und daß sich die Anzeige entspre
chend reduziere. Danach ist der Vorgang wieder auf den Weg
gegeben worden - Senatorin, Staatssekretär usw. -; am 19. ist
er also abschließend hochgegeben worden. Ich habe ihn dann
abgezeichnet und entsprechend meinem Brief an den Herrn Prä
sidenten des Abgeordnetenhauses gerichtet.
Es ist in der Tat - und da ist der Haken, an dem sich dieses
Gespräch über die Weisungsbefugnis der Justizsenatorin
gegenüber der Staatsanwaltschaft festgemacht hatte - von
mir mitgeteilt worden, daß ohne jede Aufforderung meinerseits
- wie das aber ganz routinemäßig geschieht - ein Vermerk des
zuständigen Beamten bei der Abteilung IV dazu gemacht wor
den ist, der eine rechtliche Würdigung enthält und der mit der
Auskunft abschließt, daß zwar die Frage des öffentlichen Inter
esses etwas zweifelhaft mit Rücksicht auf die Interpretation des
BGH ist, daß aber hier diese Auffassung, die die Staatsanwalt
schaft vertreten hat, durchaus vertretbar ist.
Es handelt sich um einen schlichten Vermerk, der dieser Aus
kunft dient. Und ich habe mich dann mit Herrn Wruck über mein
Verhältnis gegenüber der Staatsanwaltschaft gestritten. Er
behauptete, daß die Justizsenatorin überhaupt keine Weisung
geben dürfe. Ich hatte gerade, weil mich meine Befugnisse als
Justizsenatorin gegenüber der Staatsanwaltschaft interessier
ten, diese alte Geschichte mit dem Fähnlein der sieben aufrech
ten Staatsanwälte ausgegraben. - Sie erinnern sich, die spielte
im Jahre 1961 - und hatte daraus mitgeteilt, daß von dem seiner
zeitigen Untersuchungsausschuß ganz klar festgestellt worden
war, was der Justizsenator - und heute wahrscheinlich doch
auch die Justizsenstorin - darf, nämlich in der Tat Weisungen
geben. Das Weisungsrecht der Landesjustizverwaitung schließt
danach das Recht ein, bindende Richtlinien und Anweisungen
allgemein oder in einer Straftat oder auch nur hinsichtlich einer
einzelnen Handlung innerhalb einer Strafsache zu geben. Natür
lich, Herr Wruck, und da sind wir uns doch beide sicher einig, im
Rahmen des Legelitätsprinzips. Das habe ich mitgeteilt, und daß
wir in einem anderen Fall mit der Staatsanwaltschaft durchaus
- wie will ich sagen - solch ein Gespräch über eine Interpreta
tion, über die neue Interpretation, die der Ermittlungsrichter beim
III. Senat des Bundesgerichtshofs im Rahmen des § 129 a
gegeben hat, geführt haben. Das war ein ganz anderer Fall! Das
hatte mit dem Vorgang Momper nichts zu tun. In dem befinden
sich wirklich nur zweimal ein grünes „Li“ mit dem jeweiligen
Datum auf der Akte. Und auch mein Staatssekretär hat nicht
mehr als seine Paraphe und das Datum hinzugefügt. Ich habe die
Akte für Neugierige bei mir.
[Beifall bei der SPD und der AL - Kern (SPD); Sehr gut!]
Präsident Wohlrabe: Meine Damen und Herren! Es liegt
noch eine WoTmeldung vor vom Kollegen Landowsky. Können
wir uns dann c arauf verständigen, daß wir den Tagesordnungs
punkt langsan um Ende bringen?
[Zu.: e von der SPD und der AL: Nein!]
Landowsky (CDU): Herr Präsident! Ich habe es als einen
Vorschlag des Präsidenten empfunden, Herr Präsident, und das
Haus wird entsprechend der Geschäftsordnung danach verfah
ren. Frau Limbach hat eine neue Redezeit eröffnet.
Präsident Wohlrabe: Zwei Minuten!
Landowsky (CDU): Frau Senatorin! Wenn ich Sie recht ver
standen habe, gab es einen Vermerk Ihrer Abteilung IV mit einer
rechtlichen Würdigung des Sachverhalts. Wer weiß,
[Frsu Künast (AL): Sie müssen es ja wissen I]
wie solche Sachverhalte, solche rechtlichen Würdigungen aus
der Ministerialverwaltung, bei der eigentlich unabhängigen
Staatsanwaltschaft verstanden werden müssen oder verstan
den werden, der weiß auch, daß das als ein indirekter Hinweis
Ihres Hauses gewertet wurde, dieses Verfahren anders abzu
schließen, als es die Staatsanwaltschaft vorher gewürdigt hatte.
Nun können Sie sagen, daß Sie das in vorsichtiger Form
gemacht haben, das glaube ich auch, und man muß auch bei
allem noch bedenken, daß ja in Ihrem Hause seit dem Regie
rungsantritt erhebliche Umbesetzungen vorgenommen worden
sind. Ich will dazu nur eines sagen, darüber seien Sie sich bitte
wirklich im klaren.
Hier ist der Verdacht, daß ein Politiker, ein Abgeordneter par
teilose Beamte möglicherweise beleidigt oder verleumdet
hat. Diese Beamten können sich nicht wehren, sie können
sich nicht anders wehren als durch den ihnen in der Verfassung
garantierten Weg, Rechtsschutz bei den Gerichten zu suchen.
Sie als Parlament, meine Damen und Herren, verweigern jetzt
diesen parteilosen Beamten Rechtsschutz, indem Sie demjeni
gen, der beschuldigt worden ist, bescheinigen, daß die Sache
nicht strafrechtlich verfolgt werden darf. So etwas hat es bei
Beamten bisher noch nicht gegeben, sondern das ist nur bei
politischen Auseinandersetzungen bislang der Fall gewesen. Ich
finde, Sie sollten das auch nicht tun, sondern es müßte gerade
der Regierende Bürgermeister ein persönliches Interesse daran
haben, von der ordentlichen Gerichtsbarkeit festgestellt zu
bekommen, daß er rechtmäßig gehandelt hat. Den Makel, rechts
widrig gehandelt zu haben, wird er doch auf diese Art und Weise
nie los.
[Beifall bei der CDU]