Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode
10. Sitzung vom 22. Juni 1989
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(A) eine Verbeugung vor den falsch verstandenen Vorgaben
des AL-Koalitionspartners sind, angeblich Ausländerfeind
lichkeit mit den Mitteln der Verniedlichung, des Verschwei-
gens und der Unterdrückung von Problemen und Fakten zu
bekämpfen?
Antwort der Senatsverwaltung für Justiz vom 22. Juni
1989
Im Namen des Senats von Berlin beantworten wir Ihre nicht
erledigte Mündliche Anfrage gemäß § 51 Abs. 5 der Geschäfts
ordnung des Abgeordnetenhauses wie folgt:
Zu 1:
Von dem in der Anfrage angesprochenen Vorwurf ist dem
Senat nichts bekannt. In einem an die Senatsverwaltung für
Justiz gerichteten Schreiben der Vereinigung Berliner Staatsan
wälte e. V. vom 17. April 1989 findet sich u. a. zu der angespro
chenen Frage lediglich die Feststellung, daß „justizstatistisch ein
erheblicher Anstieg der Ausländerdelinquenz“ zu verzeichnen
sei.
Nach Kenntnis des Senats trifft diese Feststellung jedenfalls in
solcher Verallgemeinerung nicht zu. So weist der Ausländeran
teil der Tatverdächtigen für 1988 (24,1 %) im Verhältnis zum
Jahre 1986 (24,0%) lediglich eine Steigerung von 0,1 % auf,
während der Anteil der verurteilten ausländischen Staatsange
hörigen im Vergleich der Jahre 1986 (17,1 %) und 1988
(16,7%) sogar rückläufig ist.
Im einzelnen haben sich die Zahlen seit 1984 wie folgt ent
wickelt:
(B)
tatverdächtige Ausländer: 1984: 20,3%
1985: 23,0%
1986: 24,0%
1987: 22,6%
1988: 24,1 %
verurteilte Ausländer: 1984; 15,2%
1985: 16,1 %
1986: 17,1 %
1987: 16,4%
1988: 16,7%
Der zweite Grund für diese Anordnung liegt darin, daß die (C)
Ausländerabteilung schon jetzt letztlich nichts anderes als eine
Art Buchstabenabteilung mit Auffangzuständigkeit für Auslän
dersachen ist. Wir müssen nämlich hier dem falschen Eindruck
entgegentreten, als seien in der Ausländerabteilung sämtliche
Ausländersachen zusammengefaßt. Dies ist nicht der Fall:
So werden bereits nach der jetzigen Zuständigkeitslage fol
gende Verfahren gegen Ausländer nicht in der Ausländerabtei
lung, sondern in anderen Spezialabteilungen - genauer gesagt
Fachdezematen - verfolgt:
P-Sachen (politischer Bezug),
Pressestrafsachen,
Brandstiftungssachen,
Wirtschaftsstrafsachen,
organisierte Kriminalität,
Steuerstrafsachen,
Bestechungsdelikte,
Zoll- und Devisensachen,
Rauschgiftsachen,
Kapitalverbrechen, erpresserischer Menschenraub und Geisel
nahme,
Verfahren gegen Jugendliche, Heranwachsende sowie Jugend
schutzsachen,
Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Mißbrauch
Widerstandsunfähiger,
Verkehrsstrafsachen.
Auch bei der in erster Linie für die Bekämpfung der Kleinkrimi
nalität zuständigen Amtsanwaltschaft gibt es keine gesonderte
Zuständigkeit für Ausländer.
Bei all diesen Gegebenheiten ist es nur folgerichtig, auch die
restlichen verbleibenden Ausländersachen ab Januar 1990 auf
die Buchstabenabteilungen zu verlagern. Damit wird zugleich
dem aus der Sicht des Ausländers möglichen Eindruck ent- (D)
gegengetreten, er werde strafrechtlich als solcher besonders
verfolgt.
Jutta Limbach
Zu 2;
Die - wie in der Anfrage formuliert ist - „Kriminalitätsauffällig
keit bestimmter Ausländergruppierungen“ war nie der Grund
dafür, die bei der Staatsanwaltschaft seit dem 1. Januar 1970
bestehende Spezialabteilung Aid (= Strafsachen gegen Auslän
der) einzurichten. Genausowenig war mit der Einrichtung der
Spezialabteilung bezweckt, besondere Kriminalitätsschwer
punkte oder ausländertypische Delikte effektiver verfolgen und
bekämpfen zu können. Die Schaffung der sogenannten Auslän
derabteilung lag vielmehr in der Hauptsache darin begründet,
den besonderen Erfordernissen Rechnung zu tragen, die die
Bearbeitung von sogenannten Ausländersachen mit sich brach
ten:
Dies waren insbesondere die Schaffung einer zentralen
Anlaufstelle für Ausländer bei der Staatsanwaltschaft, die Koor
dination der Zusammenarbeit mit den Ausländerbehörden, die
Verbindung zu Konsulaten und anderen ausländischen Dienst
stellen sowie die Kontaktnahme zu Dolmetschern und anderen
Sprachmittlern.
Diese Verbindungen und Kontakte haben sich im Laufe der
Jahre soweit eingespielt, daß es von da her der Spezialabteilung
Aid nicht mehr bedarf. Dies ist der eine Grund für unsere Anord
nung an die Staatsanwaltschaft, organisatorische Vorkehrungen
dafür zu treffen, daß die Abteilung 14 zum 31. Dezember 1989
aufgelöst und ihr Zuständigkeitsbereich auf die Buchstabenab
teilungen verlagert wird.
Mündliche Anfrage Nr. 15
des Abgeordneten Dr. Uwe Lehmann-Brauns (CDU) über
Halbierung der Lottomittel für kulturelle
und andere Zwecke
Ich trage den Senat:
1. Bleibt die Senatorin für Kulturelle Angelegenheiten bei ihrer
am 16. 6. erklärten Abwertung der Appelle von drei Berliner
Kunstvereinen gegen die beabsichtigte Halbierung der aus
zuschüttenden Lottomittel als „Katastrophenmeldung“?
2. Wie beurteilt sie in diesem Zusammenhang die zweimal
bekundete Einigkeit des Kulturausschusses gegen die ge
plante Halbierung?
Antwort der Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegen
heiten vom 22. Juni 1989
Im Namen des Senats von Berlin beantworten wir Ihre nicht
erledigte Mündliche Anfrage gemäß § 51 Abs. 5 der Geschäfts
ordnung des Abgeordnetenhauses wie folgt;
Zu 1:
Es wäre in der Tat eine Katastrophe, wenn die Berliner Kunst
vereine in ihrem Bestand gefährdet würden. Daran kann nieman
dem, der hier interessiert ist, gelegen sein, und ich zweifle nicht