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Volume Nr. 8, 1. Juni 1989

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989, 11. Wahlperiode, 1.-16. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
8. Sitzung vom 1. Juni 1989 
278 
(A) 
(B) 
Sen Wagner 
auf diesen Aufkleber geschrieben hatten? - „Avus Berlin - für 
unseren Grunewald 100 km/h“ - das war die Aussage des von 
Herrn Diepgen geleiteten Senats. 
[Beifall bei der SPD - 
Dr. Wruck (CDU): Richtgeschwindigkeit!] 
Präsident Wohlrabe: Herr Senator Wagner, gestatten Sie 
eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Hassemer? 
Wagner, Senator für Arbeit, Verkehr und Betriebe: Ich nehme 
an, von Herrn Wronski auch. Selbstverständlich! 
Präsident Wohlrabe: Gut, dann zuerst Herr Dr. Hassemer. 
Dr. Hassemer (CDU): Herr Senator, sind Sie bereit, genau 
an dieser Stelle den Unterschied einzusehen zwischen Ihrer und 
unserer Politik, daß nämlich Sie Ihre Geschwindigkeitspolitik auf 
der Avus gegen die Bürger machen und wir sie mit einem Appell 
und nicht mit einem Verbot gegen die Bürger versucht haben? 
[Beifall bei der CDU - Dr. Staffelt (SPD): 
Aber Sie waren für 100 km/h! - 
Dr. Wruck (CDU): Als Richtgeschwindigkeit!] 
Präsident Wohlrabe; Eine weitere Zusatzfrage von Herrn 
Wronski jetzt, wenn Herr Senator Wagner gestattet. 
Wagner, Senator für Arbeit, Verkehr und Betriebe: Aber 
selbstverständlich! 
Präsident Wohlrabe: Bitte schön, Herr Wronski! 
Wronski (CDU): Quasi ergänzend zu der Frage des Kollegen 
Hassemer, Herr Senator: Sind Sie fairerweise bereit, zu präzisie 
ren, daß das von Ihnen gezeigte Plakettchen eben nicht in der 
Breite, die beabsichtigt war, und zwar von einem Kollegen des 
Senats, verteilt wurde und Sie jetzt auf Restbestände von 6 500 
Stück gestoßen sind? 
[Dr. Staffelt (SPD): Und wo sind die anderen 
geblieben? - Heiterkeit] 
- Das weiß ich nicht! 
[Dr. Staffelt (SPD): Ein glatter Verstoß gegen die 
Landeshaushaltsordnung! - Heiterkeit] 
- Na, das läßt sich ja wohl klären. Klären Sie mal, würde ich 
sagen, klären Sie mal! - Aber, Herr Kollege Wagner, würden Sie 
fairerweise auf die feinen Unterschiede hinweisen zwischen 
dem, was Sie vortragen, und wie es wirklich gewesen ist? 
Präsident Wohlrabe: Das Wort hat jetzt Herr Senator 
Wagner. 
Wagner, Senator für Arbeit, Verkehr und Betriebe: Selbstver 
ständlich beantworte ich Ihre Frage gern, Herr Kollege Wronski, 
und natürlich auch so fair, wie Sie das gewohnt sind. Ich weiß 
nicht, ob wir da 6 500 Stück noch gefunden haben, 
[Wronski (CDU): Steht heute im „Tagesspiegel“!] 
ich kenne auch nicht die Gesamtauflage, die der Senat damals 
drucken ließ. Das weiß ich nicht, das ist mir aber auch gar nicht 
wichtig. Ich bestätige Ihnen gern, daß hier draufsteht: „Der Sena 
tor für Stadtentwicklung und Umweltschutz“, aber ich nehme 
doch an, daß bei einer so wichtigen Frage wie dieser, nämlich 
Umweltschutz, der Gesamtsenat soviel Verantwortung mittrug, 
daß er auch diese Aussage trug. Und dazu habe ich auch keinen 
Widerspruch von Herrn Hassemer gehört. Herr Hassemer hat 
mich doch lediglich gefragt, ob ich den feinen Unterschied sehe 
zwischen einem Appell an die Bürger und einer Verordnung. 
Jawohl, Herr Hassemer, den Unterschied sehe ich wohl. Ich sehe 
nämlich den Unterschied zwischen Ihrer Politik, das Richtige zu 
erkennen, aber das Notwendige zu unterlassen, und unserer 
Politik. Wir werden jetzt das Notwendige tun. 
[Beifall bei der SPD] 
Ein weiterer wichtiger Punkt sind Verkehrsberuhigungen in 
Wohnbereichen. Sie wissen, daß zum Jahresende die Zonenge 
schwindigkeitsverordnung ausläuft. Im Bundesministerium für 
Verkehr wird eine Nachfolgeregelung vorbereitet. Wir treten 
- übrigens gemeinsam mit dem Deutschen Städtetag - für die 
generelle Einführung von Tempo 30 innerhalb geschlossener 
Ortschaften ein - bei gebotenen Ausnahmeregelungen für 
Hauptverbindungsstraßen. Sollte sich hierfür keine Mehrheit der 
Bundesländer finden, werden Wohngebiete mit flächenhaften 
Geschwindigkeitsbegrenzungen versehen. Die Einrichtung von 
weiteren Tempo-30-Zonen wird in jedem Falle zügig erfolgen. 
Durch eine Verlagerung und Bündelung des Verkehrs wird auch 
ein positiver Beitrag zur Verkehrssicherheit geleistet. 
Wir halten sowohl bei Pkw wie auch bei Nutzfahrzeugen wei 
tere Maßnahmen zur Minderung der Emissionen für dringend 
geboten. 
Der Senat wird weiter prüfen, inwieweit zum Beispiel durch 
Parkgebührenregelungen eine angemessenere Beteiligung 
des Autonutzers an den von ihm verursachten gesellschaft 
lichen Kosten möglich wird. Wir wollen die Parkgebühren für 
jede angefangene halbe Stunde auf 1 DM hinaufsetzen und 
zugleich die Zahl der Parkuhren angemessen erhöhen, damit die 
Kraftfahrer bei der Wahl der Verkehrsmittel auch die Parkgebühr 
in ihre Kalkulation einbeziehen. Außerdem sollen in den Subzen 
tren wie bereits in der City weitere flächenhafte Kurzparkzonen 
eingerichtet werden. Damit wollen wir erreichen, daß bisherige 
Dauerparker diese Subzentren künftig nur noch mit öffentlichen 
Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad aufsuchen. Gleichzeitig 
soll dadurch der Parksuchverkehr eingeschränkt, sollen die Zen 
tren vom ruhenden Verkehr entlastet, die Inanspruchnahme der 
unzureichend genutzten Parkhäuser erhöht und der öffentliche 
Personennahverkehr besser ausgelastet werden. 
Der ruhende Verkehr wird künftig in der ganzen Stadt zu 
einem noch größeren Problem. Wir werden eine Analyse der 
Situation mit einer Parkraumkonzeption erarbeiten lassen. 
Lassen Sie mich abschließend noch einmal auf die Anordnung 
von Tempo 100 auf der Avus eingehen. Die Reaktionen in der 
Öffentlichkeit und bei Interessenverbänden, die nur noch als Ver 
fall der politischen Kultur und Verwilderung der Sitten zu fassen 
sind, haben mich schon verwundert, und ich werde darauf auch 
noch eingehen. 
[Dr. Hassemer (CDU): Wechseln Sie doch 
die Bevölkerung aus!] 
- Das hätten Sie doch am liebsten am 29. Januar getan, als die 
Bürger Ihnen ihre Antwort erteilt haben. 
[Beifall bei der SPD] 
Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Avus zwischen 
Auerbachtunnel und Nikolassee erfolgte aus Gründen der Ver 
kehrssicherheit. Anlaß war die erhebliche Zunahme der Ver 
kehrsunfälle im letzten Jahr. Im Verhältnis zur Gesamtstrecke der 
Avus ereigneten sich 64 °/o aller Unfälle allein auf diesem Teil 
stück. Unfallursache war überwiegend überhöhte Geschwindig 
keiten. 
- Na, wie soll ich es Ihnen denn beweisen, wenn ich es Ihnen 
hier doch erkläre? - Auf dem Teilstück bestand bisher eine 
Richtgeschwindigkeit von 80 bis 100 km/h, die kaum beachtet 
wurde. Schneller als 100 km/h fuhren weit über 60 Prozent, 
schneller als 130 km/h rund 20 Prozent aller Kraftfahrer. 
Die Hetztiraden des ADAC gegen diese Maßnahme gehen 
nun so weit, daß die Presse, die über unsere Maßnahme positiv 
berichtet hat, erpreßt wird in Form eines Boykotts bei Annon 
cen. 
[Dr. Wruck (CDU); „Erpressung“ ist als 
Straftatbestand zu rügen!] 
[Giesel (CDU): Das ist nicht wahr, Herr Senator, 
das haben Sie bis heute nicht bewiesen!] 
(C) 
(D)
	        
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