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Volume Nr. 5, 11. Mai 1989

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1989, 11. Wahlperiode, 1.-16. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 11. Wahlperiode 
5. Sitzung vom 11. Mal 1989 
188 
Führer 
(A) satz für Berlin es diese freie Stadt nicht gäbe. Wir begrüßen es 
deshalb, daß die britische Premierministerin die Sicherheitsga 
rantie für diese Stadt bekräftigt hat. Es ist erfreulich, daß Sie, 
Herr Regierender Bürgermeister, in Ihrer Erklärung festgestellt 
haben, daß die Präsenz der Schutzmächte - und nicht nur eine 
symbolische -, der Status der Stadt und die Bindungen Berlins 
an den Bund die Grundlage für die Existenz Berlins bilden. Ich 
fordere die AL als Ihren Koalitionspartner auf, sich ohne Wenn 
und Aber zu diesen Grundlagen zu bekennen. Hierzu gehört, und 
ich möchte dies besonders betonen, auch die militärische Prä 
senz der Alliierten in unserer Stadt. Wie die Bevölkerung zu 
den Alliierten steht, das werden wir am kommenden Wochen 
ende wieder deutlich sehen können, wenn Hunderttausende 
Berliner Bürger den Tag der offenen Tür am Flughafen Tem 
pelhof gemeinsam mit den alliierten Schutzmächten verbringen 
werden. 
Herr Regierender Bürgermeister, die britische Premiermi 
nisterin hat Ihre Einladung angenommen. Das begrüßen 
wir. Wir heißen sie hier in unserer Stadt herzlich willkommen. 
Wenn ich jedoch nach der Pressemeldung im „Tagesspiegel“ 
gehe, so wurde der angekündigte Besuch von der AL, wie das 
bei Präsident Bush der Fall war, nicht als nicht willkommen 
bezeichnet, sondern da hieß es dann nur noch, zu speziellen 
Fragen solle Kritik geübt werden. Also, so richtig willkommen 
scheint sie auch nicht zu sein. Man sagt es nicht mehr so deut 
lich, man umschreibt es. 
Herr Regierender Bürgermeister, mit der britischen Regie 
rungschefin haben Sie über den Luftverkehr gesprochen. Sie 
haben sehr deutlich betont, daß es dort auch Probleme gibt, die 
manch einer ebenfalls vor der Haustür hat. Sie haben bei Ihrem 
USA-Besuch gelernt, daß die Flugkorridore von und nach Berlin 
ein so wichtiges Gut für die Stadt sind, daß es hier keine Fehl 
interpretationen geben darf. Ich muß sagen, dieses Mal ist nicht 
der Fall. Aber mit den Fehlinterpretationen scheint dieser Senat 
öfter Probleme zu haben. 
(B) 
Stellv. Präsidentin Brinckmeier: Gestatten Sie eine Zwi 
schenfrage des Abgeordneten Wronski? 
Führer (CDU); Bitte! 
Wronski (CDU); Können Sie einen Moment einhalten, bis der 
Regierende Bürgermeister Ihnen wieder zuhört? 
[Löffler (SPD): Jetzt müssen Sie Ja oder Nein sagen! - 
Kern (SPD): Oder Sie müssen sagen, 
daß Sie die Frage nicht verstanden haben I - 
Heiterkeit] 
Führer (CDU); Herr Kollege Wronski! Ich hoffe, daß der 
Regierende Bürgermeister trotz seines Nebengesprächs mir 
mindestens ein Ohr leiht. Aber es zeigt, wie wichtig er diese 
Debatte nimmt, wenn er sich nebenbei noch unterhält. 
Ich will bei der Frage der Fehlinterpretation fortfahren. Wir 
haben von diesem Senat die Fehlinterpretation über den Flugver 
kehr, und mir scheint, daß gerade die Dinge, die die Schutz 
mächte angehen, immer wieder zu Fehlintepretationen führen. 
Ich möchte nur an das Hickhack um die Teilnahme der Militär 
kapelle der USA am „Laubenpieperfest“ in Bonn erinnern. Ich 
denke, daß solche Interpretationen, die dann hinterher wieder 
richtiggestellt werden, nur deshalb Vorkommen, weil die Rich 
tung nicht eindeutig klar ist, wie man sich verhalten soll. Ich bin 
der Meinung, hier fehlt von Ihnen, Herr Regierender Bürgermei 
ster, das klare Wort, hier fehlt die Klarheit auch mit Ihrem Koaliti 
onspartner. Ich bin der Überzeugung, daß dies nicht nur eine 
Aufgabe der AL-Fraktion ist. Sie sollten über die Fraktion hinaus 
darauf einwirken, daß die AL sich als Partei eindeutig und klar zu 
unseren Schutzmächten bekennt. 
[Beifall bei der CDU] 
Herr Regierender Bürgermeister, Sie werden nun bald auch 
den nächsten Partner unsere Schutzmächte besuchen, Sie wer 
den nach Paris fahren. Dort werden Sie, so habe ich gelesen, die (C) 
beiden Senatorinnen nicht mehr mitnehmen. Vielleicht ist Ihnen 
das Drängeln um einen Fototermin so unangenehm geworden - 
eine etwas peinliche Situation. Man blieb in London im schwar 
zen Jaguar im Verkehrsgewühl stecken - so schreibt es die „taz“. 
Eine Umweltsenatorin hätte doch die U-Bahn nehmen können, 
dann wäre sie vielleicht pünktlich gewesen. 
[Buwitt (CDU); Mit dem Fahrrad 
wäre sie durchgekommen!] 
Ich hoffe, daß dieses Drängeln dann nicht mehr stattfinden wird. 
Ich erwarte, daß Sie bei Ihrem Besuch in Paris das, was die 
Sicherheit der Stadt angeht und die Haltung zu den Alliierten 
klarstellen. Eine dringende Bitte nochmals an Sie: Stellen Sie 
das Verhältnis der AL zu den Schutzmächten klar. Ich darf es 
deutlich sagen: Wir sind durch die NATO über den Artikel V und 
die Veränderungen, die 1951 zu diesem Artikel vorgenommen 
wurden - und nur aus diesem Grunde - sicher, in dieser freien 
Stadt leben zu können. Und deshalb verstehe ich Ihren Koaliti 
onspartner nicht, doch die AL sägt an dem Ast, auf dem sie sitzt. 
Mir scheint, Herr Regierender Bürgermeister, es ist Ihre Auf 
gabe, zu verhindern, daß diese Stadt Schaden nimmt, denn das 
haben Sie unter Eid geschworen. 
[Beifall bei der CDU] 
Präsident Wohlrabe: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete 
Dr. Niklas. 
Dr. Niklas (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten 
Damen und Herren! Herr Kollege Führer! Ihre Ausführungen ver 
anlassen mich dann doch, noch einmal auf die im Ältestenrat 
geführte Diskussion hinzuweisen. Wir von der SPD-Fraktion aus 
fanden, daß es nicht unbedingt erforderlich sei, hier zu dieser 
Regierungserklärung des Regierenden Bürgermeisters eine 
Debatte zu führen. 
[Adler (CDU): Auch die Regierungserklärung 
war nicht erforderlich!] 
- Herr Adler, warten Sie doch. - Es war von Anfang ganz klar, 
daß es auch eine gewisse protokollarische Komponente dafür 
gibt, wenn wir heute einer Regierungserklärung des Regieren 
den Bürgermeisters zuhören. Es hätte offenbar einer selbstbe 
wußteren Opposition bedurft, um zu sagen, wir müssen nicht bei 
jeder Regierungserklärung eine Debatte führen. Nun haben Sie 
es doch getan. Aber, was Sie vorgetragen haben, da hätten wir 
doch dabei bleiben sollen, uns die Regierungserklärung anzuhö 
ren — 
[Zurufe von der CDU] 
- Wenn es jetzt aufgeregt wird, dann will ich Ihnen zu Ihren Aus 
führungen doch noch etwas sagen. Sie haben von uns, auch 
vom Senat, gefordert, sich zu Selbstverständlichkeiten in der 
politischen Bewertung des Berlin-Status zu bekennen, in be 
sonderer Weise zu bekennen. Das jedoch hat dieser Senat über 
haupt nicht nötig. Auch nach dem, was der Regierende Bürger 
meister ausgeführt hat, sind solche Bekenntnisse an dieser 
Stelle nicht geboten, auch nicht für die Koalitionsfraktionen der 
SPD und der AL. Sie versuchen, wie auch in der Debatte vorher, 
die Unzuverlässigkeit der AL an bestimmten Dingen aufzuzeigen 
und zu sagen, hier müßte die AL aber eine besondere Erklärung 
abgeben. Das führt, Sie haben das bisher enttäuscht zur Kennt 
nis nehmen müssen, auch heute nicht dazu, daß Sie zu Ihrem 
gewünschten Ergebnis kommen. Was der Regierende Bürger 
meister erklärt hat, wird von der SPD und der AL in voller Gänze, 
wie es gesagt wurde, geteilt. Insofern freue ich mich, Herr Füh 
rer, daß Sie für diese rot-grüne Koalition an so vielen Stellen die 
Zustimmung der CDU haben ausdrücken können. 
[Beifall bei der SPD] 
Das ist doch eine Art der konstruktiven Oppositionsarbeit, zu der 
Sie sich hier viel zu selten bekennen. 
[Abg. Adler (CDU) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
	        
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