Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
88. Sitzung vom 9. Dezember 1988
Momper
(A) fach auf die Füße gefallen I Wir haben das nicht gewollt, wir woll
ten Klärung im letzten Jahr haben!
[Gelächter bei der CDU - Buwitt (CDU); Jetzt wissen
wir endlich, was Sie wollen, Herr Momper!]
Wir wollten Klärung dieser Vorgänge seit 1987 haben. Wir
haben dem Regierenden Bürgermeister geschrieben, versucht,
in der PKK Aufklärung zu bekommen, obwohl das Landesamt
diesen unsäglichen Parteienbericht über unsere Partei formuliert
hat - diesen Bericht mit den ungeheuerlichen Anwürfen und den
Tatbeständen dort, wo die „Wahrheit“ zur Wahrheit gemacht
wurde, die Wahrheit mit den Anführungsstrichen die Haupt
quelle für den Verfassungsschutz war!
Ich sage noch einmal: Sie haben sich getäuscht, wenn Sie
geglaubt haben, die Öffentlichkeit nimmt es hin, daß Sie kalt
schnäuzig die Verfassung brechen!
[Buwitt (CDU): Ungeheuer, was Sie da behaupten!]
Ich sage Ihnen noch einmal: Sie versündigen sich an Berlin, nur
weil Sie glauben, es gäbe hier kein Verfassungsgericht, deshalb
könnten Sie ungehindert das machen, was Sie mit dem Unter
suchungsausschußauftrag gemacht haben, dann sage ich; Sie
irren sich! Das Leugnen, das Mauern, das Blockieren und das
Auf-das-tote-Gleis-Schieben um des Machterhalts willen, das
hat schon andernorts dazu geführt, daß Landesregierungen auf
die schiefe Ebene gekommen sind. Ihnen ist der Vorgang jetzt
auf die Füße gefallen!
[Beifall bei der SPD - Preuss (CDU): Rassen Sie auf,
daß Ihnen nichts auf den Kopf fällt!]
Ihnen ist der Vorgang jetzt schon auf die Füße gefallen. Ich sage
Ihnen: Es wird Ihnen noch mehr auf die Füße fallen!
Ich fordere Sie auf, meine Damen und Herren von der Koali
tion, es endlich sein zu lassen, Tricks und Finten anzuwenden.
Lassen Sie das verfassungsmäßige Recht der Minderheit pas-
(B) sieren und setzen Sie den Untersuchungsausschuß nach Artikel
33 unserem Antrag entsprechend ein. Bitte nehmen Sie auch in
Ihrem Interesse die Punkte 1 und 2 und 7, 8 und 9 zurück. Dann
können wir gern auch in Ihrer Fassung über den Untersuchungs
ausschuß beschließen, nehmen Sie aber diese Punkte heraus!
Die Vorgänge, die wir in der Sache selbst zu untersuchen
haben - an der Klärung sollten auch Sie ein Interesse haben -,
diese Vorgänge sind keine Lappalien! Wir können es im Inter
esse der parlamentarischen Demokratie nicht zulassen, daß ein
Geheimdienst zu einem unkontrollierten Staat im Staate wird.
Wir wollen das abstellen, und wir müssen es im Interesse der
Demokratie abstellen, daß diese Datensammetwut von unge
heurem Ausmaß durch das Landesamt weiter Platz greift. Es
geht nicht an, daß das Berliner Landesamt für Verfassungs
schutz einzelne Journalisten überwacht, daß dies unkontrolliert
geschieht - gerade weil die Berliner Rechtslage nur eine einge
schränkte Kontrolle des Verfassungsschutzes zuläßt. Ich sage
Ihnen: Tun Sie Berlin, tun Sie der parlamentarischen Demokratie
einen Gefallen, lassen Sie den Untersuchungsausschußauftrag
der Minderheit, der leistbar ist bis zum 29. Januar 1989, lassen
Sie diesen passieren und begehen Sie nicht weitere Rechts
brüche!
[Beifall bei der SPD]
Stellv. Präsident Longolius: Jezt hat Kollege Landowsky
das Wort!
Landowsky (CDU); Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Herr Kollege Momper, nachdem wir vor
2 Wochen schon einmal darüber diskutiert haben: Eigentlich ist
das, was Sie uns heute bieten, ein Stück aus dem Tollhaus, das
muß ich Ihnen ganz ehrlich sagen!
[Beifall bei der CDU]
Was ist denn eigentlich passiert? - Vor zwei Wochen tritt Herr
Pätzold eine Kampagne los, läßt sich zuvor in der PKK Unter
lagen aufbereiten, informiert zulässigerweise Herrn Momper, der
schreibt einen 14 Seiten langen Brief an den Regierenden Bür- (C)
germeister und erhebt die schwersten Vorwürfe. Einer dieser
Vorwürfe ist zum Beispiel die Sache Schmücken Wir haben die
Innenverwaltung gebeten, diese Dinge aufzubereiten; dann
kamen Anträge von der AL zu den Punkten 7, 8, 9 und weiter
gehende. Dann haben wir das alles zusammengesammelt, wir
haben gesagt: Gut, wir haben zwar, gerade weil wir das Urteil
des baden-württembergischen Staatsgerichtshofs zur
Hand haben, grundsätzlich Bedenken, ob es überhaupt zulässig
ist, sechs oder sieben Wochen vor dem Wahltermin noch einen
Untersuchungsausschuß einzusetzen.
[Momper (SPD): Das hätten Sie doch im Mai tun können!]
Da schreibt der Staatsgerichtshof:
Mißbräuchlich und deshalb unzulässig könnte der Ein
setzungsantrag dann sein, wenn er offensichtlich allein aus
wahltatktischen Gründen eingebracht wird.
[Zurufe von der CDU; Ahal]
Jeder Blinde sieht hier die Wahltaktik, und Hem Momper hat das
ja auch gesagt!
[Beifall bei der CDU]
Der Verfassungsgerichtshof hat diese Frage geprüft, vier Monate
vor den Wahlen!
[Momper (SPD): Im Mai haben wir unseren Antrag
eingebracht!]
- Herr Momper, ich war ganz ruhig und habe Ihnen zugehört. Sie
sind als Mensch etwas unkontrolliert, aber hören Sie mir doch
auch zu! - Diese Frage hat der Verfassungsgerichtshof
vier Monate vor den Wahlen geprüft! Wir haben nun unter
Rechtsgüterabwägung, und ich sage: unter größten Bedenken
unserer Rechtspolitiker der Fraktion gesagt, daß es möglich ist,
einen Untersuchungsausschuß einzusetzen, weil nicht der Ein
druck entstehen darf, man wolle die Untersuchung verhindern.
Jawohl, wir wollen diesen Untersuchungsausschuß einsetzen, (D)
weil wir die Vorwürfe auch ungeheuerlich fanden.
Einer der ungeheuerlichsten Vorwürfe - ich muß das heute
noch eimal sagen - war der Kommentar des Herrn Bednarz ba
sierend auf Ihrem Brief. Er sagte, der Verfassungsschutz - und
das ist Schlimmste, was es gibt - treffe Vorbereitungen zum
Mord. Stellen Sie sich das doch einmal vor! Deshalb haben wir
gesagt, jetzt wollen wir das geklärt wissen. Es war der Fall
Schmücker! Nun aber stellen Sie sich vor fünf Minuten hier hin
und erklären, den Fall Schmücker wollten Sie nicht untersuchen.
Was fällt Ihnen denn eigentlich ein? Zunächst bezichtigen Sie
den Verfassungsschutz der Vorbereitung des Mordes, und dann
sagen Sie, Sie wollten das nicht untersuchen! Mit uns aber
nicht!
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Donnerwetter noch eins! Wenn Sie die Vorwürfe erheben, dann
werden wir sie auch Punkt für Punkt untersuchen. Wir können
uns im Untersuchungsausschuß nur noch über die Reihenfolge
unterhalten. Das ist mir völlig schnuppe, das wird der Unter
suchungsausschuß machen. Wenn Sie meinen, die Fragen 7, 8
und 9 seien gegen Ihre Minderheitenrechte, die wollten Sie nicht
machen, gut, dann nehmen wir diese Fragen zurück.
Wenn Sie sich in der Frage 2 - aus welchen Quellen stammen
die Informationen und Dokumente - bedrängt fühlen, so sind wir
auch in dieser Frage kompromißwiliig. Sie haben den „Spiegel“
mit der Information gespickt, Kollege Buwitt sei aus dem Ver
fassungsschutz in rechtswidriger Weise mit Informationen
gegen die Opposition versorgt worden.
[Härtig (AL): Sie auch!]
Ich finde, der Verfassungsschutz und der Kollege Buwitt haben
einen Anspruch darauf, daß diese ungeheuerliche Äußerung
geklärt wird. Das aber wollen Sie nun auch verhindern.
Mensch, Herr Momper, gestern sprechen wir über Streitkultur:
Sie erheben fünfzehn Vorwürfe. Nun sagen wir; Untersuchen wir
sie alle. - Sie aber sagen; Nein das wollen wir nicht, wir wollen
5317