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Volume Nr. 86, 1. Dezember 1988

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1988/89, 10. Wahlperiode, Band VI, 82.-92. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
86. Sitzung vom 1. Dezember 1988 
Sen Dr. Kewenig 
etwas also nicht gegeben und wird es auch nicht geben. Im 
Hinblick auf die besondere anwaltliche Stellung hält der 
gegenwärtige Senat eine solche Vorgehensweise für nicht 
vertretbar und würde sie deshalb auch nicht zulassen. 
[Anhaltender Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Ziffer 5 Ihrer Anlage - „Unterlagen und Aussagen“: Unter 
dieser Überschrift wird von Herrn Momper insinuiert, daß der 
Verfassungschutz und der für ihn verantwortliche Innensenator 
nach dem Motto „Lügen für Deutschland“ oder „der Zweck hei 
ligt die Mittel“ verfahre und Unterlagen bewußt vernichte oder 
unzutreffend Auskunft gäbe. Dazu darf ich noch einmal feststel 
len; Das Landesamt für Verfassungsschutz ist ebenso wie der In 
nensenator Gesetz und Recht verpflichtet und unterliegt bei 
seiner Arbeit auch in diesem schwierigen Gebiet eindeutig 
rechtlichen Grenzen und Schranken. Selbstverständlich achte 
ich diese Grenzen und Schranken. 
[Eggert (AL): Ich auch!] 
Ich habe außerdem keine Veranlassung zu der Annahme, daß 
das Landesamt für Verfassungsschutz anders verfährt. Sollte 
sich in dem einen oder anderen Fall infolge - so hoffe ich doch 
wenigstens - gemeinsamer Bemühungen um Aufklärung heraus- 
stellen, daß diese Grenzen in der tagtäglichen Arbeit nicht 
beachtet worden sind, so wird dem in jedem einzelnen Fall nach 
gegangen und die notwendige Konsequenz gezogen. 
Nächste und letzte Überschrift in Ihrer Anlage - „Täuschungs 
versuche“: Unter dieser Überschrift werden als „neue Täu 
schungsversuche“ zwei Vorgänge geschildert. Der erste Vor 
gang betrifft den in den letzten Tagen vielfach erörterten Fall des 
sogenannten „Steinewerfers“. Dazu habe ich nun schon mehr 
fach ausführlich Stellung genommen, soweit ich das ohne Ver 
letzung entsprechender Schweigeverpflichtungen kann. Wenn 
allerdings unter dieser Überschrift erneut - und heute steht es 
noch einmal im „Stern“ - die Behauptung aufgestellt wird - und 
ich zitiere jetzt Herrn Momper -, „daß der Verfassungsschutz 
einen mit ihm zusammenarbeitenden, verurteilten Gewalttäter 
mehrfach bei einem PKK-Abgeordneten vorsprechen und dort 
mit einer Tarnstory verkünden ließ, er habe mit dem Verfassungs 
schutz nichts zu tun ...“, so stelle ich noch einmal fest: Der 
Verfassungsschutz hat keinen mit ihm zusammenarbeitenden, 
verurteilten Gewaltäter mehrfach zu dem SPD-Abgeordneten 
Pätzold geschickt. Diese Behauptung ist unwahr. 
[Momper (SPD): Wir haben es verstanden; . 
er ist von allein gegangen! 
Er ist aus eigener Initiative hingegangen!] 
Der zweite unter dieser Überschrift angesprochene Fall ist der 
schon zitierte Fall des Verteidigers aus dem Schmücker-Ver- 
fahren, der nicht nur nicht zu unserer Zeit stattgefunden hat, son 
dern zu dem ich - einschließlich der Presseerklärung - schon 
das Notwendige vorgelesen habe. 
Ich fasse meine Bemerkungen zu Ziffer 1 der Großen Anfrage 
zusammen: Die von Herrn Momper in der Anlage zum Brief vom 
21. November dargestellten „schwerwiegenden Fehlentwicklun 
gen beim Berliner Verfassungsschutz“ erweisen sich bei nähe 
rem Zusehen als eine auch für die bisherige Diskussion in der 
Öffentlichkeit geradezu typische Mischung aus alten und neuen, 
wahren und unwahren, kritikwürdigen und völlig einwandfreien 
Vorgängen und Behauptungen. Diese offenbar ganz bewußt her 
beigeführte Mischung macht es sehr schwer, die einzelnen Vor 
würfe exakt zu unterscheiden und je nach Rechtslage öffentlich 
oder unter gebotener Geheimhaltung zu beantworten und gege 
benenfalls zu wiederlegen. Vor allem aber eröffnet diese 
Mischung die von dem SPD-Abgeordneten Pätzold in den letz 
ten Jahre geradezu zur Methode entwickelte Möglichkeit, immer 
wieder zu behaupten, es seien noch unendlich viele Frage offen 
geblieben und die bisherigen Antworten völlig unzureichend. 
Ich kann nur noch einmal feststellen, daß die Innenverwaltung 
und das Landesamt für Verfassungsschutz in den letzten Jahren 
mehr denn jemals zuvor bemüht waren, alle an sie herangetrage 
nen Fragen zu beantworten, wobei allerdings, wie die SPD weiß, 
das geltende Recht im Interesse der Institution und der betroffe 
nen Personen deutliche Schranken setzt. Außerdem sollte bei 
den inquisitorischen Fragen der SPD nicht völlig außer Sicht (C) 
geraten, daß das Berliner Amt für Verfassungsschutz über Jahr 
zehnte - nämlich etwa dreißig Jahre - unter sozialdemokrati 
scher Führung und Verantwortung aufgebaut worden ist und daß 
nicht nur die von diesem Amt angewendeten Methoden, sondern 
auch die diese Methoden anwendenden Menschen von Sozial 
demokraten ausgesucht und geführt worden sind. Es ist deshalb 
unverantwortlich - so meine ich -, in der Öffentlichkeit den Ein 
druck zu erwecken, als ob hier ein Instrument zur Begründung 
und Erhaltung der politischen Macht für die gegenwärtige Koali 
tion entwickelt und mißbraucht worden wäre. 
In dem Bemühen, trotz der gegenwärtigen harten Ausein 
andersetzung, die zum Schaden des Amtes in aller Öffentlichkeit 
geführt wird, den eingetretenen Schaden möglichst zu begren 
zen, darf ich noch einmal an Sie, Herr Momper, appellieren, in die 
PKK zurückzukehren und dort eine sinnvolle Kontrolle des Ver 
fassungsschutzes weiterhin zu gewährleisten. Außerdem muß 
ich Sie mit Nachdruck auffordern, den Vorwurf im Brief vom 
21. November an den Regierenden Bürgermeister zu konkreti 
sieren, es gäbe - und ich zitiere Sie - „neue gravierende 
Erkenntnisse“ und „die SPD-Fraktion wisse um die Sachverhalte 
im einzelnen, um die aktiv oder passiv betroffenen Personen, ihre 
Namen, Tarn- und Klarnamen, um Beeinflussungsversuche mög 
licher Zeugen und um die Unterlagen, wenn sie nicht - alles 
andere als unüblich - bereits vernichtet oder umgeschrieben 
worden sind oder jetzt noch werden“. - Herr Momper, ich for 
dere Sie auch von diesem Platze auch aut, nennen Sie Roß und 
Reiter; und zwar, falls möglich öffentlich oder in der zur Kontrolle 
des Landesamtes berufenen PKK. 
[Beifall bei 1 der CDU und der F.D.P. - 
Momper (SPD): Im Untersuchungsausschuß! - 
Landowsky (CDU): Hören Sie doch einmal zu!] 
Es erscheint mir im höchsten Maße unfair gegenüber Ihrem politi 
schen Gegner und insbesondere, Herr Momper, gegenüber dem 
Landesamt für Verfassungsschutz und seinen Mitarbeitern, die ja 
auch Menschen sind, daß in dieser Weise pauschale Vorwürfe 
erhoben und Verdächtigungen ausgesprochen werden, ohne 
dann auch wirklich die Fakten auf den Tisch zu legen. Tun Sie 
dieses nicht in kürzester Zeit, so wird noch deutlicher als bisher, 
daß hier unter dem Deckmantel der Sorge um den Verfassungs 
schutz und seine demokratische Kontrolle Wahlkampf, und zwar 
in einer besonders abstoßenden Form, betrieben wird. 
[Anhaltender Beifall bei der CDU und der F.D.P. - 
Frau Abg. Vonnekold (AL) 
meldet sich zu einer Zwischenfrage:] 
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Herr Senator! Gestatten 
Sie jetzt eine Zwischenfrage? 
Dr. Kewenig, Senator für Inneres: Nein, ich bin noch nicht 
fertig. 
[Frau Vonnekold (AL); Gibt es denn am Ende 
eine Frage?] 
Ich komme nun zur Frage 2 der dringlichen Großen Anfrage. 
[Eggert (AL): Was?] 
- Ja, das war alles zu Unterpunkt 1. - Ich darf sie, damit alle 
wissen, worum es geht, vorlesen: 
Trifft es zu, daß der überwiegende Teil der darin 
- nämlich in der Anlage - 
genannten Vorgänge Sachverhalte betrifft, die in die Amts 
zeit von SPD-geführten Senaten, SPD-Innensenatoren, 
[Zurufe von der SPD und der AL: Das ist Wahlkampf!] 
- ich warte, bis ich wieder Gelegenheit habe, in Ruhe vorzu 
tragen - 
[Wagner, Horst (SPD): Da kommen Sie hübsch ins Bild, 
wenn Sie warten!] 
der SPD angehörenden Leitern des Landesamtes für Ver 
fassungsschutz fallen und exemplarisch die Äußerung des
	        
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