Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
81. Sitzung vom 22. September 1988
mnHBMBMR
Simon
(A)
(I
(B)
die Beratung unbedingt in zwei Monaten abzuschließen, so sehr
ich diesen Abschluß gern sehen würde, in der Sache gern her
beiführen möchte.
[Beifall bei der CDU]
Sollte es, Herr Kollege Meisner, was vom Zeitlauf her abzusehen
ist, nicht gelingen, eine ordentliche, sachgerechte Beratung in
diesem relativ kurzen Zeitraum - der ist wesentlich kürzer als bei
der Beratung des Gesetzes damals, damals war es ein Viel
faches nicht über die Bühne zu bekommen,
[Zuruf von der SPD; Wenn Sie wollen,
können Sie doch ganz schnell, das haben Sie uns doch
beim Flächennutzungsplan vorexerziert I]
dann hat das, meine ich, trotzdem seinen Sinn. Ich sage das aus
drücklich.
[Edel (SPD): Einen Sonderausschuß machen wir mit!]
- Ach, Herr Kollege Edel, bei Sonderausschüssen ziehen Sie
doch immer aus, wenn es entscheidend, spannend wird!
[Edel (SPD); Nur wenn Sie Scheiße bauen!]
- Solche Begriffe können Sie gern benutzen, wo immer Sie wol
len. Sie sind - ohne dem Präsidenten vorgreifen zu wollen -
eines Parlamentes unwürdig, doch das haben Sie mit sich abzu
machen.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Sollte die abschließende Gesetzesberatung nicht gelingen, dann
bedeutet das nicht, daß damit die Sache weg ist. Ich sage hier
ausdrücklich für unsere Fraktion, ich glaube, Herr Tiedt, sogar
insgesamt für die Koalition an dieser Stelle, wenn das nicht mög
lich sein sollte aus objektiven Sach-, Zeitgründen, dann bringen
wir dies zu Beginn der neuen Wahlperiode wieder ein und wer
den das dann sehr schnell zu Ende führen, damit sich niemand
täuscht, und dann können Sie Ihre Zwischenrufe, sollten Sie
dann dem Parlament noch angehören, auch noch mal machen.
Vielleicht haben Sie bis dahin die Qualität überdacht. - Vielen
Dank!
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
(I
Alterspräsident Poritz: Herr Abgeordneter Edel! Ihr Zuruf
war eben nicht sehr edel.
[Edel (SPD): Ist akzeptiert!]
Für die Fraktion der AL hat nun der Abgeordnete Kapek das
Wort.
Kapek (AL): Herr Präsident! Bei der Länge der Rede des Kol
legen Tiedt hatte ich schon Angst, daß er zu einem beweglichen
Denkmal wird - angesichts der langen Tagesordnung, die wir
noch bewältigen müssen, möchte ich es kürzer machen.
Es ist schon bezeichnend: Das letzte Mal bekamen wir hier ein
neues Datenschutzgesetz vorgelegt - Antragsteller die F.D.P.-
Fraktion -, heute ist es ein Denkmalschutzgesetz - Antragsteller
die F.D.P.-Fraktion -. Herr Simon hat eben schon vorsichtig dem
Koalitionspartner angedeutet, daß die CDU das wahrscheinlich
in der vorliegenden Form nicht übernehmen kann. Nachdem die
F.D.P. dreidreiviertel Jahre vor sich hin geträumt hat, verhält sie
sich wie ein Schüler, der einen blauen Brief bekommen hat und
nun schnell noch so tut, als ob er das Klassenziel noch erreichen
kann. Daß das klappt, Herr Tiedt, wagen wir zu bezweifeln.
Aber nun zu diesem Gesetz: Wir bestreiten überhaupt nicht,
daß dieses Gesetz in einigen Punkten Verbesserung zu dem,
was wir bisher hatten, beinhaltet, zum Beispiel die Umorganisa
tion der Verwaltung; Sie schlagen vor, wie wir auch, das auch in
Sachen Bodenschutz in der entsprechenden Enquete-Kommis
sion zu diskutieren und wie es auch von der Enquete-Kommis
sion Verwaltungsreform vorgeschlagen wurde. Ich werde mich
dazu noch kritisch äußern müssen.
Zu einigen wenigen Punkten: Sie sagen im § 1: „Die Belange
des Denkmalschutzes ... sind ... einzubeziehen und bei öffent
lichen Planungen und Maßnahmen angemessen zu berücksich
tigen.“ - Dabei stellt sich doch für den Leser zunächst die Frage: (C)
Was ist bei privaten Baumaßnahmen? Bei öffentlichen Maßnah
men haben wir gesehen, wie es läuft; ich nenne nur das Beispiel
RVK, worauf ich leider noch öfter zurückkommen muß, weil es
das Negativbeispiel in dieser Stadt ist. Da hat es genau nicht
funktioniert, obwohl der Landeskonservator den Erhalt wollte.
[Simon (CDU); Ich denke, Sie wollten es kurz machen!]
§ 3 behandelt den Schutz eines bei der Durchführung eines
Bauvorhabens gefundenen Bodendenkmals, und da heißt es,
daß die Bodendenkmalschutzbehörde die Arbeiten unterbre
chen kann, wenn keine zu hohen Kosten entstehen. Da ergibt
sich doch die Frage, was „zu hohe Kosten“ sind. Sind das nun
1 000 DM oder 100 000 DM oder hängt das nur davon ab, wer
jeweils baut und wie schnell gebaut wird oder welchen repräsen
tativen Charakter dieser Bau hat? Im Grunde genommen läuft
das doch nicht auf einen Schutz hinaus, weil das der politischen
Entscheidung untergeordnet ist, und das heißt doch letztlich,
sich dem jeweiligen Lobbyinteresse unterzuordnen. Ähnlich ver
hält es sich mit der Vorschrift, daß der Schutz nur für sechs
Monate gelten soll, weil dann das Bodendenkmal wieder frei-
gegeben werden muß. Inzwischen kann von Universitäten usw.
untersucht werden. Warum steht hier nicht drin, daß das dann
auch erhalten werden muß? Das ist also in Ihrem Gesetzes
antrag eine Ungereimtheit, die wir so nicht tragen können.
In § 4 Abs. 3 wird dann die Macht der Besitzer von denkmal
geschützten Einrichtungen, Häusern usw, gestärkt. Dort steht
nämlich, daß auf Antrag des Eigentümers der Eintrag des denk
malgeschützten Gebäude gelöscht werden muß, wenn die Vor
aussetzungen entfallen. Was es heißt, wenn die Voraussetzun
gen entfallen, haben wir beim Rudolf-Virchow-Krankenhaus
gesehen. Da war dieses Super-Protz-Universitätsklinikum viel
wichtiger, und dann sind die Denkmalsgründe entfallen, so daß
die Hoffmann-Pavillons abgerissen werden.
In § 6 Abs. 3 wird die Behördenkonstruktion behandelt; die
oberste Aufsicht hat der Senat, dann werden die Unteren Denk- (Q)
malschutzbehörden genannt, deren Funktion die Bezirksämter
wahrzunehmen haben. Da stellen sich einige Fragen. Wenn der
Senat nach wie vor die oberste Entscheidung behält, wird natür
lich der Landeskonservator und das Landesdenkmalsamt genau
sowenig Durchsetzungsmöglichkeiten haben wie bisher. Damit
wird sich letztlich am Denkmalschutz in dieser Stadt nichts
ändern, weil der zuständige Senator, Herr Starnick, immer unter
der Fuchtel des Finanzsenators, Herrn Rexrodt, stehen wird, und
ohne Geld wird er keinen Denkmalschutz betreiben können. Also
muß doch die Forderung lauten: Ein Landesdenkmalsamt mit
einem eigenen Etat, das eigenständig agieren kann, denn sonst
bekommen wir in dieser Stadt keinen durchsetzungsfähigen
Denkmalschutz.
Die Unteren Denkmalschutzbehörden in Bezirken: Wer soll
diese Aufgabe denn wahrnehmen? Haben die Bezirke denn
überhaupt die fachlich qualifizierten Leute? Oder sollen die ein
gestellt werden? Vorhin habe ich in der Haushaltsdebatte etwas
vom Null-Stellenplan gehört. Damit ist doch die Konstruktion der
Unteren Denkmalschutzbehörden Etikettenschwindel, wenn
nicht die notwendigen Personalmaßnahmen in den Bezirken
getroffen werden können. Dazu kommt, daß der Landesdenkmal
rat, den es bisher auch gibt, wieder eingerichtet werden soll. Das
ist eine wichtige Sache, doch in diesem Gesetz steht bloß nicht
drin, wer diesem Gremium angehören soll. Politische Parteien
oder dem jeweiligen Senator genehme Leute oder Universitäten
oder ein Werkbund?
[Simon (CDU): Die besten Leute, die davon etwas
verstehen - das wäre das vernünftigste!]
Das ist also alles der willkürlichen Entscheidung des Senators
überlassen. Wir denken, daß da in irgendeiner Form ein demo
kratisches Verfahren gefunden werden muß, um sachkundige
Leute zu berücksichtigen, und natürlich muß dieser unabhängige
Beirat ein Vetorecht gegenüber Entscheidungen des Senators
bekommen. - Um es am Beispiel des Virchow-Krankenhauses zu
verdeutlichen: Hätte der Denkmalsrat ein Vetorecht gehabt,
dann würden die Ludwig-Hoffmann-Bauten heute noch stehen,
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