Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
SO. Sitzung vom 8. September 1988
(A)
Stellv. Präsident Longolius; Herr Senator!
Wittwer, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Wie Sie
wissen, gibt es eine Tunnelleitzentrale. Diese ist rund um die
Uhr besetzt. Dort befinden sich Sichtgeräte auf der Grundlage
von Fernsehkameras. Daher ist der Zeitraum, innerhalb
dessen Hilfe gebracht werden kann, relativ kurz, und ich sehe
deswegen nicht die Notwendigkeit, Sperrungen vorzuneh
men.
Stellv. Präsident Longolius: Keine weiteren Zusatzfragen.
Wir kommen dann zur 6. Mündlichen Anfrage. Das Wort hat
der Kollege Jürgen Wagner zum Thema
Nutzung öffentlicher Einrichtungen für CDU
interne Einladungen
Wagner, Jürgen (SPD): Ich frage den Senat:
1. Wie häufig werden Einrichtungen der Berliner Verwal
tung — z. B. der Fernschreiber - für CDU-interne Einladun
gen genutzt?
2. Hält der Senat diese private Nutzung mit der Sauberkeit
in der Berliner Verwaltung für vereinbar, und auf welche
Haushaltseinnahmeposition werden die entstehenden Kosten
erstattet?
Stellv. Präsident Longolius: Zur Beantwortung — Herr
Senator Dr. Kewenig!
Dr. Kewenig, Senator für Inneres: Herr Präsident! Herr
Abgeordneter Wagner! Zu Ihrer ersten und zweiten Frage darf
ich wie folgt antworten: Aufgrund der §§ 6 und 52 der Landes
haushaltsordnung werden Einrichtungen und technische
Hilfsmittel der Berliner Verwaltung ausschließlich für die
Erfüllung von Verwaltungsaufgaben beschafft und eingesetzt.
In bestimmten Fällen können derartige Einrichtungen Dritten
zur Nutzung überlassen werden, allerdings gegen eine ange
messene Entschädigung. Solche speziellen Regelungen be
stehen beispielsweise für private Ortsgespräche der Verwal
tungsmitarbeiter oder Urlaubsfahrten mit personalgebunde
nen Dienstfahrzeugen, aber nicht für die Inanspruchnahme
von Fernschreibeinrichtungen. Sollten Sie, Herr Wagner,
einen konkreten Fall nennen, in dem gegen diese Richtlinien
verstoßen wurde, so wird der Senat dem nachgehen oder
geeignete Maßnahmen ergreifen.
Stellv. Präsident Longolius: Herr Wagner!
Wagner, Jürgen (SPD): Herr Senator! Darf ich Ihnen dann
gleich diesen konkreten Fall nennen und fragen, ob Sie dann
diesem Fall nachgehen wollen: Eine Einladung des Bürger
meisters von Berlin-Zehlendorf als Sprecher der CDU-Be-
zirksbürgermeister an alle folgenden Bezirksbürgermeister,
die der CDU angehören, an den Regierenden Bürgermeister,
an die Frau Bürgermeisterin, an den Landesverband der CDU
— Herrn Wienhold -, an die Senatskanzlei — Herrn Kaczma-
rek —; „Zu einer nächsten turnusgemäßen Monatsbespre
chung lade ich ein“ — über Fernschreiber, am 22. 8., an alle
diese genannten Personen! Ich möchte noch fragen, wie Sie
diesem Fall nachgehen wollen, und Sie bitten, mir die
Einnahmeposition zu nennen, auf der die Kosten erstattet
werden.
Stellv. Präsident Longolius; Herr Senator!
Dr. Kewenig, Senator für Inneres: Herr Präsident! Herr
Abgeordneter Wagner! Ich habe gesagt, ich gehe jedem Fall
gerne nach, aber diesem Fall brauchen wir nicht nachzuge
hen, den können wir gleich hier klären. Nach dem, was Sie
eben gerade vorgelesen haben, handelt es sich bei dem, wozu
der Zehlendorfer Bezirksbürgermeister eingeladen hat, um
eine der üblichen Vorbesprechungen im Rahmen des Rates
der Bürgermeister. Es ist Ihnen sicherlich nicht entgangen,
daß es ähnliche Vorbesprechungen auch auf seiten der SPD
gibt. Es ist selbstverständlich, daß das in den Rahmen der
ordnungsgemäßen Vorbereitung von Bezirksbürgermeister
treffen gehört; eine seit 20 bis 30 Jahren übliche Praxis. Ich
sehe nicht, daß ich diesem Fall weiter nachgehen müßte.
[Beifall bei der CDU — Kittner (CDU): Das muß
vor die UNO!]
Stellv. Präsident Longolius: Herr Wagner!
Wagner, Jürgen (SPD): Herr Senator! Würden Sie mir nicht
zustimmen, daß dieses, wenn es auch übliche Praxis gewesen
ist, im Sinne der vom Regierenden Bürgermeister immer
wieder angesprochenen Sauberkeit der Berliner Verwaltung
irgendwann aufhören müßte und die Kosten dann wirklich
erstattet werden sollten?
[Zurufe von der CDU]
Stellv. Präsident Longolius; Herr Regierender Bürgermei
ster!
Diepgen, Regierender Bürgermeister; Herr Präsident! Mei
nesehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter, ich
bin Ihnen dankbar für jeden Hinweis, der dazu beitragen kann,
daß Probleme mit und in der Berliner Verwaltung beseitigt
werden können. Eines der wesentlichen Probleme in Verwal
tungen insgesamt ist die Effektivität. Deswegen haben überall,
und zwar im Rahmen von dienstlichen Obliegenheiten — ob
es Fachministerkonferenzen auf Bundesebene, ob es Mini
sterpräsidentenkonferenzen oder die Vorbereitungen von
Gremien sind, die in der Verfassung von Berlin vorgesehen
sind — jeweils die Amtsinhaber die Verpflichtung zu Vorbe
sprechungen. Dieses gehört zum Dienst, und insofern haben
Sie bei dieser Frage ein wenig zu schnell geglaubt, fündig
werden zu können. Geben Sie mir bitte andere Anhaltspunkte.
Denen werde ich gerne folgen.
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsident Longolius: Frau Blankenburg!
Frau Blankenburg (CDU); Ich frage in diesem Zusammen
hang den Senat, wie er eigentlich Bemühungen der SPD
beurteilt, Mitarbeiter im öffentlichen Dienst in ihrer dienstli
chen Eigenschaft anzuschreiben, um sie zum Besuch von
SPD-Veranstaltungen zu veranlassen, wie zum Beispiel ge
schehen durch die Tempelhofer SPD zur Gartenfete oder
durch die Einladung von Bezirksjugendpflegern zu Anhörun
gen in der SPD-Fraktion.
[Unruhe bei der SPD]
Stellv. Präsident Longolius; Also - eine karge Bereitschaft
zur Beantwortung durch Herrn Dr. Kewenig.
Dr. Kewenig, Senator für Inneres; Herr Präsident! Frau
Blankenburg, der Senat beurteilt solche Aktivitäten, wenn sie
denn so stattgefunden haben, wie Sie sie dargestellt haben,
mit der gebotenen Skepsis und hofft, daß sie demnächst
abgestellt werden.
[Heiterkeit]
(C)
(D)
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