Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
77. Sitzung vom 16. Juni 1988
Simon
(A) Dies zeigt: Das eine ist Planungsziel, und das andere ist die Ver
wirklichung. Nicht damit, daß wir heute Planungsziele vor der
Verantwortung für die Gesamtstadt formulieren, ist auch die
Verwirklichung in allen Bereichen sofort und gleich gegeben. Die
CDU wird dabei insbesondere darauf achten, daß sich Fälle, wie
es sie immer wieder gegeben hat, zum Beispiel auch im Zu
sammenhang mit dem Gelände am Goerdelerdamm, wo über ein
Jahrzehnt eine geräumte Fläche anschließend leer lag, bevor
man sie wieder nutzte, nicht wiederholen dürfen.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P. - Kapek (AL):
Was haben Sie mit der Kolonie „Sandwüste“ vor?]
Wir werden uns massiv dafür verwenden!
Deshalb haben wir Ihnen auch als einen Ausdruck dieser
Grundsätze einen Antrag zur Beschlußfassung vorgelegt. Die
Nummer I ist in der Verantwortung vor der Gesamtstadt Berlin
und ihrer Zukunftssicherung formuliert. Sie gibt nämlich die
Zustimmung zu diesem vorliegenden Flächennutzungsplan
entwurf.
Die Nummer II legt die politischen Anliegen und die politi
schen Erwartungen des Abgeordnetenhauses von Berlin fest,
wenn dieses mit Mehrheit dem zustimmt. Dies sind wichtige
Punkte, und ich sage ausdrücklich: Dies sind wichtige Punkte für
uns und in der Tat auch für die Koalition.
[Dr. Meisner (SPD): Aber völlig unverbindlich!]
Die Nummer III gibt Aufträge an den Senat, für künftige Arbeiten
als Folge aus diesen Grundsätze zu Nummer II. Hierzu ist von
uns auch noch einmal ein redaktioneller Änderungsantrag einzu
bringen; Der Stadtentwicklungsplan „Sport“ war aus Versehen
nur in der Nummer 111,4 korrekt erwähnt; in der Nummer III war er
versehentlich nicht aufgezählt, in der Nummer 7 falsch bezeich
net worden. Das ist ein rein redaktionelles Versehen, das wir kor
rigieren werden.
Die Nummer IV äußert Erwartung zur Überprüfung bei Ver-
(B) änderung der Sachlage in sechs konkret herausgehobenen
Punkten. Alle diese Punkte - ich sage das ausdrücklich namens
der Koalition - sind für uns wichtig. Alle anderen Anträge von
SPD und AL werden die Koalitionsfraktionen ablehnen.
Lassen Sie mich noch ein Wort zu dem Verhalten der SPD
und in der Folge der Alternativen Liste im Sonderausschuß zur
Beratung der neuen Flächennutzungsplans sagen: In der 13. Sit
zung ist die SPD unter fadenscheinigen Vorwänden ausge
zogen.
[Edel (SPD): Weil wir Ihr Marionettentheater nicht
mehr ertragen konnten; das war der Grund!]
- Bleiben Sie doch ganz ruhig; Sie werden dazu sicher gleich
etwas sagen! - Die Alternative Liste blieb zunächst. Später hat
die Basis zugeschlagen und auch die Alternative Liste nahm an
der 14. und 15. Sitzung und damit an der letzten Sitzung nicht
mehr teil.
[Härtig (AL): Da: ich schon die Basis bin,
ist mir neu!]
Vorher hatten Abgeordnete der SPD und der AL landauf landab
in Veranstaltungen der Interessenverbände, in denen man sich
Beifall abholen wollte, getönt, Sie würden die Abgeordneten der
Koalition von CDU und F.D.P. zwingen, Farbe im einzelnen zu
bekennen.
[Zurufe der Abgn. Edel (SPD) und Härtig (AL)]
Aber als es so weit war, als man auf den Punkt kam, haben sie
sich aus der Diskussion verabschiedet. Da haben sie ihre Karten
ganz schnell abgegeben. Ich sage Ihnen: Dieses ist wenig ver
antwortungsbewußt - vorsichtig formuliert - vor der Stadt. Aber,
so geht diese Opposition mit der Diskussion um die Zukunft die
ser Stadt um.
[Zuruf von der SPD: Das ist eine Unverschämtheit!]
- Nein, das ist nur die Wahrheit, und wenn Sie Wahrheit als
unverschämt empfinden, Herr Kollege, ist das Ihre Sache!
[Zuruf von der SPD: Sie sind ein übler Demagoge!]
Wenn die Gefahr bestände, daß diese Opposition, die sich so (C)
verhält, daß sie sich an der Diskussion um die Zukunft dieser
Stadt gar nicht mehr beteiligt,
[Zurufe - Dr, Meisner (SPD): Sie lächerlicher Wicht!
Ein heuchlerischer Wicht sind Sie! - Edel (SPD):
Sie sind ein Schauspieler! - Weitere Zurufe]
auch nur ein ganz klein wenig die Chance hätte, eine verantwor
tungsbewußte Mehrheit zu bekommen, würde ich mich vor der
Zukunft dieser Stadt fürchten.
[Beifall bei der CDU]
Dieses unverantwortliche Umgehen mit der Zukunft dieser Stadt
hat die Opposition selbst zu verantworten.
[Härtig (AL): Wer hat den Dohm erpreßt -
Diepgen oder wir?]
Ich kann mich darüber nicht freuen. Wenn Sie mitdiskutiert und
verantwortungsbewußt Alternativen formuliert hätten, wie wir
das als Opposition in der Vergangenheit in diesem Hause immer
getan haben, hätten Sie das Recht zu einer vernünftigen sach
bezogenen Kritik. Die Unruhe dieser Opposition macht deutlich,
daß meine Ausführungen offensichtlich absolut richtig sind,
sonst hätten sich die Damen und Herren das ganz ruhig an
gehört. Sie werden sicher einiges gleich an Polemik dazu sagen.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, daß selbst diese
Opposition in allen Diskussionen immer wieder gesagt hat: Ber
lin braucht einen neuen Flächennutzungsplan! - Dazu sagen wir
ausdrücklich: Jawohl, diese Stadt braucht einen neuen Flächen
nutzungsplan!
[Härtig (AL): Aber nicht diesen!]
Diese Stadt braucht einen Flächennutzungsplan, der wegführt
vom Beton, der wegführt von der Los-Angeles-Vorstellung der
Gestaltung einer Stadt des Jahres 1965, hin zu mehr Grün, zu
mehr Lebensqualität für das Jahr 2000. Dazu bekennen wir uns.
[Weitere Zurufe] ®
Herr Kollege Härtig, jetzt hören Sie mal ganz ruhig zu, denn in
einem Punkt möchte ich Ihnen hier ausdrücklich zustimmen: Sie
haben in der Sitzung des Sonderausschusses am 22. 4. 1988
folgendes formuliert - ich habe das, weil ich das so bemerkens
wert fand, sofort mitgeschrieben:
So fehlerhaft der Flächennutzungsplan ist,
- nämlich der zur Beratung anstehende -
so ist er noch kein Weltuntergang. Es gehört dazu eine ent
sprechende Politik als entscheidender Maßstab.
Sehr richtig! Dieser Senat macht eine verantwortungsbewußte
Politik zum Wohl der Stadt und der Bürger dieser Stadt. In die
sem Sinn bitte ich das Abgeordnetenhaus von Berlin, diesem
Flächennutzungsplan die Zustimmung zu geben. - Herzlichen
Dank!
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Präsident Rebsch: Bevor ich Herrn Dr. Meisner das Wort
erteile, rüge ich die Zwischenrufe „übler Demagoge“ und daß
der Kollege Simon heuchle. - Das Wort hat nun der Abgeord
nete Dr. Meisner.
Dr. Meisner (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Gestatten Sie, daß ich den Worten von Herrn Simon
über die Arbeit des Sonderausschusses noch eine Bewertung
aus der Sicht meiner Fraktion hinzufüge.
[Buwitt (CDU): Sie waren doch gar nicht dabei!]
Wir hatten damals der Einsetzung des Sonderausschusses
widersprochen, weil er ganz offensichtlich nur eine Funktion
hatte, nämlich in einem späteren Gerichtsverfahren formal eine
Beratung des Flächennutzungsplans nachzuweisen.
Diese Befürchtungen wurden in der Arbeit des Gremiums auf
das übelste übertroffen. Wichtige Bereiche, wie zum Beispiel die
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