Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
74. Sitzung vom 5. Mai 1988
Landowsky
der Grundsatzposition bereits in der Stadt vorhanden ist.
Damit hat sich der Kabelrat auseinandergesetzt, und ich
meine, daß er zu Recht bejaht hat, daß RIAS-Fernsehen
grundsätzlich so möglich sein muß.
Wir dringen darauf, daß eine Annäherung an das System
unserer öffentlich-rechtlichen Sender stattfindet. Deshalb
wird es auch erstmalig einen Beirat geben, den es beim
Hörfunk dort nicht gegeben hat.
Nun ist die Frage, wenn das grundsätzlich möglich ist: Wo
soll das RIAS-Fernsehen senden? - Da gibt es mehrere
Auffassungen. Sie, die AL, waren dagegen, daß sie sowohl auf
der ARD-Schiene senden als auch auf der Schiene, auf der
SAU sendet.
Wir waren der Meinung - und zwar viele, sowohl die
Sozialdemokraten als auch wir-, daß RIAS zweckmäßigerwei
se auf der ARD-Schiene senden sollte-ob nun im Ersten oder
Dritten Programm. Ich hätte das für den SFB auch für einen
Erfolg gehalten; der SFB hätte einen Teil seiner Finanzproble
me damit lösen können, denn er hat ohnehin Probleme, seinen
ßprozentigen Bundesanteil im ersten und seinen 25prozenti-
gen Anteil im Dritten Programm zu finanzieren und zu leisten.
Kurzum: Es hätten sich Konstruktionen finden lassen, wo
RIAS - aus meiner Sicht - vielleicht auf der dritten Schiene
hätte senden und damit noch zu einer Entlastung des SFB
hätte beitragen können.
Das ist nicht gelungen, aber nicht aus Gründen, die irgend
eine Partei oder ein Rundfunkrat zu vertreten haben, sondern
das war eine Entscheidung letztlich der ARD-Sender, dem
RIAS diese Möglichkeiten der Sendung am Vormittag und am
Abend nicht einzuräumen - aus welchen Gründen auch
immer.
[Frau Enkemann (AL): Die Gründe sind doch klar! -
Unruhe bei der AL]
So ist es dann bei der Kabelratentscheidung geblieben, daß
RIAS auf dem Kanal 25 senden wird.
Ich könnte mir vorstellen, daß die technischen Möglichkei
ten irgendwann gegeben sein werden, daß auch im Fernseh
bereich wie auch im Hörfunkbereich die Frequenzen eine
Vervielfachung erfahren werden. Wir werden noch mehr
Hörfunksender, und wir werden Fernsehsender in der Stadt
haben. Ich bin beispielsweise der Meinung, daß RTL sicher
lich mit einem Kanal oder mit einem Sender nach Berlin
gehört. Vielleicht ergibt sich dann eines Tages auch die
Möglichkeit, daß die Inkongruenz eines teilweise öffentlich-
rechtlichen Rundfunks wie RIAS mit den Privaten auf einem
Kanal dadurch gelöst werden kann, daß RIAS dann einen
eigenen Fernsehsender, also eine eigene terrestrische Fre
quenz erhält.
[Frau Enkemann (AL): Es geht um den Staatsan
teil beim RIAS!]
- Ja, ich habe Ihnen ja gesagt, daß das grundsätzliche
Problem laut Kabelrat schon beim Hörfunk entschieden ist.
Das brauchte er beim Fernsehen nicht erneut zu entscheiden.
Wenn also ein grundsätzliches Ja vorhanden ist, dann stellt
sich nur die Frage, wo das geschehen soll,
[Glocke des Präsidenten]
Ich glaube übrigens nicht, daß die Presse dieser Stadt
beeinträchtigt wird.
Lassen Sich mich ein letztes Wort zum SFB sagen, weil ich
nur noch zwei Minuten Redezeit habe. Wir stehen nachdrück
lich zur Bestands- und Entwicklungsgarantie unseres Senders
Freies Berlin. Wir wollen die Landesrundfunkanstalt!
[Gelächter bei der SPD - Momper (SPD);
Sie auch noch gerade!]
Und es ist der Regierende Bürgermeister, der in schwierigen (C)
Verhandlungen mit den Ministerpräsidenten der Länder ver
sucht, einen Finanzausgleich für den SFB herauszuholen,
auch zwanzig Pfennige für den Finanzausgleich, der es
überhaupt ermöglichen würde, daß langfristig der Sender
Freies Berlin eben nicht in das Defizit kommt, daß Sie
dargetan haben, sondern daß langfristig die Existenz des SFB
gesichert wird.
Wir bekennen uns jedenfalls dazu, das sage ich Ihnen ohne
Umschweife. Nur, die Diskussion, die Sie hier um den SFB
führen, die stärkt nicht die Position des Regierenden Bürger
meisters in den Verhandlungen mit Ministerpräsidenten; denn
die Bereitschaft, den SFB bundesweit zu unterstützen - der
SFB ist eine nehmende Anstalt- ist nicht besonders groß. Ich
befürchte, wenn wir bei diesem Minus bleiben, das Herr
Wieland in Höhe von 58 Millionen DM aufgezeigt hat. Dann
werden sie irgend etwas tun müssen, um es auszugleichen.
Wir müssen entweder am Fernsehen sparen, oder sie müssen
am Hörfunk-Programm etwas tun; und sie müssen auch
sonstige - verwaltungsmäßige - Einsparungen erbringen.
Nun kann man darüber streiten, ob vier oder fünf oder sechs
Sender. Ich wünsche mit acht Sender: einen Sportkanal, einen
Nachrichtenkanal, das alles wünsche ich mir für den SFB,
alles! Nur ich kann keine Gamaschen tragen, wenn ich keine
Schuhe unter den Füßen habe, lieber Herr Wieland. Ich muß
doch diese Dinge auch bezahlen können! Deswegen habe ich
in den Jahren 1985 und 1986 gesagt, daß dieser SFB auf Dauer,
so, wie die Finanzsituation zur Zeit aussieht, nicht in der Lage
sein wird,
[Glocke des Präsidenten]
vier Hörfunkprogramme - das vierte wollte im SFB übrigens
überhaupt keiner, das ist die Kopie vom WDR - zu fahren.
Es wäre gut, wenn zwei konkurrenzmäßig qualitativ hoch-
wertige, auch kulturell hochwertige Programme des SFB
gefahren werden könnten, ein erstes und ein zweites Pro
gramm. Mein Vorschlag ist unverändert, daß RIAS und SFB
auch die Aufgabe hätten, einmal zu prüfen, ob bundesweit von
beiden gemeinsam ein Kulturkanal veranstaltet werden könn
te. Die Idee ist fünf Jahre alt. Vielleicht ist diese Situation jetzt
geeignet, diese Idee noch einmal voranzutreiben.
[Glocke des Präsidenten]
Sie werden mich nie in die Ecke kriegen, daß ich gegen den
SFB bin. Ich habe mich in meiner Tätigkeit immer bemüht,
Herr Wieland, langfristig die Existenzgrundlagen für den SFB
zu sichern.
Wenn Sie einmal die Mitglieder der CDU unter 1500
Mitarbeitern des SFB durchzählen würden, dann, glaube ich,
bekämen Sie nicht einmal zwei Hände voll zusammen. Daran
sehen Sie die Relation, wie die politische Ausrichtung im SFB
ist. Da brauchen wir keine Sorge zu haben, daß wir dort
besonders begünstigt werden. Aber auch das nehmen wir in
Kauf.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Stellv. Präsident Longolius: Das war eine extensive
Auslegung eines letztes Satzes, lieber Kollege. Ich will
nachfolgende Redner nicht ermuntern, aber doch darauf
hinweisen, daß wir tolerant sein werden.
[Rasch (F.D.P.): Aber nicht zuviel! - Allgemeine
Heiterkeit]
- Das wird hier oben entschieden! - Herr Dr. Meisner, bitte!
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