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Volume Nr. 73, 21. April 1988

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1988, 10. Wahlperiode, Band V, 68.-81. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
73. Sitzung vom 21. April 1988 
Sen Fink 
(A) den Beschlüssen der Koalition keine Leistungskonten geben, 
denn es ist so, daß die Daten, die für Wirtschaftlichkeitsprüfun 
gen erhoben werden, gelöscht werden müssen, wenn die 
Prüfung abgeschlossen ist oder nicht durchgeführt wird. Ich 
hatte vorher auch erwähnt, daß die Kassenärztliche Bundes 
vereinigung diesen Fortschritt als einen Schritt in die richtige 
Richtung ausdrücklich begrüßt hat, und das habe ich für den 
Senat auch getan. Deshalb sollten wir wirklich erst einmal die 
Gesetzestexte lesen, bevor wir dann nochmal solche Punkte 
ansprechen. 
Zweitens; Herr Abgeordneter Eggert, auch Ihre Bemerkung 
hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den Bundesleistun 
gen, also den Krankenkassenleistungen, und den Berliner 
Leistungen ist darauf zurückzuführen, daß Sie noch nicht den 
Gesetzestext kennen. Klar ist aber, daß Sie von der klaren 
Einteilung ausgehen können, daß Versicherungsleistungen, 
auf die jeder Versicherte einen Anspruch hat, nicht gegen 
Landesleistungen aufgerechnet werden können, was ganz 
selbstverständlich ist. Wo haben Sie denn jemals gesehen, 
daß eine Leistung der Berliner Krankenkassen gegen eine 
Berliner Leistung aufgerechnet worden ist? 
[Zuruf des Abg. Eggert (AL)] 
- Gut! Aber Sie brauchen das doch nicht gleich in die 
Öffentlichkeit „tuten“ - entweder war das von einem nicht 
sachkompetenten Mitarbeiter so gesagt worden, oder Sie 
haben das nicht richtig verstanden. Sie könnten mich dazu 
fragen, dann läßtsich das vorher bereden, und dann brauchen 
Sie damit nicht die Öffentlichkeit verunsichern. Was soll denn 
das überhaupt! 
[Beifall bei der CDU] 
Noch eine dritte Bemerkung, Frau Abgeordnete Schmid- 
Petry! Ich bin sehr froh, daß die Koalitionsparteien in Bonn 
sich jetzt auf diesen Kompromiß verständigt haben. Dazu 
gehört beispielsweise, ausdrücklich, die Absicherung des 
Pflegerisikos. Ich finde es sehr gut, wenn die Gründe, die für 
diese Haltung sprechen, auch von den Regierungsfraktionen 
in Berlin nachvollzogen würden, denn das alles hat einen sehr 
starken, inneren, logischen Zusammenhang, der nicht willkür 
lich auseinandergebrochen werden darf, nicht zuletzt des 
halb, weil wir von Berlin aus wissen, daß zwischen Krankheit 
und Pflegebedürftigkeit nur schwer ein Unterschied gemacht 
werden kann - nicht zuletzt deshalb, weil wir wissen, daß 
heute eben viele Menschen in den Krankenhäusern sind, weil 
sie keine richtige Absicherung des Pflegerisikos haben. 
Deshalb sollten Sie auch diesen Zusammenhang in Ihre 
Überlegungen mit einbeziehen. 
Insgesamt appelliere ich an Sie: Lesen wir erst einmal den 
Gesetzestext, dann können wir in Ruhe miteinander weiter 
diskutieren. Unterstellen wir, daß alle Beteiligten wirklich mit 
bestem Wissen und Gewissen und mit größter Akribie an diese 
Reform gehen. 
[Beifall bei der CDU] 
Stellv. Präsident Longolius: Jetzt sehe ich keine weiteren 
Wortmeldungen. Die Große Anfrage ist damit erledigt. 
Lfd. Nr. 8, Drucksache 10/2073: 
Große Anfrage der Fraktion der SPD über Sicherheit für 
Sozialmieter und Zukunft des sozialen Wohnungsbaus 
wird auf Wunsch der anfragenden Fraktion noch einmal 
vertagt. 
Daher rufe ich jetzt auf (C) 
lfd. Nr. 9, Drucksache 10/2100: 
Große Anfrage der Fraktion der AL über Mobilität für 
Gehbehinderte, Rollstuhlfahrer/innen und alte Men 
schen 
Das Wort zur Begrüßung hat der Kollege Eggert. 
Eggert (AL): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir 
haben alle von der Senatsplanung bis ins Jahr 2000 gehört, 
von diesem Entwurf für die Zukunft von einer behinderten 
freundlichen Stadt. Der Senat hat es sich vorgenommen, und 
der zentrale Anlaß, hauptsächlich etwas für die Mobilität zu 
tun, war allerdings auch, daß die Behinderten im letzten Jahr 
genau zu diesem Punkt sehr mobil in jeder Hinsicht geworden 
sind - sehr wachsam, sehr geistig mobil geworden sind. 
Darum ist das Wort „mehr Mobilität für Behinderte“ in Berlin 
ein Schlagwort geworden. Das ist ausdrücklich zu begrüßen. 
[Beifall bei der AL] 
Schon gibt es aber Stimmen, die sagen, man sollte nicht alles 
in die Mobilität pumpen, weil der Rest dann auf der Strecke 
bleibt. Diese Vorschläge oder diese Kritik von einigen der 
Verbände möchte ich mit meiner Begründung für die Anfrage 
gleichzeitig entkräften. 
Ich glaube, daß die Mobilität deswegen einen zentralen 
Punkt im Leben von Behinderten, alten Menschen und ande 
ren benachteiligten Menschen darstellt und eine Art Eigendy 
namik entwickelt: Je mehr Behinderte in der Öffentlichkeit 
auftauchen, je mehr sie unternehmen und vielleicht auch 
unter anderem Protestaktionen durchführen, je mehr sie sich 
auch in Versammlungsstätten blicken lassen, je mehr sie also ^ 
an dem gesellschaftlichen Leben teilnehmen, um so mehr 
können sie auch eine gewisse Vorreiterrolle in mehrerer 
Hinsicht darstellen, nämlich anderen Leuten Mut zu machen, 
mal das Haus zu verlassen, auch mal andere Wege zu testen, 
und die Möglichkeit zur Mobilität läßt Neugier zu, schafft 
Anreize, es woanders - unter anderen Umständen als den 
gewohnten-auszuprobieren und neue Formen zu entwickeln. 
Oder - und da ist die Verbindung zum vorangegangenen 
Thema - man guckt sich von anderen ab, wie man mit der 
eigenen Pflegebedürftigkeit umgehen kann. Denn noch bevor 
man darüber Gedanken austauscht, kann vieles von anderen 
abgeguckt werden. 
Es wird natürlich so weit kommen, daß immer mehr Leute 
Mobilität beanspruchen, auch wenn sie gehandicapt sind. 
Davor sollte man aber keine Angst haben, nämlich aus dem 
Grund, den ich eben schon genannt habe. Es wird immer mehr 
Know-how entwickelt werden und ausgetauscht; Wie kann ich 
mir - vielleicht mit kleiner Unterstützung oder mit größerer 
Unterstützung - selber helfen, wie kann ich mich selber in die 
Gesellschaft einbringen? Dies ist, glaube ich, auch sehr 
notwendig, wenn wir den Befürchtungen aus demographi 
scher Sicht Rechnung tragen wollen und glauben, daß in 
absehbarer Zeit die Anzahl der Pflegebedürftigen wachsen 
wird. Das ist unheimlich notwendig! 
Icn will das am ersten Punkt noch einmal deutlich machen; 
Zur Mobilität gehört natürlich auch, daß man seine eigene 
Wohnung ohne fremde Hilfe verlassen kann. Sie haben es 
durch den Telebus ermöglicht bekommen, daß einige Behin 
derte, die im dritten, vierten Stockwerk - in welchem auch 
immer-wohnen, erstmalig überhaupt die Wohnung verlassen 
konnten. Es ist aber klar, daß gerade dieser Anteil der 
Behinderten momentan den Telebus nur sehr wenig benutzt. 
Es gibt also doch eine große Schranke. 
Ich möchte noch ein anderes Beispiel erwähnen, um nicht 
den Eindruck zu erwecken, als ob ich hier nur für Rollstuhlfah- 
4311
	        
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