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Volume Nr. 73, 21. April 1988

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1988, 10. Wahlperiode, Band V, 68.-81. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
73. Sitzung vom 21. April 1988 
Dr. Kremendahl 
meiner Feststellung zustimmen, daß Ihre Senatskollegen, 
nämlich der Senator für Wissenschaft und Forschung und der 
Senator für Gesundheit und Soziales sowohl dem Parlament 
als auch dem Wissenschaftsrat gegenüber von Anfang an mit 
unrealistischen Zahlen operiert haben, 
[Dr. Franz (CDU): Reiner Blödsinn!] 
daß die Kritik der SPD-Fraktion, zu der immer unsere Annah 
me gehörte, daß die Kosten für das Verlagerungsprojekt 
insgesamt den Betrag von einer Milliarde DM bei weitem 
übersteigen werden, realistisch ist, und daß durch ein ehrgei 
ziges Renommierprojekt auf den Landeshaushalt ein finan 
zielles Abenteuer zukommt und die künftige Bereitschaft des 
Bundes, in die Mitfinanzierung von Berliner Projekten einzu 
treten, mangels Seriosität auf das schwerste gefährdet wird? 
[Beifall bei der SPD und der AL - Buwitt (CDU): 
Unseriös war nur Ihr Schreiben!] 
Stellv. Präsident Longolius: Herr Senator! 
Dr. Rexrodt, Senator für Finanzen: Herr Abgeordneter 
Kremendahl, ich kann Ihre Einschätzung in keiner Weise 
teilen! Ich sagte Ihnen ja, wir haben lediglich „bislang 
erkennbar" eine Kostensteigerung im Bereich der Bauneben 
kosten von 30 Millionen DM, die so nicht in der damaligen 
Diskussion war. Ansonsten bewegt sich das im Rahmen der 
Vorstellungen, die entwickelt worden sind. Und hier zu sagen, 
es liegen „unseriöse“ Planungen vor, das ist nicht richtig. Ich 
sage noch mal, daß ein solches Projekt Gefahren enthält, ist 
doch gar keine Frage. 
Und lassen Sie mich nun mal so etwas am Rande der Frage 
oder dessen, was Sie, Herr Abgeordneter Kremendahl, erfragt 
haben, folgendes sagen: Wenn man über dieses Projekt 
streiten will, befürchte ich, daß dieser Streit sich fortsetzen 
wird und fortsetzen kann, denn nun geht die „Schose los“ - 
sage ich mal locker. Da muß dann also differenziert werden 
zwischen Klinikumskosten, Landesmaßnahmen und Infra 
strukturmaßnahmen. Und nun wird der Streit dahingehend 
hochgepusht werden können, was nun den Landesmaßnah 
men zuzurechnen ist, was dem Klinikum und was eine 
Infrastrukturmaßnahme ist, die schon immer hätte gemacht 
werden müssen. Darüber kann man trefflich oder auch untreff 
lich streiten. Wir-der Kollege Turner, der Kollege Fink und ich 
- haben seitens der Verwaltung die Aufgabe - und die werden 
wir auch ernst nehmen -, in die Dinge, die da anstehen, 
Transparenz hineinzubringen, damit auf der Basis einer 
transparenten Kostenzuordnungsrechnung eine Diskussion 
geführt werden kann, die dem Begriff „Diskussion“ auch 
wirklich entspricht und bei der nicht mit Voreingenommenheit 
oder pauschaler Projektschelte die Dinge in Frage gestellt 
werden. 
Man muß da ein bißchen fair miteinander umgehen, und ich 
finde, erst sollte man prüfen, was wiederum voraussetzt, daß 
wir Zahlen vorlegen, und dann kann urteilen. 
[Beifall bei der CDU] 
Stellv. Präsident Longolius: Herr Wagner hat jetzt das Wort. 
Wagner, Jürgen (SPD): Herr Senator Rexrodt, wie bewerten 
Sie die Zunahme der Kosten für das Projekt, die möglicherwei 
se mit 300 bis 400 Millionen DM aus Gründen der Zeitverzöge 
rung auf uns zukommen werden, falls ein Alternativentwurf für 
den Erhalt der Pavillonbauten gemacht werden muß, und 
welchem Buchstaben des Alphabets würden Sie diese Kosten 
zurechnen? 
Stellv. Präsident Longolius: Herr Senator! (C) 
Dr. Rexrodt, Senator für Finanzen: Herr Abgeordneter 
Wagner, ich habe gestern im zuständigen Ausschuß eine 
Gefahr beschrieben, die darin besteht, daß der Wissenschafts 
rat- und im Interesse Berlins möge dieses nicht eintreten - 
die dem Projekt bisher gegebene Priorität Nr. 1 aufgrund von 
Unsicherheit in Berlin so nicht mehr anerkennt und dann eine 
Priorität von nur noch Nr. 2 oder 3 oder „ferner liefen“ besteht. 
Und wenn wir die haben und wenn wir die Mittel, die für uns 
bereitstehen, nicht abrufen können, wenn Verzögerungen 
eintreten, dann besteht die Gefahr, daß wir erheblich draufle 
gen müssen. Wenn man aber mal mit den Experten spricht- 
auch das möchte ich sagen -, auch hier quer durch alle Reihen 
und Parteien, dann wissen sehr viele von Ihnen, daß die 
Realisierung des Alternativprojekts sehr schnell zu Mehrauf 
wendungen führt, die eine erhebliche Dimension haben. Aber 
dies alles kann ja eine parlamentarische Beschlußfassung 
nicht in Frage stellen, aber mir als Finanzsenator sei doch 
erlaubt, daß ich eine Gefahr beschreibe, die aufgrund west 
deutscher Entscheidungsgremien entstehen und im worst 
case durchaus dazu führen kann, daß wir Mehrkosten tragen 
müssen in der Größenordnung von dreistelligen Millionen 
summen. 
Stellv. Präsident Longolius: Herr Edel! 
Edel (SPD): Herr Senator, teilen Sie meine Auffassung, daß 
es ganz logisch ist, daß Denkmalschutz in dieser Stadt wie 
auch in jeder anderen Stadt Geld kostet, vor allen Dingen dann 
Geld kostet, das Land Berlin Geld kostet, wenn das Denkmal - 
gerade erst als solches eingetragen - eben dem Land Berlin 
gehört, und daß es eine grobe Unterlassungssünde sowohl 
des Senats wie auch der ihn tragenden Parteien war, daß Sie 
sich erst durch den großen Druck in der Fachöffentlichkeit (D) 
gestern dazu entschlossen haben, Alternativentwürfe, die den 
Denkmalschutz im Auge haben, nun auch wirklich prüfen zu 
lassen? 
[Beifall bei der SPD] 
Stellv. Präsident Longolius: Herr Senator! 
Dr. Rexrodt, Senator für Finanzen: Ich teile die Auffassung, 
daß Denkmalschutz Geld kostet. Aber man muß wie immer bei 
Entscheidungen abwägen, was uns der Denkmalschutz im 
Verhältnis zu dem kostet, was wir dabei gewinnen oder 
verlieren. Es muß also ein Abwägungsprozeß stattfinden, und 
deshalb hat der Ausschuß ja nun gestern beschlossen, daß 
geprüft wird. Ich verstehe nun „Prüfung“ dahin gehend, daß 
man auch wirklich prüft, daß also von unserer Seite aus nicht 
etwa von vornherein feststeht, daß wir es „totprüfen“, daß 
aber auch auf der anderen Seite eine „Prüfung“ nicht das 
gleiche ist wie eine vorweggenommene Entscheidung, daß 
die Alternative gemacht werden muß. Das alles muß geprüft 
werden, da müssen Kosten ermittelt werden, da müssen auch 
andere Aspekte als nur die Kosten gegeneinander abgewo 
gen werden, und da muß schnell eine Entscheidung gefunden 
werden, denn wenn sie nicht schnell gefunden wird, dann tritt 
möglicherweise leider das ein, was ich hier eben beschrieben 
habe. 
Stellv. Präsident Longolius: Herr Dr. Heß! 
Dr. Heß (SPD); Herr Senator, sind Sie imstande, dem 
Abgeordnetenhaus nachzuweisen, daß bei der seinerzeitigen 
Debatte um die Behandlung im Wissenschaftsrat, die hier im 
Abgeordnetenhaus geführt wurde, der Senat bereits eine 
Differenzierung der Kosten vorgenommen und eine unzulässi- 
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