Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
71. Sitzung vom 10. März 1988
(A)
(B)
Oxfort
Rat geben, auch gerade wegen der Gefahr der Interessenkolli
sion es zu vermeiden, daß Abgeordnete, die im Innenausschuß
sitzen, zugleich Mitglieder der PKK sind.
[Rasch (F.D.P.); Sehr richtig!]
Es wäre auch für den einzelnen leichter, das zu verwenden, was
er möglicherweise in der politischen Debatte, im Gespräch mit
einzelnen erfährt. Das Mitglied des Innenausschusses kann
solche Informationen ungefährdet aufnehmen und weitergeben.
Wenn es gleichzeitig Mitglied der PKK ist, wird es sich unter
Umständen fragen lassen müssen, ob es die Information, die es
vorträgt, nicht gerade aus diesem geheimzuhaltenden Bereich
hat. Meine Fraktion hat deshalb jedenfalls sehr gut daran getan,
diese beiden Verantwortungsbereiche voneinander zu trennen.
Ich möchte das hier, was ja an sich gar nichts mit den einzelnen
Parteien zu tun hat, einmal als Rat weitergeben.
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
Über den Gesetzesantrag der AL ist nichts zu bemerken. Dazu
ist alles, was darüber gesagt werden muß, nicht nur heute,
sondern schon in der Vergangenheit gesprochen worden. Der
Antrag wird selbstverständlich keine Mehrheit finden!
Ich möchte aber noch eine Schlußbemerkung machen zur
Debatte über den Verfassungsschutz. Es ist doch kein Geheim
nis, daß der Verfassungsschutz, so, wie er hier in Berlin durch
das entsprechende Gesetz, aber auch in der Praxis durch die zu
berufenden Personen, durch die jahrelange Arbeit, durch den
Aufbau der Behörde entstanden ist, doch ein Kind der Sozial
demokratischen Partei ist. Das ist doch wohl nicht zu leugnen,
und das muß man sehen. Jahrelang haben ausschließlich sozial
demokratische Innensenatoren in der politischen Verantwortung
gestanden. Jahrelang haben an der Spitze der Behörde wichtige
Sozialdemokraten gestanden, und die haben gute Arbeit
gemacht.
[Wieland (AL): Macht das denn die Sache besser?]
Wenn Sie das, was Sie heute hier so vorgetragen haben - sei es
in Ihrem Gesetzesantrag, sei es in Ihren Begründungen -, Män
nern vorlegen würden wie dem Kollegen Neubauer oder dem
Kollegen Dahrendorf, ja, ich würde beinahe sagen, daß die sich
im Grabe umdrehen würden. Das werden sie natürlich nicht,
aber sie würden sich vermutlich sehr wundern über das, was aus
ihrer Partei geworden ist.
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsident Longollus: Gestatten Sie eine Zwischen
frage?
Oxfort (F.D.P.): Gerne!
Stellv. Präsident Longolius; Bitte, Herr Pätzold!
Pätzold (SPD): Herr Kollege Oxfort, bei durchaus teilweiser
Akzeptanz des von Ihnen vorgetragenen Gedankens, würden Sie
mir doch aber sicher zustimmen, daß es immerhin die jetzige
Regierungskoalition war, die erzwungen hat, daß es sechs
einhalb Jahre keinerlei parlamentarische Kontrolle des Ver
fassungsschutzes gegeben hat?
[Landowsky (CDU): Jetzt gibt es sie erstmalig!]
Oxfort (F.D.P.): Herr Kollege Pätzold, da muß ich Ihnen wider
sprechen. Von einer Situation, in der die Enthaltsamkeit der par
lamentarischen Kontrolle erzwungen worden wäre, kann keine
Rede sein. Sie könnten vielleicht zu den Regierungsfraktionen
sagen, daß sie, nachdem der frühere Ausschuß für Sicherheit
und Ordnung seine Funktionen verloren hatte, nicht darauf
gedrängt haben, nun die neue parlamentarische Kontrolle ein
zuführen. Da würde ich Ihnen recht geben. Aber auch die Oppo
sition hat darauf ja nicht gedrängt. Insofern ist vielleicht die
Regierung gar nicht so sehr weit von der Haltung der Opposition
entfernt gewesen.
Stellv. Präsident Longolius: Gestatten Sie eine weitere (C)
Zwischenfrage des Abgeordneten Pätzold?
Oxfort (F.D.P.): Ich hoffe, da wird mir nicht so viel abgezogen,
Herr Präsident. Es würde mir leid tun, die Frage des Kollegen
Pätzold ablehnen zu müssen.
Stellv. Präsident Longolius: Wollen Sie das Präsidium
unter Druck setzen, Herr Kollege?
[Allgemeine Heiterkeit]
Oxfort (F.D.P.): Nein, ich werde mich hüten!
Stellv. Präsident Longolius: Also, ich interpretiere das so,
daß Sie diese Zwischenfrage noch zulassen. - Bitte, Herr Pät
zold!
Pätzold (SPD): Herr Kollege Oxfort, ist Ihnen noch gegen
wärtig, daß - als wir den Versuch unternahmen, selbst in gehei
mer Sitzung des Innenausschusses die allgemeine Entwicklung
beim Verfassungsschutz abzufragen - dieser jetzt amtierende
Innensenator die Stirn hatte zu behaupten, obwohl es anders im
Gesetz steht, er brauche überhaupt keine Auskunft zu geben,
daß wir ihm eine Nachdenkpause geben mußten, damit er wenig
stens in der zweiten Runde bereit war, wenigstens einige Allge
meinplätze gegenüber dem Ausschuß zu äußern?
Oxfort (F.D.P.): Also, Herr Kollege Pätzold, es tut mir leid, ich
erinnere mich an diesen Vorgang nicht; vielleicht war ich in der
Sitzung nicht zugegen. Ich weiß es wirklich nicht, ich will Ihnen
gar nicht widersprechen; ich weiß es nicht, ich kann darauf keine
Antwort geben. (D)
Nur eines, bitte, möchte ich doch noch einmal deutlich sagen:
Es ist doch abenteuerlich, gegenüber dem Senat die Behaup
tung aufstellen zu wollen, dieser Bericht der PKK, um den es die
ganze Zeit geht, sei vorgelegt worden, um die Sozialdemokra
tische Partei in Mißkredit zu bringen. Wissen Sie, Herr Kollege
Pätzold, wenn Sie das alles so durchgesehen haben - und Sie
geben ja heute auch zu, daß der Bericht von der politischen
Spitze gar nicht bearbeitet worden ist -, dann hätten Sie sich
doch eigentlich für diesen Bericht bedanken müssen, weil eben
nicht mehr an negativen Informationen dabei herausgekommen
ist. Ich habe Ihnen schon bei der letzten Diskussion hier gesagt,
daß ich den Bericht nicht vorgelegt hätte, eben weil er so dürftig
ist und weil er keinerlei Erkenntnisse über die SPD als Partei ver
mittelt. Überhaupt keine! Aber hier den Innensenator und den
Staatssekretär dann zu beschimpfen oder verantwortlich zu
machen dafür, daß dieser Bericht so eine negative Wirkung für
die SPD gehabt habe, das ist wirklich absurd.
Nein, ich sage noch einmal: Das Landesamt für Verfassungs
schutz dient der Verteidigung unserer Demokratie. Er existiert im
Sinne einer wehrhaften Demokratie und hat keinerlei polizeiliche
Funktion. Wir sollten alle ein Interesse daran haben, daß dieser
Verfassungsschutz in dem Spannungsverhältnis zwischen Bür
gerfreiheit und Verteidigung der Demokratie funktioniert. Wir
sollten ein gemeinsames Interesse haben, daß er nicht miß
braucht wird. Aber wir sollten auch alles dafür tun, daß er schnell
aus dem Gerede kommt, das hier nun im Parlament schon seit
Wochen betrieben wird. Keinem, der wirklich politische Verant
wortung trägt, kann daran gelegen sein, daß in dieser Weise
über das Landesamt für Verfassungsschutz hergezogen wird.
Das Wort vom „Misthaufen“ oder - wie war das schöne
Wort? - „Saustall“ möge wirklich schnell zurückgenommen wer
den, verehrter Herr Kollege von der AL. Selbst Franz Josef
Strauß hat mit seinem Wort jedenfalls ganz gewiß den Freistaat
Bayern nicht gemeint.
[Beifall bei der F.D.P, und der CDU]
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