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Volume Nr. 66, 11. Dezember 1987

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1987, 10. Wahlperiode, Band IV, 50.-67. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
66. Sitzung vom 11. Dezember 1987 
Tiedt 
schaffen; da bedarf es auch der Einsicht derer, die in den 
anderen Ressorts sitzen. Ich hoffe und wünsche, daß diese Ein 
sicht in der Zukunft auch vermehrt wächst. 
Insgesamt und Herren, ist es ganz im Gegensatz zu dem, was 
die Opposition versucht, an Horrorbildern darzustellen, ganz und 
gar nicht so, daß der Bereich Jugend und Familie in dieser Stadt 
unterbelichtet wird von der Senatsseite. Ganz im Gegenteil: Wir 
haben nicht nur überproportionale Zuwächse, wir haben auch, 
Herr Kollege Löhe, eine durchsetzungsfähige und kämpferische 
Senatorin! - Vielen Dank! 
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU] 
Stellv. Präsident Longolius: Das Wort hat jetzt Frau Sena 
torin Schmalz-Jacobsen. 
Frau Schmalz-Jacobsen, Senatorin für Jugend und Familie: 
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kol 
lege Löhe, Sie haben mich zu einer Vorbemerkung herausgefor 
dert, nachdem Sie uns vorgemacht haben, wie man in fünf Minu 
ten einen kämpferischen Schwerpunkt Jugend und Familie set 
zen kann. Ich wollte ja den Mantel der Kollegialität und der 
Barmherzigkeit darüber breiten, aber jetzt muß ich es doch 
ansprechen; Meine Damen und Herren! Wenn ich die Bilanz 
ziehe der Streichungsanträge und der Erhöhungsanträge für den 
Haushalt Jugend und Familie, die die SPD während der I. und II. 
Lesung gestellt hat, dann kommt darunter ein Minus von rund 
einer Million DM heraus! 
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU - 
Zurufe: Aha! Hört, hört!] 
Sie wollten sparen - natürlich - an der ungeliebten Stiftung 
„Hilfe für die Familie“; Sie wollten sparen an dem „neuen Start 
durch soziales Engagement“. Und so kreativ sind Sie, daß Sie 
sogar 10 000 DM einsparen wollten bei dem Zuschuß an das 
Institut, aus dem Frau Süßmuth hervorgegangen ist. So penibel 
und so präzise spart die SPD! 
Ich wollte beginnen mit einem Zitat aus der Rede des Herrn 
Momper vom gestrigen Tage. Herr Abgeordneter Momper, Sie 
sagten: „Es muß hart gearbeitet werden an dieser Stadt.“ Wer 
würde Ihnen da nicht recht geben? - Ich gehe davon aus, daß 
alle in diesem Hause dies auch tun. 
[Löhe (SPD): Der eine mehr, der andere weniger! - 
Wieland (AL): Mancher gar nicht!] 
Daß das geschieht, meine ich, zeigt gerade der Haushalt Jugend 
und Familie. Er ist wiederum überproportional gewachsen, wir 
bauen zum Teil aus, wir machen zum Teil Neues und wir bauen 
zum Teil um. Strukturen müssen verändert werden. 
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU] 
Diese drei Dinge zeigt der Haushalt der Hauptverwaltung, und 
das zeigt auch der Spiegelhaushalt in den Bezirksverwaltungen. 
Ich nenne den Kita-Ausbau, das Familiengeld, die Jugendkultur - 
der Abgeordnete Tiedt hat dazu Ausführungen gemacht -, ich 
nenne auch die Frauenhäuser. Es ist nicht richtig, daß jedes Jahr 
vor den Haushaltsberatungen die Frauenhäuser betteln müssen. 
Es ist so, daß immer vor Haushaltsberatungen gewisse Wün 
sche an das Abgeordnetenhaus herangetragen werden. Ich 
möchte doch aber deutlich machen, daß der Haushalt der 
Frauenhäuser gewachsen ist seit 1980, als er mit rd. 1 Million 
DM veranschlagt war, auf heute fast 2,5 Millionen DM im Haus 
halt 1988. Da können Sie doch nicht im Ernst behaupten, daß 
diese Koalition die Notwendigkeiten nicht erkannt hätte! 
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU] 
Wir beginnen Neues mit diesem Haushalt: Ich nenne den Dro 
genbereich, die Lücke-Kinder - ich verweise übrigens auch auf 
das freiwillige ökologische Jahr, das wir begonnen haben, ich 
nenne die Frauenforschung und ich nenne zahlreiche Frauenpro 
jekte. Meine Damen und Herren von der Opposition, manchmal 
habe ich das Gefühl, wenn Sie so miesepetrig sind, daß S i e 
mehr versprechen, als Sie zu halten imstande sind oder waren, 
und daß w i r mitunter mehr halten, als wir zunächst einmal ver- (C) 
sprechen. 
[Beifall bei der F.D.P, und der CDU] 
Wir werden das machen, wir sprechen uns im nächsten Jahr 
wieder. 
Einige Bemerkungen zur Frauenförderung: Das Parlament hat 
für den Bereich des öffentlichen Dienstes im Sommer dieses 
Jahres einen fast sensationellen Beschluß gefaßt, der in der 
Öffentlichkeit allerdings nicht die Beachtung gefunden hat, die 
er meiner Meinung nach verdient hätte. Im Frühjahr des nächsten 
Jahres werden bindende Richtlinien vorliegen, die das Ziel 
haben, den Anteil von Frauen insbesondere auch in höheren 
Positionen systematisch zu erhöhen. Ich kann Ihnen aber heute 
für den Bereich meiner Verwaltung sagen, daß schon in wenigen 
Wochen ein Frauenförderplan mit gleichem Inhalt für mein Haus 
in Kraft gesetzt wird, 
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU] 
der so lange Geltung haben wird, bis die bindenden Richtlinien 
für den gesamten öffentlichen Dienst in Kraft treten werden. 
Trotz aller Miesmacherei, im Vergleich mit anderen Großstädten 
der Bundesrepublik liegen wir hier weit vorne. 
[Löhe (SPD): Die alte Leier!] 
- Es ist nicht die alte Leier, es ist die neue Wahrheit, und die 
hören Sie nicht gerne! 
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU] 
In Berlin werden Veränderungen der Gesellschaft eher spür 
bar, und wir reagieren auch rascher darauf. Das haben Sie, wenn 
Sie ihn gelesen haben, dem Familienbericht entnommen. Es gibt 
einen Forschungsmangel im Bereich Frauen, Jugend und Fami 
lie, vor allem im Bereich Frauen und Familie. Wir gehen das an; 
hier ist bereits der Forschungsauftrag „Neue Haushaltsfypen“ 
genannt worden. 
In der Diskussion um Sozialpolitik ist es ja immer das gleiche: (D) 
Es scheint so, als könne man nie genug tun, als werde nie genug 
getan. Aber Forderungen allein können nun einmal niemals die 
Grundlage für eine seriöse Haushaltspolitik sein. 
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU] 
Ich stelle eine Merkwürdigkeit fest: Wer Neues anfängt, setzt 
sich offenbar besonderer Kritik aus. Zum Beispiel die Lücke-Kin 
der. Sind die Lücke-Kinder, so häßlich dieser Begriff sein mag, 
eigentlich eine Erfindung der 80er Jahre, meine Damen und Her 
ren? 
[Löhe (SPD): Nein, die sind bei Ihnen entstanden, 
Frau Senatorin!] 
- Ach, das glauben Sie doch selbst nicht! - Ich nenne die Inte 
gration behinderter Kinder; kein neues Problem, aber eine 
Sache, in der die Koalition und in der ich viel Kritik ernten. Ich 
nenne die Familienpflege in den Sozialstationen und ich nenne 
auch den Begriff „Gewalt in der Familie“. 
Ich möchte hier kurz auf NEUhland eingehen. Meine Damen 
und Herren, verkleistern wir doch nicht die Tatsachen. NEUhland 
war ein Modellprojekt, und es war von Anfang an klar, daß dieses 
Modellprojekt dazu da sein würde, um andere Dienste zu qualifi 
zieren, Also, entweder hat sich dieses Modell nicht bewährt und 
hat nicht das getan, was es tun sollte, oder ich weiß nicht, was 
los ist. Wir haben eingesehen, daß dieser Dienst weiterhin not 
wendig ist, aber er wird doch wohl auch qualifiziert haben, meine 
Damen und Herren, 
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU] 
und darum kann auch hier allein die Forderung nicht Grundlage 
unserer Haushaltspolitik sein. 
Um alles das, was wir wollen, auch tatsächlich umsetzen zu 
können, müssen wir, ich sagte es am Anfang schon, Strukturen 
verändern. Nur ist es eigenartig, meine Damen und Herren, ich 
habe manchmal den Eindruck, daß die Opposition hier merkwür 
dig konservativ ist, daß da eine Veränderung der Standorte statt 
gefunden hat, daß da die Überschrift gelten könnte „Keine Expe- 
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